Ferrari F80: Das stärkste Straßenauto aus Maranello – und das ...

6 Stunden vor

Noch ist es still im brandneuen Ferrari "E-Building". Die hochmoderne Werkshalle in Maranello steht unmittelbar in der Nähe der alten Zufahrt aus dem Jahre 1947, hinter der Gründer Enzo einst sein Büro hatte. Schon bald, so erzählt es eine Ferrari-Sprecherin dem stern bei einer Führung, soll dort die Produktion starten. Doch anders, als es der Name "E-Building" vermuten lässt, werden dort nicht nur elektrische Autos gebaut. Das "E" steht vielmehr für die Buzzwords "energy, evolution and environment", also "Energie, Evolution und Umwelt". Fakt ist: An den zig Stationen entstehen alle Autos des Konzerns – auch der neue Supersportwagen F80, den Ferrari ab Ende 2025 ausliefern will.

Ferrari F80 - Figure 1
Foto STERN.de

Der F80 ist für das Unternehmen ein ganz besonderes Auto. Denn in der Kategorie Supersportwagen lässt man sich in Maranello gerne Zeit, bis man ein neues Modell vorstellt. Nur fünf Vorgänger hat der F80: GTO, F40, F50, Enzo und LaFerrari. Nun folgt der neueste Spross dieser exklusiven Modellfamilie, die seit 1984 besteht.

Ein Supersportwagen ist für Ferrari immer eine Art interne Messlatte. Dort verbaut das Unternehmen die allerneuesten Komponenten und schaut sich dann für kommende Fahrzeuge immer wieder etwas vom großen Vorbild ab. Wenn man so will, sind die Supersportler eine Art Pionierleistung.

1200 PS und ein fragwürdiger Motor

Das ist beim F80 nicht anders. Das Fahrzeug ist laut Ferrari das PS-stärkste Straßenauto, das jemals gebaut wurde. Die Systemleistung des aufgeladenen V6-Motors im Zusammenspiel mit den Elektromotoren liegt bei 1200 PS. Das sorgt für echte Topwerte: In 2,15 Sekunden geht es auf 100 km/h, das Ende ist erst bei 350 erreicht – elektronisch abgeriegelt. Ein Turboloch soll es auch nicht mehr geben, da Ferrari bei den Ladern ebenfalls auf die Hilfe eines elektrischen Motors setzt, der axial zwischen der Turbine und dem Verdichtergehäuse eingebaut ist und Ladedruck ohne Verzögerung aufbauen kann. Die Energie für die E-Motoren speist sich aus einer Batterie mit 2,28 Kilowattstunden, einen rein elektrischen Fahrmodus wie beim SF90 Stradale gibt es nicht.

Doch mit zügelloser Kraft gibt sich Ferrari beim F80 nicht zufrieden: Das Auto soll sich, ganz anders als seine teils mörderischen Vorgänger wie der F40, stets sicher bewegen lassen und jedem Fahrer das Gefühl vermitteln, der schnellste auf der Rennstrecke zu sein. Dafür sorgen auch vollständig überarbeitete Assistenzsysteme und der riesige aktive Heckspoiler.

Ferrari F80 - Figure 2
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Puristen werden sich vielleicht trotzdem etwas ärgern. Und das liegt nicht an der elektrischen Antriebshilfe – die hatte auch schon der LaFerrari. Vielmehr könnten sich manche am Downsizing stören, was selbst vor Supersportwagen nicht Halt zu machen scheint. So sind GTO und F40 mit einem V8 ausgestattet, der F50 bietet dann schon einen V12. Der Enzo ebenso, LaFerrari auch. Der V12 gilt als Gipfel der Motorenkunst aus Maranello und wird in den teuersten Autos mit gewisser Sicherheit schlicht erwartet. Mit dem F80 geht man trotzdem einen anderen Weg.

Ferrari sagt, man habe sich an aktuellen Formel-1-Motoren orientiert und daher zum V6 mit drei Litern Hubraum gegriffen. Dass die kleineren – und meist leiseren – Motoren unter Fans der Königsklasse nicht unumstritten sind, spielte offenbar keine Rolle. Die Wahl des Motors wirkt auch deshalb seltsam, da Ferrari mit dem 12Cilindri erst kürzlich unterstrichen hat, wie wichtig der Marke der Zwölfzylinder ist. Was die reine Leistung betrifft, wird man die fehlenden Zylinder vermutlich aber nicht bemerken.

Abgesehen davon betonte das Unternehmen bei der Vorstellung mehrfach, dass sich der F80 auch für den Alltag eignen soll. Ob das gelingt, wird sich zeigen. An der Beherrschbarkeit des Autos wird es nicht scheitern, dafür sorgen die zahllosen Spitzenkomponenten aus dem Rennsport und eine überaus clevere Elektronik.

Gepäck bekommt man im F80 aber keins unter. Das Fassungsvermögen des Gepäckraums gibt Ferrari mit mickrigen 35 Litern an – spendiert aber immerhin ein passendes Köfferchen. Auch für den Beifahrer wird es eng. Das hat mit einer internen Diskussion zu tun.

Kein Einsitzer, aber auch kein Zweisitzer – "1+" eben

Lange wurde in Maranello debattiert, ob der F80 nicht vielleicht ein Einsitzer werden sollte. Denn nach Ansicht einiger Ingenieure sei es nur dann möglich, einen waschechten Rennwagen, wie beispielsweise den 499 Modificata (hier erfahren Sie mehr), zu bauen – übrigens auch ein V6. 

Ferrari F80 - Figure 3
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Die große Frage beim Einsitzer lautet aber: Wie soll man denn dann seine Freude mit seinen Liebsten teilen? Die Lösung nennt sich daher beim F80: "1+". Denn der Wagen ist nun doch ein Zweisitzer, aber irgendwie auch nicht. Das gesamte Cockpit ist um den Fahrer gebaut, die beiden Sitzplätze liegen noch dichter beieinander – und sind versetzt. Während man als Fahrer für einen Ferrari durchaus eine Menge Platz hat, sieht das daneben schon anders aus. Beim Probesitzen wurde es mit 1,83 Metern schon etwas enger. Ein gemütlicher Cruiser ist der F80 tendenziell nicht.

Das liegt auch an der Innenausstattung: Eigentlich gibt es nur Carbon zu sehen, zwei Schalensitze, ein wirklich schönes Lenkrad und ein kleines Display. Die Mittelkonsole bietet ein paar Knöpfe, das war es dann aber schon. Der F80 ist ein durchaus puristisches Fahrzeug.

Das setzt sich beim äußeren Design fort. Die futuristische Verpackung sieht nicht nur klasse aus, sondern dient auch mit nahezu jedem Bauteil einem Zweck. Allem voran bessere Aerodynamik und weniger Gewicht. Vieles davon sieht man leider nicht. So kommen zum Beispiel die oberen Querlenker aus einem Metalldrucker, der ein völlig neues und gewichtssparendes Design ermöglicht. Auch hat Ferrari herkömmliche Schrauben im Lager gelassen und für den F80 zu leichteren Titanbauteilen gegriffen. All das sorgt dafür, dass der F80 ein Leergewicht von nur 1525 Kilo aufweist. Das Leistungsgewicht liegt damit bei 1,27 Kilo pro PS. V6 hin oder her – das verspricht wahnsinnige Fahrleistungen.

Zumindest für die wenigen Auserwählten. Immerhin hat Ferrari diesmal 799 Fahrzeuge geplant – und damit mehr als beim Vorgänger LaFerrari. Trotzdem habe das nicht gereicht, verriet das Unternehmen bei der Vorstellung. Alle Fahrzeuge sind bereits vergriffen und es hätte noch genug Sammler und Stammkunden gegeben, denen man gerne ein Auto zugeteilt hätte, hieß es. Bei einigen sorgte das wohl für lange Gesichter.

Vielleicht hilft es, sich über das gesparte Geld zu freuen. Denn der F80 ist der teuerste Supersportwagen der Reihe: Satte 2,9 Millionen Euro vor Steuern stehen auf dem Preisschild. In Italien wären das mal eben 3,6 Millionen Euro. Extrem viel Geld für ein extremes Auto – das man, obwohl Ferrari es verspricht, wohl doch nicht so gut im Alltag benutzen kann. Worum es natürlich den wenigsten gehen wird.

Transparenzhinweis: Die Reise nach Maranello sowie die Berichterstattung vor Ort erfolgte auf Einladung von Ferrari.

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