Fed-Zinsentscheid: US-Notenbank Fed hebt Leitzins um weitere 0,25 Prozent an

1 Feb 2023

Washington Erst der Schock, dann die Erleichterung: Bei jenen, die auf einen sanfteren Kurs der Fed gehofft hatten, hat der Fed-Gouverneur Jerome Powell ein Wechselbad der Gefühle ausgelöst: Die US-Zentralbank erhöhte die Zinsen am Mittwoch um einen Viertel-Prozentpunkt – auf die neue Spanne von 4,50 bis 4,75 Prozent und machte klar, dass die Zeit der Zinserhöhungen noch nicht vorbei ist: „Wir werden auf Kurs bleiben, bis die Arbeit getan ist“, stellte Powell in seiner Pressekonferenz klar. Der Job der Fed sei, die Inflation auf zwei Prozent zu bringen.

Der Aktienmarkt reagierte zunächst erschrocken: Der Dow Jones- Index verlor zwischenzeitlich mehr als 300 Punkte. Es war vor allem ein Wort, dass die Investoren am Mittwoch verunsicherte und das war das Wort „ongoing“ – weitergehend. Die Fed hatte in ihrer Mitteilung geschrieben, dass „weitergehende Zinserhöhungen angemessen“ sein werden. Auch damit machte Powell klar, dass die Zeit der Zinserhöhungen noch nicht vorbei ist.

Wir werden den Kurs beibehalten, bis die Aufgabe erledigt ist. Fed-Chef Jerome Powell im Dezember 2022

Viele Marktteilnehmer hatten gehofft, dass Powell schon diese Woche einen sanfteren Ton anschlagen oder gar eine Pause bei den Zinserhöhungen in Aussicht stellen könnte. Schließlich hatten mehrere Führungsmitglieder der Zentralbank in den letzten Tagen und Wochen signalisiert, dass nach der aggressiven Gangart im vorigen Jahr nun ein moderateres Vorgehen angemessen sei. Zudem war erst am Dienstag mit dem „Employment Cost Index“ eine wichtige Kennzahl zu den Kosten der Gehälter niedriger ausgefallen als erwartet.

Erst im Laufe der Pressekonferenz beruhigten sich die Gemüter der Anleger wieder etwas und alle Indizes kamen wieder im positiven Bereich an. Das lag auch daran, dass sich Powell auf Nachfragen doch etwas flexibler zeigte als in seiner ersten Erklärung. Der Dow Jones schloss leicht im Plus, der breiter gefasste S&P-Index mit einem Prozent im Plus. Der Technologie-Index Nasdaq Composite legte um zwei Prozent zu.

Der Fed-Chef stellte zwar klar, dass die Zentralbank weiterhin eine Inflation von zwei Prozent als ihr Ziel sieht. Powell sagte auch, dass es noch nicht die Zeit sei, sich angesichts der zuletzt gesunkenen Inflation zurückzulehnen. „Wir sprechen hier über einige mehr Zinserhöhungen“, sagte er.

Powell verweist auf den neuen Konjunktur-Ausblick im März 

Aber Powell betonte auch mehrfach, dass es im März einen neuen Ausblick auf die Wirtschaft geben wird und dass er und seine Kollegen sich dann die neuen Konjunkturdaten genau anschauen werden. 

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Im Dezember hatten die Fed-Mitglieder ein mittelfristiges Zinsziel von 5 Prozent bis 5,25 Prozent genannt. Dieses Ziel sei diese Woche nicht aktualisiert worden, betonte Powell. Aber im März könne dieses Ziel je nach aktuellen Wirtschafts-Daten nach oben oder nach unten korrigiert werden, machte der Gouverneur klar. Er wies auch darauuf hin, dass es noch zwei Arbeitsmarktberichte gibt vor dem nächsten Fed-Treffen.

Powell stellte auch klar, dass er in diesem Quartal nicht mit einer Rezession rechne. „Ich gehe von einem leichten positivem Wachstum aus“, sagte er. Er erwartet, „dass die Inflation stetig sinkt, aber nicht schnell“, sagte er. Aber er machte auch klar: „Wenn die Inflation schneller zurückgeht, wird das sicher unsere Politik beeinflussen“.

Der ehemalige Goldman-Vorstand Gary Cohn interpretiert Powells Auftritt als Zeichen für einen Kurswechsel: „Er hatte mehrere Möglichkeiten, sich als Falke zu äußern und er hat es nicht getan“ bemerkte er gegenüber dem Wirtschaftssender CNBC. Cohn geht daon aus, dass die Fed im März um weitere 0,25 Prozentpunkte erhöht und dann eine Pause einlegen könnte.

Alles hängt am Arbeitsmarkt

Entscheidend werde sein, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt. „Alles hängt jetzt am Arbeitsmarkt“, sagte Cohn. Der US-Arbeitsmarkt ist lange sehr robust geblieben. Allerdings hat es gerade bei den Technologie-Konzernen zuletzt massive Entlassungen gegeben.

Außerdem haben die US-Unternehmen zu Jahresbeginn einer Umfrage zufolge weit weniger Jobs geschaffen als erwartet. Unter dem Strich entstanden nach einer Firmenumfrage des Personaldienstleisters ADP im Januar nur 106.000 Arbeitsplätze. Von Reuters befragte Experten hatten mit einem Stellenzuwachs im Privatsektor von 178.000 gerechnet. Der noch wichtigere Arbeitsmarktbericht der US-Regierung, der auch Jobs im öffentlichen Dienst erfasst, steht erst am Freitag an.

Der Marktstratege von Jefferies David Zervos kommentierte, er sei überrascht gewesen, „wie relaxed“ Powell bei der Pressekonferenz war. „Das ist ein anderer Powell“, sagte auch Josh Brown von Ritholtz Wealth Management.

David Kelly von JPMorgan hatte nach der Veröffentlichung des Zinsschritts gemahnt, die Fed dürfte es nicht übertreiben mit Zinserhöhungen. „Es wäre schlau nicht zu overshooten und dann zurückrudern zu müssen“. Die Angst ist, dass mit einer straffen Geldpolitik auch das Risiko wächst, dass die Zentralbank die Konjunktur abwürgen wird. Allerdings war die US-Wirtschaft Ende vergangenen Jahres überraschend stark gewachsen, was Sorgen vor einer möglichen Rezession gemindert hat.

Die Tech-Unternehmen leben besonders von neuen Entwicklungen – dafür brauchen sie viel Geld. Hohe Zinsen machen es schwerer und teurer, an frisches Kapital zu kommen. Deswegen litt der Tech-Sektor im vergangenen Jahr besonders unter den massiven Zinssteigerungen.

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„Die Inflation hat sich etwas abgeschwächt, bleibt aber erhöht.“ Quelle: Reuters

Federal Reserve Bank in Washington

Inflation ist rückläufig

Das langsamere Tempo der geldpolitischen Straffung heize die Debatte an, wie weit der Höhepunkt der US-Leitzinsen noch entfernt sei, kommentierte etwa LBBW-Analyst Elmar Völker den Fed-Beschluss. Die US-Inflation befinde sich seit Sommer 2022 auf dem Rückzug. Und die Chancen stünden gut, dass der Trend zu nachlassender Teuerung in den kommenden Monaten weitergehe.

Aus Sicht von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, sollte die „kleine“ Zinsanhebung um 25 Basispunkte nicht als Signal für das bevorstehende Ende des Zinsanhebungszyklus verstanden werden. „Die Fed sieht noch immer die Notwendigkeit für weitere Leitzinsanhebungen“, so Gitzel.

Die jüngste Erhöhung war die achte Anhebung in Folge. Gleichzeitig war es der kleinste Schritt seit vergangenem März. Zuletzt hatte die Fed mehrfach den Leitzins um beachtliche 0,75 Prozentpunkte angehoben, Ende des vergangenen Jahres das Tempo aber mit einem Zinsschritt von 0,5 Prozentpunkten verlangsamt.

Zuletzt war die Inflationsrate in den USA aber zunehmend zurückgegangen – ein Anzeichen für erste Erfolge der strengen Geldpolitik. Im Dezember stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,5 Prozent. Im November hatte die Rate bei 7,1 Prozent gelegen. Es war der sechste Rückgang der Inflationsrate in Folge – hoch ist sie allerdings immer noch.

IWF: Zentralbanken dürfen im Kampf gegen Inflation nicht nachlassen

Vor diesem Zinsentscheid hatte auch der Internationale Währungsfonds IWF in seiner Konjunkturprognose betont, dass die Zentralbanken trotz erster Erfolge in ihrem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise nicht nachlassen dürften. Die Schlacht sei noch nicht gewonnen.

Die Inflation im Zaum zu halten, ist die klassische Aufgabe der Notenbanken. Mittelfristig strebt die Fed eine durchschnittliche Inflationsrate von rund zwei Prozent an. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr Geld für Kredite ausgeben – oder sie leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht einfach weitergeben, und idealerweise sinkt die Inflationsrate.

Mit Agenturmaterial.

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