Marktbericht EZB-Prognosen schieben den DAX an

7 Mär 2024
EZB-Zinsentscheid

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Abermals auf Rekordhoch EZB-Prognosen schieben den DAX an

Stand: 07.03.2024 16:08 Uhr

Eine maue EZB-Konjunkturprognose und Zuversicht bei der Inflationsbekämpfung lässt die Anleger von baldigen Zinssenkungen in Europa träumen. Der DAX steigt abermals auf Rekordhoch.

Nach der im Vorfeld mit Spannung erwarteten Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) nimmt der DAX Fahrt auf und überspringt bei 17.827 Punkten die Marke von 17.800 Punkten und erreicht damit ein Rekordhoch. Aktuell steht der deutsche Leitindex auf dem Sprung zu weiteren Bestmarken. Das bisherige Rekordhoch lag bei 17.816 Punkten.

Das Tagestief wurde bei 17.619 Punkten deutlich tiefer erzielt. Der Leitindex bricht damit aus der Lethargie der vergangenen Handelstag nach oben aus. Der MDAX der mittelgroßen Werte gewinnt rund 0,3 Prozent auf etwas über 26.200 Punkte.

Zinsen bleiben unverändert

Die Währungshüter um EZB-Präsidentin Christine Lagarde entschieden am Donnerstag auf ihrer Sitzung in Frankfurt, den Leitzins bei 4,50 Prozent zu belassen. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Horten überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bleibt weiter auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent.

"Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die Leitzinsen so lange wie erforderlich auf ein ausreichend restriktives Niveau festgelegt werden", erklärten die Euro-Wächter.

Zinshoffnungen beflügeln - Lagarde im Fokus

Die Entscheidung war an den Märkten genau so erwartet worden. Positiv kam an der Börse aber an, dass die EZB nun einen schnelleren Rückgang der Inflation erwartet als noch im Dezember. Zudem spielt der Hoffnung auf Zinssenkungen in die Karten, dass sich zugleich die Aussichten für die Konjunktur im Währungsraum der 20 Länder weiter eintrübte, wie aus der Prognose der Notenbank hervorgeht. Die Konjunktur bleibe schwach, auch weil sich Konsumenten mit ihren Ausgaben zurückhielten, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde auf ihrer Pressekonferenz.

Konkret erwartet die Notenbank für 2024 nunmehr eine Inflationsrate von 2,3 Prozent nach bisher 2,7 Prozent. Für 2025 werden 2,0 Prozent projiziert und damit genau der Zielkorridor der Notenbank.

"Insgesamt ist die Inflationsbekämpfung im Euroraum auf einem guten Weg", sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Allerdings sei dieser noch nicht beendet, da sich die EZB nicht mit dem "beinahen" Erreichen ihrer Inflationszielmarke von zwei Prozent zufriedengeben könne. Zinssenkungen von Juni an aber blieben weiterhin wahrscheinlich, wenn auch das Tempo langsamer und vorsichtiger sein könnte, als sich dies viele Marktteilnehmer wünschten.

Gleichzeitig betonte Lagarde, dass man bei der Inflationsbekämpfung noch nicht am Ziel sei, es würden aber Fortschritte gemacht. "Was die Inflation angeht: Es gibt Disinflation, und wir machen Fortschritte", sagte sie nach der Zinssitzung. Der EZB-Rat sei mithin zuversichtlicher, aber noch nicht zuversichtlich genug, um geldpolitisch zu reagieren. Man benötige mehr Daten und Indizien, dass die Inflation weiter zurückgehe, erklärte Lagarde. Zur nächsten Zinssitzung im April wisse man etwas mehr, zur übernächsten im Juni wisse man deutlich mehr.

Grüne Pfeile an der Wall Street

Rückenwind für den DAX kommt auch von der Wall-Street, die freundlich eröffnet. Alle großen Indizes stehen im Plus, wobei der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, rund ein halbes Prozent zulegt. Die Technologiebörse Nasdaq gewinnt knapp 0,8 Prozent, der S&P-500 steigt in den ersten Handelsminuten um knapp 0,7 Prozent.

Frische US-Konjunkturdaten zeigten einen leicht positiven Einfluss auf die vorbörsliche Entwicklung der Leitinidizes. So ist die Produktivität der US-Wirtschaft im vierten Quartal um deutliche 3,2 Prozent gestiegen, während Analysten mit einem etwas niedrigeren Wachstum gerechnet hatten. Die Zahl der wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe hat sich zur Vorwoche hingegen nicht verändert. Das Defizit im Außenhandel der USA weitete sich im Januar stärker als erwartet aus.

Euro bleibt stabil

Die Aussicht auf bald niedrigere Zinsen im Euroraum hat den Euro nur kurzzeitig gedrückt, aktuell erholt sich die Gemeinschaftswährung wieder und wird bei 1,0904 Dollar leicht höher gehandelt. Die EZB hatte den Referenzkurs am Mittwoch etwas tiefer auf 1,0874 Dollar festgesetzt. Schwache deutsche Industriezahlen belasten den Euro am Nachmittag kaum.

Industrieaufträge: Es geht wieder rückwärts

Aus fundamentaler Sicht bleibt die deutsche Konjunkturschwäche ein Problem, das auch für die Aktienmärkte relevant ist: Die deutsche Industrie hat im Januar einen massiven Auftragseinbruch erlitten. Das Neugeschäft verringerte sich um 11,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit. Damit schlug das Pendel wieder zurück, nachdem die Industrie im Dezember mit aufwärts revidiert 12,0 Prozent ein kräftiges Auftragsplus eingefahren hatte.

"Statt die Produktion zu schmieren, schmieren die Aufträge wieder ab", so das Fazit von Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank: "Wegen der schwankenden Großaufträge fahren die Aufträge zurzeit einen heftigen Zick-Zack-Kurs." Der Auftragsbestand dürfte seiner Einschätzung nach in den nächsten Monaten weiter abnehmen.

Gold-Höhenflug hält an

Die Rekordjagd beim Goldpreis setzt sich fort. Am Nachmittag steht der Preis für eine Feinunze (rund 31,1 Gramm) an der Börse in London bei 2.156 Dollar und damit nur knapp unter dem Rekordhoch bei 2.161 Dollar vom Morgen. Seit mittlerweile drei Handelstagen in Folge hat die Notierung für das Edelmetall damit jeweils ein Rekordhoch erreicht. Wichtige Preistreiber sind die Spekulation auf sinkende Zinsen und die Goldkäufe von Zentralbanken.

Gewinnsprung bei Lufthansa

Große Reiselust und gestiegene Ticketpreise haben der Lufthansa im vergangenen Jahr einen Gewinnsprung beschert: Das bereinigte Betriebsergebnis schnellte um 76 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Der MDAX-Konzern erwirtschaftete damit wie von Analysten erwartet das drittbeste Ergebnis der Firmengeschichte.

Der Umsatz legte um 15 Prozent auf 35,4 Milliarden Euro zu, da die Airlines der Gruppe mit mehr als 120 Millionen Fluggästen ein Fünftel mehr Kundinnen und Kunden beförderten. Unter dem Strich verdiente die Lufthansa knapp 1,7 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie in dem noch von der Corona-Krise betroffenen Vorjahr.

Das Lufthansa-Papier setzt im MDAX aber trotz der guten Zahlen seinen Abwärtstrend fort und ringt mit der Marke von sieben Euro. Die Anleger sorgen sich ob einer wahren Streikflut, der sich die Kranichlinie gegenwärtig gegenüber sieht. Auch heute fallen wieder viele Flüge aus.

Nachfragesorgen bei Brenntag

Unter den Einzelwerten im DAX stehen Brenntag am Indexende. Denn eine verhaltene Nachfrage hat dem Chemikalienhändler im vergangenen Jahr zugesetzt.

"Das Jahr 2023 war erneut von einer Reihe makroökonomischer Herausforderungen und geopolitischer Spannungen geprägt", erklärte Vorstandschef Christian Kohlpaintner. Diese hätten insbesondere die chemische Industrie belastet. "Trotz dieses Umfelds hat Brenntag das zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte erzielt." Das operative Ergebnis (Ebita) sank um 13,1 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro und der Umsatz um elf Prozent auf 16,8 Milliarden.

Merck leidet unter Nachfrageschwäche

Merck muss wegen der Nachfrageschwäche nach dem Corona-Boom der Vorjahre deutlich Federn lassen. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) sank 2023 um gut 14 Prozent auf 5,88 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr setzte Merck knapp 21 Milliarden Euro um, ein Minus von 5,6 Prozent. Für Gegenwind sorgten auch negative Wechselkurseffekte. Unter dem Strich fiel der Gewinn um 15 Prozent auf 2,8 Milliarden. Die Aktionäre sollen eine unveränderte Dividende von 2,20 Euro je Aktie erhalten.

Continental steigert Gewinn

Der Autozulieferer Continental erwirtschaftete 2023 Erlöse von 41,4 Milliarden Euro, das sind 5,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Betriebsergebnis verbesserte sich um rund ein Drittel auf 2,5 Milliarden Euro, die Gewinnmarge lag mit 6,1 Prozent ebenfalls höher als vor Jahresfrist. Continental-Chef Nikolai Setzer verwies auf geopolitische Unsicherheiten, eine nach wie vor angespannte Versorgungslage bei Halbleitern und die Inflation, die dem Unternehmen zu schaffen gemacht hätten.

KKR spricht mit Windparkbetreiber Encavis über Übernahme

Der US-Finanzinvestor KKR verhandelt mit dem Hamburger Wind- und Solarpark-Betreiber Encavis über eine möglicherweise mehr als zwei Milliarden Euro schwere Übernahme. Encavis bestätigte Kontakte zu KKR "zum Interesse an einer möglichen Transaktion mit dem Unternehmen". Die Gespräche seien aber noch in einem frühen Stadium. Es gebe daher keine Garantie, dass es zu einer Übernahme komme.

Einem Bloomberg-Bericht zufolge könnte die im Nebenwerteindex MDAX gelistete Encavis dabei mit mehr als zwei Milliarden Euro bewertet worden. Eine Einigung sei in den nächsten Tagen möglich, hieß es dort. KKR wollte sich nicht äußern.

ProSiebenSat.1 schreibt erneut Verlust

Der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 ist im vergangenen Jahr tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Der Verlust betrug 134 Millionen Euro nach einem Minus von 49 Millionen im Vorjahr. Die Unsicherheit bei den Verbrauchern und die damit verbundene Zurückhaltung der Werbeindustrie hätten vor allem das erste Halbjahr 2023 geprägt, erklärte ProSiebenSat.1. Im Schlussquartal seien die Umsätze gestiegen. Im Gesamtjahr sank der Konzernumsatz jedoch um 7,0 Prozent auf 3,85 Milliarden Euro. 

Hugo Boss rechnet mit weniger Wachstum

Schwer unter die Räder kommen Aktien des Modehändlers Hugo Boss, die mit einem Minus von rund zwölf Prozent am MDAX-ende stehen. Denn das Unternehmen rechnet wegen der Konsumflaute sowie geopolitischer Spannungen bis 2025 mit einem langsameren Wachstum. Das Umsatzziel von fünf Milliarden Euro für das Jahr 2025 dürfte sich zudem "leicht verzögern", hieß es.

Im abgeschlossenen Jahr hatte Hugo Boss den Umsatz noch um 15 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro gesteigert. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg um mehr als ein Fünftel auf 410 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen mit 258 Millionen Euro fast ein Viertel mehr.

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