Trotz sinkender Inflation: EZB lässt Leitzins erneut unverändert

7 Mär 2024
EZB
Europäische Zentralbank Die EZB wagt noch keine Zinssenkungen

Stand: 07.03.2024 14:51 Uhr

Die Inflation sinkt und die Konjunktur schwächelt. Dennoch hält die Europäische Zentralbank lieber die Füße still - und lässt die Leitzinsen unverändert. Die erste Senkung erwarten die Finanzmärkte erst im Juni.

Trotz einer rückläufigen Inflation und einer schwächelnden Konjunktur hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen zum vierten Mal nacheinander nicht verändert. Wie erwartet belässt sie den Hauptrefinanzierungssatz, zu dem sich die Geschäftsbanken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, auf dem aktuellen Niveau von 4,5 Prozent, wie der EZB-Rat mitteilte.

Auch der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der EZB erhalten, verharrt weiter auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die Währungshüter um ihre Chefin Christine Lagarde erneut nicht an den Schlüsselsätzen rütteln. Bereits im Oktober, im Dezember und auch im Januar hatten sie nach zuvor zehn Zinserhöhungen in Folge still gehalten.

EZB senkt Inflations- und Konjunkturprognose

Im Zentrum der heutigen Zinsberatungen standen Expertinnen und Experten zufolge daher vor allem die Inflations- und Konjunkturprognosen der EZB-Volkswirte. So werde die Teuerung im Euroraum ihrer Einschätzung nach schneller zurückgehen als noch im Dezember erwartet. Für das laufende Jahr rechnet die EZB nun mit einer Inflationsrate von 2,3 Prozent. Zuvor war die Notenbank noch von 2,7 Prozent ausgegangen. 2025 wird eine Rate von 2,0 Prozent prognostiziert.

Zugleich haben sich die Aussichten für die Konjunktur im Währungsraum der 20 Länder weiter eingetrübt, hieß es. Die Wirtschaft im Euroraum wird nach der neuesten EZB-Vorhersage in diesem Jahr um 0,6 (Dezember-Prognose: 0,8) Prozent zulegen. Für Lagarde und Co. könnte die Kombination ein Faktor sein, die Kommunikation an die Finanzmärkte leicht zu ändern und vorsichtige Hinweise auf einen möglichen Kurswechsel zu geben.

Schon seit einiger Zeit wird an den Finanzmärkten auf Zinssenkungen spekuliert. Um den Jahreswechsel herum wurden noch bis zu sechs Reduzierungen um insgesamt 1,5 Prozentpunkte für möglich gehalten. Die Erwartungen sind jedoch deutlich gesunken und legen aktuell etwa drei bis vier Senkungen für 2024 nahe. Derzeit wird die Wahrscheinlichkeit auf der Juni-Sitzung mit rund 84 Prozent taxiert.

Fehlende Lohn-Daten und Kerninflation noch bei drei Prozent

"Mit dem überraschend deutlichen Rückgang der Euro-Inflation und den schlechten Konjunkturdaten wächst die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung in der Juni-Sitzung", sagt Friedrich Heinemann vom ZEW Institut. Bedingung dafür sei aber, dass sich auch die Kerninflation der Zwei-Prozent-Marke noch deutlicher nähere. Diese um Energie- und Lebensmittel bereinigte Inflation liege im Februar immer noch bei gut drei Prozent.

"Insgesamt ist die Inflationsbekämpfung im Euroraum auf einem guten Weg. Dieser Weg ist jedoch noch nicht beendet", betont auch Ulrich Kater, Chefökonom bei der Dekabank. Zinssenkungen ab Juni bleiben weiterhin wahrscheinlich, aber das Tempo könnte langsamer und vorsichtiger sein, als sich dies viele Marktteilnehmer wünschten.

Die Linie der Notenbank ist relativ klar: Bevor die straffe Geldpolitik gelockert wird, will sich der Rat Gewissheit verschaffen, dass der zu beobachtende Inflationsrückgang dauerhaft ist. Solche Äußerungen waren in den vergangenen Wochen von zahlreichen ranghohen Notenbankern zu vernehmen. Insider hatten zudem angemerkt, dass der EZB wichtige Daten zu den Lohnabschlüssen aus den Euro-Ländern erst im Mai vorliegen werden.

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten