Sitzung der Währungshüter: EZB legt Zinspause ein

18 Jul 2024
Sitzung der Währungshüter EZB legt Zinspause ein

Die Währungshüter um Chefin Christine Lagarde lassen wie erwartet den Leitzins unverändert. Wie es mit der Geldpolitik bei der nächsten Sitzung im September weitergeht, sei noch offen und hänge von den Daten ab, sagte Lagarde.

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18.07.2024, 14.22 Uhr

Zinswende eingeleitet: EZB-Chefin Christine Lagarde lässt den Leitzins unverändert

Foto: Friedemann Vogel / EPA

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält die Füße still und lässt die Zinsen unverändert. Sie tastete die Schlüsselsätze am Donnerstag auf ihrer letzten geldpolitischen Sitzung vor der Sommerpause nicht an. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder erhalten, bleibt damit weiter bei 3,75 Prozent. Den Leitzins beließen die Währungshüter bei 4,25 Prozent.

Die EZB hatte im Juni die Zinswende vollzogen und erstmals seit 2019 die Zinsschraube gelockert. Die Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus durch den EZB-Rat werde auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen, erklärte die EZB: „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest.“

„Was wir im September machen, ist weit offen“

Die Beschlüsse auf der Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) sind einstimmig gefallen. Dies sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde (68) am Donnerstag auf der Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung in Frankfurt. Sie ließ sich jedoch nicht in die Karten schauen, ob die EZB im September ihre Geldpolitik mit einer zweiten Zinssenkung nach Juni erneut lockern könnte. Man sei nicht vorfestgelegt und werde von Ratssitzung zu Ratssitzung entscheiden. „Die Frage nach dem September und was wir im September machen, ist weit offen“, betonte Lagarde. Das hänge von den Daten ab.

Die Wirtschaft im Euroraum ist aus Sicht von EZB-Präsidentin Lagarde auf Wachstumskurs. Es gebe Hinweise darauf, dass sie im zweiten Quartal zugelegt habe, wenn auch langsamer als zu Jahresbeginn, sagte die Französin am Donnerstag nach dem Zinsbeschluss in Frankfurt. Der Dienstleistungssektor treibe die Erholung an, während die Industrieproduktion und der Warenexport weiter schwach ausfielen. Mit Blick auf die weiteren Aussichten sei damit zu rechnen, dass auch der Konsum seinen Teil zur Erholung beitragen werde. Die Stärkung der Realeinkommen durch eine niedrigere Inflation und höhere Löhne dürften dies möglich machen. Zudem würden die Exporte im Einklang mit einer weltweit anziehenden Nachfrage voraussichtlich zulegen. Und auch die Geldpolitik sollte aus Sicht Lagardes mit der Zeit die wirtschaftliche Nachfrage weniger bremsen.

Volkswirte hatten mit einer Zinspause gerechnet. Zwar ist die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft im Juni auf 2,5 Prozent gesunken. Sie liegt damit nicht mehr weit entfernt von der Zielmarke der EZB von 2,0 Prozent, die sie als optimales Niveau für die Wirtschaft anstrebt. Sorgen bereitet der Euro-Notenbank aber die Teuerung im Dienstleistungssektor, die sich als sehr hartnäckig erweist. Im Juni lag sie wie schon im Mai bei 4,1 Prozent. EZB-Präsidentin Lagarde hatte zu Monatsbeginn gesagt, es werde einige Zeit dauern, bis die EZB genug Daten gesammelt habe, um sicher zu sein, dass die Gefahr einer zu hohen Inflation gebannt sei.

Für eine künftige Leitzinssenkung spricht die schwächelnde Konjunktur in der Eurozone. Zuletzt haben eine Reihe von Frühindikatoren und Wirtschaftsdaten enttäuscht. „Die Hoffnungen auf einen Aufschwung in der Eurozone waren groß. Doch die Wirtschaft ist ins Schleudern geraten“, schreibt Experte Kevin Thozet vom Vermögensverwalter Carmignac.

An den Finanzmärkten wird überwiegen eine Zinssenkung im September erwartet. Bis dahin werden noch für zwei weitere Monate Inflationsdaten veröffentlicht. „Christine Lagarde wird sich nicht auf eine Zinssenkung nach der Sommerpause festlegen", erwartet Felix Schmidt, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Eine kategorische Absage erwartet der Experte jedoch auch nicht. „Die EZB will mehr Daten sammeln und sich alle Optionen offenhalten.“

Ein schwieriges Thema für die EZB ist die Lage in Frankreich. Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen zeichnet sich noch keine Regierungsbildung ab. Zuletzt hat sich Frankreichs Rechnungshof besorgt über die wachsende Verschuldung geäußert. „Die Situation Frankreichs steht in starkem Kontrast zu der seiner wichtigsten europäischen Partner, denen es gelang, ihr Defizit bis 2023 zu stabilisieren oder sogar deutlich zu senken“, heiß es im Jahresbericht.

Die Dekabank erwartet, dass Lagarde auf die Verantwortung der Regierungen für die Stabilität der Staatsanleihemärkte hinweisen wird. Auswirkungen auf die Entscheidungen der EZB dürfte sie jedoch verneinen.

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