EU-Wahl: Erste Ergebnisse bestätigen Rechtsruck und EVP-Sieg

EVP

news/APA/Montag, 10.06.24, 00:50:46

Die Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei und amtierende EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will ab Montag Gespräche mit den zweitplatzierten Sozialdemokraten und drittplatzierten liberalen Renew führen. "Wir haben keine Zeit zu verlieren", erklärte sie Sonntagnacht in Brüssel, nachdem die ersten Ergebnisse der EU-Wahl die Prognosen bestätigten: Die EVP kann trotz Gewinnen der rechtspopulistischen Parteien ihren ersten Platz im Europaparlament ausbauen.

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Von der Leyen zeigte sich zuversichtlich, ein zweites Mal EU-Kommissionspräsidentin zu werden, „aber ich weiß, dass harte Arbeit vor mir liegt“. Sie betonte ihre gute Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten und Renew in den vergangenen fünf Jahren und die Notwendigkeit einer „breiten, effizienten Mehrheit“. Denn die Extremen links und rechts hätten Unterstützung gewonnen.

„Wir sind offen für eine Zusammenarbeit mit allen demokratischen Kräften“, erklärte anschließend der sozialdemokratische Spitzenkandidat Nicolas Schmit. Er habe die Botschaft von der Leyens gehört. „Es ist wichtig, dass wir uns zusammensetzen und an einem Programm arbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass wir einen Weg finden werden.“

„Diese Ergebnisse zeigen, dass eine pro-europäische Mehrheit im Europäischen Parlament ohne uns nicht möglich ist. Wir sind bereit, auf dem Fahrersitz einer pro-europäischen Koalition Platz zu nehmen, wenn unsere Bedingungen und Ambitionen erfüllt sind“, zeigt sich Renew-Vorsitzende Valerie Hayer offen. „Eine Koalition des Chaos zwischen den politischen Extremen, die hoffnungslos zerstritten sind, ist ein Rezept für Stagnation und Lähmung“, sagte sie laut Aussendung, da sie nicht vor Ort sein konnte.

„Es ist klar, dass wir eine stabile Mehrheit in diesem Haus brauchen“, meinte der grüne Spitzenkandidaten Bas Eickhout. Er beschwörte auch nochmal, das EU-Klimapaket Green Deal weiterzuverfolgen. „Der größte Fehler, den wir jetzt machen könnten, wäre es den Green Deal aufzugeben“, sagte er im EU-Parlament.

Der Spitzenkandidat der Linken und Ex-KPÖ-Chef Walter Baier warnte davor, das Wahlresultat als Bestätigung des bisherigen Wegs zu interpretieren und als Blankocheck für „business-as-usual“ zu betrachten. Mit Blick auf das Wahlresultat in Deutschland, wo das „Bündnis Sarah Wagenknecht“ (BSW) stärker als „die Linke“ abschnitt, schloss er eine Zusammenarbeit mit dem BSW nicht ganz aus. „Wir wissen es nicht“, sagte Baier. „Die Partei (BSW; Anm.) hat noch nicht über ihre politische Identität entschieden“.

Parlamentspräsidentin Roberta Metsola kündigte für Dienstag ein erstes Treffen der Konferenz der Fraktionsvorsitzenden an. Dabei soll über die Wahl des EU-Kommissionsvorsitzes und die für Mitte Juli geplante konstituierende Sitzung des EU-Parlaments beraten werden.

Die Europäische Volkspartei (EVP) konnte trotz Gewinnen der rechtspopulistischen Parteien ihren ersten Platz im Europaparlament ausbauen: Sie kommt demnach auf 191 Mandate (bisher 176). Dahinter folgen die Sozialdemokraten mit 135 Abgeordneten (zuvor 139), geht aus der jüngsten Hochrechnung des EU-Parlaments vom Sonntag hervor.

Die liberalen Renew würden der Hochrechnung nach mit 83 Abgeordneten (bisher 102) Dritte bleiben, vor den nationalkonservativen Europäischen Konservativen und Reformern (EKR) mit nun 71 (bisher 69). Die weit rechts stehende „Identität und Demokratie“ gewinnt Mandate hinzu, die Grünen verlieren. ID kommt laut der Hochrechnung auf 57 Abgeordnete (bisher 49), die Grünen auf 53 (bisher 72).

Stark wird vorerst die Gruppe der fraktionslosen Abgeordneten, die viele dem rechten Rand zuzuordnende Abgeordnete versammelt: Sie kommt auf 95 Sitze (bisher 61). Auf dem letzten Platz landen die Linken mit 35 Abgeordneten (bisher 37). Die EU-Wahlbeteiligung lag laut dem EU-Parlament bei 51 Prozent, das entspricht demselben Anteil wie vor fünf Jahren.

Diese Hochrechnung basiert auf vorläufigen Wahlresultaten aus 17 Ländern. Für die übrigen Länder wurden Schätzungen und Vorwahlbefragungen herangezogen. Bei den Veränderungen der Mandatszahl ist zu beachten, dass das EU-Parlament aktuell 705 Sitze hat, nach der Wahl aber 720-köpfig sein wird.

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