Frauen arbeiten gratis: Equal Pay Day zeigt ungelöste Probleme
Frauen arbeiten gratis
Der Equal Pay Day fällt heuer auf den 14. Februar. Frauen müssen symbolisch von Jahresbeginn bis Mittwoch gratis arbeiten, vergleicht man ihr Gehalt mit jenem der Männer. In der Politik ist man sich zwar einig, dass mehr gegen die Einkommensschere getan werden muss, doch bei den Details spießt es sich – auch bei Regierungsvorhaben.
Online seit heute, 6.00 Uhr (Update: 7.47 Uhr)
Laut dem Frauennetzwerk Business and Professional Women beträgt der Gender Pay Gap (geschlechtsspezifisches Lohngefälle) durchschnittlich 12,4 Prozent – eine Verbesserung gegenüber den 13 Prozent von 2023. Weibliche Angestellte verdienen 29,5 Prozent, Arbeiterinnen 26 Prozent und weibliche Vertragsbedienstete 5,1 Prozent weniger als ihre männlichen Pendants.
Bei den Beamtinnen und Beamten verdienen Frauen mittlerweile sogar 5,8 Prozent mehr. Die Daten für die Berechnung des Gender Pay Gaps stammen aus dem Einkommensbericht der Statistik Austria von 2022 und beziehen sich auf ganzjährig Vollzeitbeschäftigte. Dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, spielt hier also keine Rolle.
Grüne nehmen ÖVP in die PflichtAnlässlich des Equal Pay Days wurden Rufe nach Maßnahmen laut. Zunehmend ungeduldig zeigten sich die Grünen, die die ÖVP einmal mehr in die Pflicht nahmen. „Diese Ungerechtigkeit müssen wir endlich beseitigen“, so Grünen-Frauensprecherin Meri Disoski. Konkret fordern die Grünen verpflichtende Einkommensberichte für Unternehmen ab 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Höchste Priorität habe weiterhin auch die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf eine ganztägige Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr, so Disoski.
Am 14. Februar ist heuer nicht nur Valentinstag, sondern auch Equal Pay Day, also jener Tag, bis zu dem Frauen quasi gratis arbeiten, erst danach verdienen sie gleich viel wie Männer. Im Schnitt verdienen Frauen bei Vollzeitjobs jährlich um 12,4 Prozent oder 5.800 Euro weniger als Männer. Wenn man alle Jobs betrachtet, auch die in Teilzeit, wo besonders viele Frauen arbeiten, liegt die Lohnschere sogar bei 35 Prozent.
Der ÖVP seien die Vorschläge der Grünen seit Langem bekannt und könnten sofort umgesetzt werden, kritisierte die Grünen-Politikerin den Koalitionspartner. Die ÖVP reagierte darauf mit Forderungen nach verbesserten Einkommensberichten, mehr Frauen in Führungspositionen, der weiteren Umsetzung der Frauenquote und der umgehenden Einführung des automatischen Pensionssplittings, wie ÖVP-Frauen-Chefin Juliane Bogner-Strauß festhielt.
Raab drängt auf Zusammenarbeit mehrerer AkteureÖVP-Frauenministerin Susanne Raab sagte, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt nicht vom Bund allein gelöst werden könne. Sozialpartner, Unternehmen, Betriebsräte und weitere relevante Akteure müssten hier ihren Beitrag leisten und noch enger als bisher zusammenarbeiten. Zudem drängte sie auf die Umsetzung des automatischen Pensionssplittings.
Diese ÖVP-Forderung scheitert bisher am Widerstand der Grünen, die ein größeres Paket zur Bekämpfung der Altersarmut von Frauen fordern. Auch ÖVP-Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec forderte einmal mehr ein automatisches Pensionssplitting und wies auf die fatalen Auswirkungen des Gender Pay Gaps auf die Pensionen der Frauen hin.
Freiwilliges Pensionssplitting kaum genutztSeit 2005 existiert in Österreich ein freiwilliges Pensionssplitting, bei dem der erwerbstätige Elternteil die durch Kindererziehung entstehenden finanziellen Verluste des erziehenden Elternteils zumindest teilweise kompensieren kann. Diese Möglichkeit wird aber kaum in Anspruch genommen.
Nur 1.155 Personen haben im Jahr 2022 das Pensionssplitting beantragt. Im Jahr 2021 waren es 1.043 Personen, in den Jahren zuvor deutlich weniger. Die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) verzeichnete zwischen 2010 und 2017 nur 850 Fälle. ÖVP und Grüne haben sich in ihrem Regierungsprogramm auf ein automatisches Pensionssplitting verständigt. Ein Entwurf liegt aber noch nicht vor.
In der Wissenschaft und in der Politik ist das Pensionssplitting nicht ganz unumstritten. Zwar könne damit Frauen gegen Altersarmut geholfen werden. Allerdings, so das Gegenargument, seien die Frauen abhängig vom Lohn des Partners.
Opposition kritisiert mangelnde UmsetzungAuch aus der Opposition gab es anlässlich des Equal Pay Day einige Forderungen. „Die Regierung muss die EU-Lohntransparenzrichtlinie endlich umsetzen“, so SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner. „Ich frage mich, worauf die Bundesregierung wartet. Die EU-Lohntransparenzrichtlinie ist seit Juni 2023 in Kraft“, Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) soll „endlich aufwachen und handeln“.
Dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, würde den Gehaltsunterschied noch verschärfen, so FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker. „Berücksichtigt man die Teilzeitjobs, so ist der statistische Einkommensunterschied mit 35 Prozent mehr als eklatant.“ Sie forderte, Löhne und Gehälter in Niedriglohnberufen sowie Lehrlingsentschädigungen anzuheben. Wer Betreuungs- und Pflegearbeit leiste – das sind meistens Frauen –, solle daraus außerdem einen Pensionsanspruch erhalten.
NEOS fordert Bund und Länder auf, eine Entlastungsoffensive zu starten, Vollzeitarbeit steuerlich zu attraktivieren und gleichzeitig Teilzeitanreize aus der Welt zu schaffen. Dafür brauche es ein modernes, individuelles Karenzmodell, das beiden Elternteilen ermöglicht, gleichberechtigt am Arbeitsmarkt teilzunehmen, so Frauensprecherin Henrike Brandstötter. Sie forderte außerdem eine flächendeckende Kinderbetreuung mit einem Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag.
Frauenring enttäuschtEnttäuscht, dass es im Vergleich zum Vorjahr nur einen minimalen Fortschritt gab, zeigte sich am Dienstag der Österreichische Frauenring. „Immer wieder müssen wir daran erinnern, dass Frauen für ihre Leistung ein Recht auf die gleiche Bezahlung haben. Wir brauchen Taten statt ständiger Lippenbekenntnisse“, so Vorsitzende Klaudia Frieben laut Aussendung.
Von der Frauenpolitik forderte sie, „rasch Taten zu setzen“, um strukturelle Benachteiligungen zu beseitigen. Neben der raschen Umsetzung der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz und einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung fordert der Frauenring auch den Ausbau der Ganztagsschulen.