EM 2024: England müht sich gegen Slowenien zum Gruppensieg

Er ist keiner, der auf der großen Fußballbühne zeigt, was in ihm vorgeht. Gareth Southgate, der Nationaltrainer Englands, verfolgt die Spiele seiner Mannschaft zumeist im Sitzen. Wer aber sah, mit welcher Frequenz er dabei während der Partie gegen Slowenien am Dienstabend in Köln auf seinem Kaugummi herum kaute, konnte sich in etwa vorstellen, welcher Druck gerade auf ihm lastet.

England Slowenien - Figure 1
Foto FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Als einer der Top-Favoriten war England in diese EM gegangen, hatte bisher aber enttäuscht wie nur wenige andere Mannschaften – und so spekulierten sie in England schon vor diesem letzten Gruppenspiel über einen möglichen Nachfolger für Southgate: Jürgen Klopp, Pep Guardiola, Graham Potter – Namen wurden so einige genannt an dem Tag, an dem nicht nur für Southgate einiges auf dem Spiel stand. Die Reise Englands bei dieser EM geht nach dem 0:0 gegen Slowenien nun in Gelsenkirchen weiter. Im Achtelfinale trifft das Team dort am Sonntag (18 Uhr) vermutlich auf die Niederlande.

Wer sich vor dem Spiel ansah, bei welchen Vereinen viele Slowenen spielten – bei Gornik Zabrze, Olimpija Ljubljana, bei Panathinaikos Athen oder dem Pisa Sporting Club –, der konnte nicht zwingend davon ausgehen, dass diese Mannschaft den Engländern große Probleme bereiten würde. Wer die Mannschaft von Southgate aber bei den bisherigen Spielen gegen Serbien (1:0) und Dänemark (1:1) gesehen hatte, der musste genau das befürchten.

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Und tatsächlich fand England nur schwer in diese Partie. Die Slowenen verteidigten diszipliniert, und liefen den ballführenden Spieler immer wieder früh an. Dar war keine hohe Taktik-Schule, genügte aber fürs Erste. Als sie Phil Foden doch einmal aus dem Blick verloren, er den Ball in die Mitte zu Bukayo Saka spielte, der aus kurzer Distanz traf, entschied der Schiedsrichter zurecht auf Abseits (20. Minute).

Erstmals bei diesem Turnier hatte Southgate seine Startformation verändert und Conor Gallagher anstellte von Trent Alexander-Arnold neben Declan Rice im Mittelfeld aufgestellt. „Wir haben mit den Spielern darüber gesprochen, dass wir versuchen müssen, den Ball höher zu gewinnen und ihn dann mit mehr Gelassenheit zu spielen“, sagte Southgate vor dem Anpfiff. Aber er sagte auch: „Wir können reden, so viel wir wollen, wir müssen es auch tun.“

Genau das war wieder einmal das Problem. Es war zu wenig Bewegung in ihrem Spiel, auch von Jude Bellingham gingen lange keine Impulse aus. Als es dann doch einmal schneller ging, wurde es sofort gefährlich. Kieran Trippier brachte den Ball von der Strafraumkante mit Effet scharf in die Mitte, Torhüter Jan Oblak zögerte einen Moment, Harry Kane aber rutschte am Ball vorbei (40.).

Kurz danach ging die Sonne unter hinter der Arena in Köln. Und als es draußen immer dunkler wurde, und die Spieler zur zweiten Halbzeit wieder auf den Platz kamen, reagierte Southgate auf den müden Auftritt seiner Mannschaft und brachte Kobbie Mainoo für Gallagher. Der Mann von Manchester United, gerade einmal 19 Jahre alt, gilt als eine der Entdeckungen der vergangenen Premier-League-Saison. Viele Experten hatten ihn schon in den Spielen zuvor erwartet. Mit Mainoo in der Zentrale war das Tempo im Angriff der Engländer auf einmal ein ganz anders. Mainoo spielte den Ball oft schon mit dem ersten Kontakt, er gewann viele Bälle im Mittelfeld und war so immer wieder Ausgangspunkt der Angriffe.

Gleich zwei Mal bewahrte Angreifer Benjamin Sesko seine Mannschaft nach einem Eckball vor einem Gegentor, als er am Pfosten stand und klärte (58.). Die Slowenen liefen Ball und Gegner in dieser Phase beinahe hoffnungslos hinterher, und bekamen nur dann ein wenig Ruhe in die Partie, wenn sich Oblak den Ball zum Abstoß hinlegte. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, bis England eine Lücke in den slowenischen Abwehrverbund reißen würde, um in Führung zu gehen.

Aber so unvermittelt wie der Druck der Engländer nach dem Seitenwechsel zugenommen hatte, so plötzlich verschwand er auch wieder – zu unpräzise waren die Angriffe der Engländer, zu selten kam Kane einmal hinter die letzte Linie der Slowenen. Southgate nahm Saka vom Feld und brachte Cole Palmer (71.), der in dieser Saison 22 Tore für den FC Chelsea erzielt hatte. England hatte mehr Ballbesitz, ließ die Slowenen weiter kaum einmal aus ihrer Hälfte – und kam trotzdem nicht mehr zu gefährlichen Abschlüssen.

Was bleibt? Trotz nur eineinhalb guter Halbzeiten gegen Serbien und Slowenien qualifiziert sich England als Gruppenerster für die K.o.-Phase. Die Abwehr mit nur einem Gegentor in drei Spielen ist das Prunkstück dieser Mannschaft, der Angriff aber gibt nicht nur Southgate weiter Rätsel auf.

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