Elon Musk: Wikipedia ist zu „woke“ – doch sein Aufruf geht schief
Berlin. Tech-Milliardär Musk hält die Online-Enzyklopädie Wikipedia für zu „woke“ und ruft zum Boykott auf. Daraufhin steigen die Spenden.
Elon Musk hat auf seiner Online-Plattform zum Boykott von Wikipedia aufgerufen – und erreicht offenbar das Gegenteil. In einem Post fordert der reichste Mann der Welt, dass Wikipedia wieder Geld bekommen sollte, wenn es seine „redaktionelle Balance“ wieder herstellt.
Der Tesla-Gründer und Trump-Unterstützer reagierte auf mit seinem Beitrag auf ein Posting, das die Verteilung der Spenden kritisierte. „Aus dem jährlichen Budgetbericht von Wikipedia für die Jahre 2023–2024 geht hervor, dass sie über 50 Millionen US-Dollar ihres Gesamtbudgets von 177 Millionen US-Dollar für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion ausgegeben haben“, heißt es darin.
Laut dem US-Magazin „Newsweek“ teilte ein Sprecher der Stiftung mit: „Das Ziel ‚Sicherheit und Inklusion‘ konzentriert sich darauf, sicherzustellen, dass Menschen in einem sich rechtlich und politisch ändernden Umfeld weltweit frei auf Wikipedia zugreifen können und sicher beitragen können. “ Mit dem Geld wolle Wikipedia Bemühungen unterstützen, die freie Meinungsäußerung schützen, Zensur bekämpfen und die Enzyklopädie für alle zugänglich machen.
Elon Musk kritisiert Wikipedia und ruft zum Spenden-Boykott aufWikipedia wurde schon in der Vergangenheit dafür kritisiert, politisch nicht neutral zu sein – allerdings aus anderen Gründen: 2018 bezeichnete der „Guardian“ die Plattform als „männlich dominiert und prowestlich“.
Musks aktuellen Vorwurf der politischen Einflussnahme weist Wikimedia Deutschland zurück. „Die Ehrenamtlichen-Community hat einige Grundprinzipien der Zusammenarbeit und weitere Regeln entwickelt, die für alle Mitwirkenden gleichermaßen gelten und die Qualität der Inhalte und das Fortbestehen des Gemeinschaftsprojekts als gemeinnützig, unabhängig und frei sichern sollen“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage des „Spiegel“. Zu diesen Grundprinzipien gehöre Neutralität.
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Laut „Spiegel“ erreichte der Boykott-Aufruf von Elon Musk das schiere Gegenteil der ursprünglichen Absicht des Tech-Milliardärs. Den täglich veröffentlichten Spendenzahlen der Wikimedia Foundation zufolge wurden in den drei Tagen vor Weihnachten zwischen 800.000 und 900.000 Dollar gespendet. Dieser Wert kletterte am ersten Weihnachtstag, einen Tag nach dem Post von Musk, auf mehr als eine Million, am zweiten Weihnachtstag gar auf mehr als 1,6 Millionen Dollar.
Musk hält Schutz von Minderheiten für VerirrungMusk attackiert den offenen Umgang mit Diversität immer wieder. Er hat in der hitzig geführten Diskriminierungs-Debatte in den USA wiederholt erkennen lassen, dass er den Schutz von Minderheiten für eine realitätsferne Verirrung elitärer linker Kreise hält. Der Tech-Milliardär wetterte unter anderem gegen die ärztliche Betreuung von Jugendlichen, die sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren.
Musks Tochter Vivian Jenna Wilson lebt eigenen Aussagen zufolge seit 2020 als Transfrau und kritisiert ihren Vater hart für dessen Aussagen gegen Geschlechtsanpassungen. Die Meinungsverschiedenheiten mit seiner Tochter werden in manchen US-Medien als mitentscheidender Grund dafür betrachtet, dass Musk inzwischen Positionen der amerikanischen Rechten vertritt.
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les/dpa