Eintracht Frankfurt verliert gegen Mainz 05 in Bundesliga trotz ...
Er habe sich seine Gedanken gemacht, sagte Eintracht Frankfurts Trainer Dino Toppmöller unter der Woche. Gedanken darüber, wie seine Mannschaft damit umgehen soll, dass sie seit Wochen häufiger den Ball hat als der Gegner und nicht mehr zum Kontern kommt. Gegen Mainz wählte er am Samstag eine ungewöhnliche Methode: Seine Mittelfeldspieler positionierten sich so, dass Außenspieler Farès Chaibi Platz hatte, um den Ball in die Mitte zu flanken. Dort hatte sich Nnamdi Collins, sonst rechts hinten zu finden, als Rechtsaußen in die Mitte geschlichen, um gemeinsam mit den großgewachsenen Kollegen Omar Marmoush, Hugo Ekitiké und Rasmus Kristensen den Ball ins Tor zu köpfen. Ärgerlich nur, dass dort die kopfballstarken Mainzer Dominik Kohr, Stefan Bell und Danny Da Costa warteten.
Als die Zuschauer um 17:30 Uhr ihre Mützen und Handschuhe zusammenkramten und nach der Partie in der Fußball-Bundesliga durch den kalten Stadtwald Richtung Straßenbahn liefen, hatte die Eintracht 49 Mal geflankt. „Unser Ziel war es, den tiefen Block der Mainzer mit Flanken und einer guten Strafraumbesetzung zu bearbeiten“, sagte Toppmöller nach dem Spiel. Eine dieser Flanken landete auf dem Kopf von Kristensen, der nach 75 Minuten zum 1:3-Anschluss traf. Da hatten die Mainzer bereits drei Frankfurter Fehler genutzt, um uneinholbar davonzuziehen.
16 Minuten lang hatten sich die 05er kein einziges Mal in die Nähe des Frankfurter Strafraums gewagt. Nach knapp zehn Minuten rief ihr Trainer Bo Henriksen seine Spieler zusammen, um sie neu zu sortieren. Etwas später spielte Eintracht-Torhüter Kaua Santos den Ball in einen engen, zu engen, Korridor. „Wir haben vor dem Spiel gesagt, den Ball nicht dorthin zu spielen, weil die Mainzer dort sehr gierig sind“, sagte Toppmöller. Ellyes Skhiri kam nicht richtig heran, grätschte in den Ball, sodass er hoch in die Luft flog und genau dort herunterkam, wo es besonders heikel für einen Torhüter ist: genau zwischen der Latte und der Torlinie.
Santos rannte rückwärts und schaute nach oben. Er hätte ihn köpfen können oder zur Seite pritschen, aber er faustete den Ball an die Latte. Von dort prallte der Ball zurück an die Schulter des jungen Brasilianers, und von dort ins Tor – 0:1 (16. Minute). Ein Treffer für den Jahresrückblick. „Es tut mir Leid für ihn, das war ein Slapstick-Tor“, sagte Sportvorstand Markus Krösche nach dem Spiel. Santos war für den erkälteten Kevin Trapp eingesprungen.
Nach 27 Minuten – der Mainzer Spielmacher Nadiem Amiri hatte inzwischen Skhiris Knöchel malträtiert und dafür zurecht Rot gesehen (21.) – köpfte Eintracht-Verteidiger Arthur Theate genau in die Füße des Mainzer Offensivspielers Paul Nebel. Der legte sich den Ball kurz vor, schoss aus 20 Metern, der Ball streifte Robin Koch und veränderte seine Flugbahn so, dass Santos‘ lange Arme ihn nicht zu fassen bekamen – 0:2.
Mit ihren hochstehenden Außenverteidigern, einem Kniff, mit dem Xabi Alonso in der vergangenen Saison Bayer Leverkusen zum Meistertitel gecoacht hatte, rannte die Eintracht an. Sie kombinierte sich um den tiefen Mainzer Block herum und erspielten sich etliche Chancen. „Der Gegner war unglaublich. Es war vermutlich nicht der am meisten verdiente Sieg“, staunte Henriksen. Nur im Tor landete keine der Chancen. „Wir müssen nach 15 Minuten 2:0 führen. Was soll ich meinen Spielern vorwerfen? Wir müssen halt den Ball ins Tor schießen“, ärgerte sich Toppmöller. Auch der gefürchtete Eintracht-Sturm schoss zu ungenau. Ekitiké löste sich zweimal von seinen Gegenspielern, einmal zielte er in die Arme des Mainzer Torhüters Robin Zentner, einmal knapp drüber.
Marmoush hatte es nicht einfacher. Kurz vor der Halbzeit schnappte er sich gleich dreimal nacheinander am Strafraum den Ball, ließ zwei Mainzer aussteigen und schoss drüber. Einmal so hoch, dass er danach in den Himmel blickte, dem Ball hinterher, der in Richtung Ginsheim-Gustavsburg unterwegs war, wo der Main in den Rhein mündet. Im Basketball würde man sagen, die beiden Eintracht-Stürmer haben ihren Touch, das entscheidende Quäntchen, verloren. Aber auch die Kollegen machten es nicht besser: Skhiri zielte drüber, Oscar Hojlund köpfte aus kurzer Entfernung Zentner an, Kristensen an die Latte, Can Uzuns Fuß rutschte über den Ball.
Nach 58 Minuten folgte der nächste Frankfurter Fehler: Santos wählte wieder einen riskanten Pass in die Mitte, der nicht bei Robin Koch, sondern beim Mainzer Nikolas Veratschnig landete. Krösche kommentierte später in den Katakomben: „Er hat Entscheidungen getroffen, die nicht so gut waren.“
Die Mainzer trafen gute Entscheidungen, passten ein paar Mal hin und her, dann suchte sich der überragende Nebel das lange Eck aus, 0:3. Ratlos schauten sich die Eintracht-Fans auf der Tribüne an. Wie konnte das passieren? Ihre Mannschaft hatte fast immer den Ball (71 Prozent der Zeit) und schoss ständig aufs Tor (insgesamt 34 Mal, Mainz: neun Schüsse). Aber die Antwort auf ihre Frage war ganz simpel: Mainz kombinierte simpel und presste die wacklige Frankfurter Abwehr in genau den richtigen Momenten. „Die Mainzer wissen nicht, wie sie hier heute gewonnen haben“, fand Krösche. Toppmöller gestand: In Unterzahl dürfe Mainz nicht zwei Tore schießen.
Die Eintracht hingegen verzweifelte. So still wie nach 70 Minuten war es in dieser Saison im Waldstadion noch nie. Als Kristensen fünf Minuten später ins Tor köpfte, drängte die Eintracht nochmal. Sie schoss, schlenzte und köpfte genauer, aber im Mainzer Tor steht einer der besten Torhüter des Landes, der Rüdesheimer Zentner. Er parierte mehrmals, und so blieb es beim 1:3. Eine weitere Niederlage für die Eintracht, schon die vierte im Dezember. „Das ist extrem bitter. Wir machen in den letzten Wochen zu viele einfache Fehler. Das können wir uns auf diesem Niveau nicht erlauben“, ärgerte sich Krösche.
Zwar stehen die Frankfurter weiter auf Rang drei, aber Platz acht, der nicht mehr zur Teilnahme am Europapokal berechtigt, ist nur noch drei Punkte und einen schlechten Spieltag entfernt. Auch der Nachbar aus Mainz ist auf zwei Punkte herangerückt. Und so passte der letzte Satz des Frankfurter Fußballjahres nicht so recht zur Entwicklung des Vereins im vergangenen Halbjahr: „Es fühlt sich nicht gut an“, sagte Toppmöller.