Warten auf den Sandwurm - Die Serie „Dune: Prophecy“ führt ...
Im fernen All, in alten Zeiten
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Schwarz, schwarz, schwarz sind alle ihre Farben: Emily Watson als Mother Superior Valya Harkonnen der Schwesternschaft, aus der der Orden der Bene Gesserit hervorgeht. Szene aus der Serie „Dune: Prophecy“, die am 18. November bei Wow startet.
Quelle: picture alliance / Photoshot
Die Welt von Frank Herberts „Wüstenplanet“ war schon immer eine von Misstrauen, Angst und Gewalt. Das zeigt die erste Staffel von „Dune: Prophecy“, in der es zurückgeht zu den Anfängen der Frauenordens der Bene Gesserit. Die Serie hat „Games of Thrones“-Kaliber und steht für den Trend zu fiktiver Vergangenheitsbewältigung.
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Die junge Frau, die das Walfleisch einmarkten will, ist so missmutig wie das Wetter auf dem Planeten Lankivel. Schnee, Eis, basaltgraue Himmel – Seeleute, die haarige Leviathane am gefrorenen Strand zerlegen. Valya Harkonnen verachtet Vater und Mutter, die sich mit der Verbannung an diesen ungastlichen Ort zu bescheiden scheinen. Der Feigheit in der Weltraumschlacht von Corrin wurde ihr Oheim fälschlich bezichtigt – von einem aus dem Haus Atreides. Valya will die Schmach rächen, den Ruf der Familie erneuern, koste es, was es wolle. Ein Zwist, für den sie alle Wege gehen wird, für den sie alle einspannt, der sie 10.000 Jahre überleben wird bis zum Erscheinen des messianischen Paul Atreides, Protagonist der beiden überwältigenden „Dune“-Filme (2021/24) von Denis Villeneuve.
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Die HBO-Serie „Dune: Prophecy“ erzählt die Geschichte der „Schwesternschaft“, eines Verbunds von Frauen mit übernatürlichen seherischen und manipulativen Gaben, aus denen der aus den Filmen bekannte Orden der Bene Gesserit hervorgeht. Die mächtigen Mystikerinnen, beim einfachen Volk als Hexen verschrien, schmieden Allianzen mit Fürstenhäusern, nehmen deren Töchter als Schülerinnen auf und installieren Ehefrauen und Konkubinen aus ihren Reihen an den Höfen.
Javicco Corrino,
Imperator
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Ihr rangerstes Ziel ist es, die Menschen aller Planeten auf den Pfad der Erleuchtung zu bringen, dazu nutzen sie auch die im Imperium seit den Maschinenkriegen (Butlerian Jihad) verbotene Technologie für ihre „genetische Bibliothek“, um „bessere Anführer auszubrüten“. Dass die Ordensgründerin Raquella die besonders talentierte, indes rachsüchtige Valya als mögliche Nachfolgerin sieht, infiziert den Plan und bringt ein Drama in Gang. Shit happens. Auch der Jedi Qui-Gon Jinn hatte sich für den kleinen Anakin Skywalker begeistert und den Darth Vader in ihm nicht gesehen.
Ein mysteriöser Söldner wickelt den besorgten Imperator einDer Imperator des Sternenreichs, Javicco Corrino (Mark Strong), will seine Tochter Ynez (Sarah-Sofie Boussnina), die Erbin des Löwenthrons, von der Schwesternschaft schulen lassen, bevor sie den noch minderjährigen Sohn eines Fürsten heiraten wird – eine Verbindung, die dem Herrscher eine Flotte von Raumschiffen sichern soll. Das Reich ist weder glücklich noch stabil, im Untergrund gärt eine Rebellion.
Und der unheimliche, pyrokinetisch begabte Söldner Desmond Hart (Travis Fimmel), der wie aus dem Nichts auftaucht, und über Diebstähle des Allzweckrohstoffs Spice auf dem Planeten Arrakis aka Dune zürnt, wickelt den Herrscher zum Entsetzen der Schwesternschaft zunehmend ein. Spice ist seine Absicherung: „Ohne Spice würden mich die großen Häuser an den Wurm verfüttern“, raunt Corrino in Anspielung auf die titanischen Lebewesen im Sand von Arrakis.
„Vikings“-Star Travis Fimmel versteht sich auf durchgeknallte CharaktereAus dem eher mittelprächtig unterhaltsamen Roman „Der Thron des Wüstenplaneten“ (Sisterhood of Dune – 2012), den Brian Herbert, Sohn des „Dune“-Schöpfers Frank Herbert zusammen mit dem Sci-Fi-Kollegen Kevin J. Anderson schrieb, schält sich eine Serie, die es – soweit man das nach den vier zur Ansicht gereichten Folgen sagen kann – mit HBOs „Game of Thrones“ aufnehmen kann. Eine Welt der Intrigen und Verschwörungen, der brüchigen Allianzen und offenen Feindseligkeiten, der Angst und des Misstrauens entfaltet sich vor dem Zuschauer, die von den Kameras von Pierre Gill opulent illustriert wird, und von einem superben Ensemble getragen wird.
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Angeführt wird es von Emily Watson (ältere Valya) und Olivia Williams (ihre Schwester Tula), mit Jessica Barden und Emma Canning wurden auch die jüngeren Versionen der Harkonnen-Schwestern perfekt besetzt. Und „Vikings“-Star Travis Fimmel lässt ähnlich viel Irrlicht in seiner Figur aufblitzen wie zuletzt in Ridley Scotts – leider unvollendet gebliebener – Sci-Fi-Saga „Raised By Wolves“. Wahnsinn – den kann Fimmel.
In „Game of Thrones“ flogen auch nicht gleich Drachen durch die LüfteDas Schreibteam um Showrunnerin Alison Schapker („Alias“, „Fringe“) bringt viel Realismus und Politik ins Fantastische. Und die Musik des deutschen Komponisten Volker Bertelmann hat einen passenden infernalischen Drohton, der an seine Arbeit für Edward Bergers Kriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ (2022) erinnert. Der „Hollywood Reporter“ sah in „Dune: Prophecy“ ein „,House of The Dragon‘ mit (ziemlich wenigen) Sandwürmern anstelle von (furchtbar vielen) Drachen“.
Aber gerechterweise müsste man erste Franchise-Serien miteinander vergleichen. Und bei „Game of Thrones“ wurden die drei Drachen der Khaleesi – Zwergfeuerspeier – auch erst in der allerletzten Szene der ersten Staffel geboren.
Die Vorgeschichte eines Franchise erweckt ein Gefühl von ZuhauseIst das Franchise groß genug, ist auch der Erfolg der Vorgeschichte programmiert, weil immer eine Sehnsucht nach „mehr vom Guten“ besteht. Die Anspielungen auf die zentrale Story, die Wiedererkennung bei designerischen Modifikationen erzeugen beim Zuschauer ein wohliges Gefühl von Zuhause. Wie alles begann oder vorher war, ergründeten zunächst erfolgreich die beiden großen Sci-Fi-Franchises „Star Wars“ (mit der zweiten Filmtrilogie, die 1999 einen Generationensprung zurück machte) und „Star Trek“ (das 2001 die Serie „Enterprise“ 90 Jahre vor die Kirk-Spock-Zeit legte).
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Aktuell spielt „House of The Dragon“ 200 Jahre vor den Ereignissen der Mutterserie „Game of Thrones“ und erzählt von den mörderischen Thronwirren und einem „Drachentanz“ genannten Krieg nach dem Tod des Targaryenkönigs Viserys. Die Serie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ liegt etwa 3000 Jahre vor den „Herr der Ringe“-Filmen Peter Jacksons. Und obwohl sie im Grunde das Gleiche erzählt – Sauron greift nach der Macht und soll daran gehindert werden – gehörte die zweite Staffel zu den großen Herbsthits von Amazon Prime Video. Fiktive Geschichtsforschung – da macht das Zuschauen Vergnügen.
Ein 10.000-Jahre-Zeitsprung wie bei „Dune: Prophecy“ ist bislang unerreicht. Dabei erstaunt es, dass sich so wenig geändert hat in dieser Welt. Die schwarze Melange aus Hass, Unterdrückung und Trostlosigkeit, die Villeneuve in seinen beiden Filmen so intensiv zeigte, dass sie wie ein Geschmack auf der Zunge war, ist zwar noch nicht erreicht, die Monumentalbauten sind auch noch nicht so einschüchternd erdrückend. Ein klaustrophobisches Unheilsgefühl beschleicht einen dennoch.
Fast wäre aus der Fehde der Häuser eine Romeo-und-Julia-Geschichte gewordenEine Serie mit – nicht nur wegen der 10.000 Jahre – großer Zukunft. Dabei hätte die Fehde der Häuser Harkonnen und Atreides früh beendet werden können, wie man hier erfährt. Mit zwei Liebenden der verfeindeten Lager, die sich in einem Waldhaus der Atreides-Leute küssen und lieben, bevor der Junge dem Mädchen einen Heiratsantrag macht. Er glaubt an eine gemeinsame Zukunft.
Bis ihm plötzlich auffällt, wie still es draußen im Dorf geworden ist.
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„Dune: Prophecy“, erste Staffel, sechs Episoden, von Alison Schapker und Diane Ademu-John, mit Emily Watson, Olivia Williams, Travis Fimmel, Mark Strong, Jessica Barden, Emma Canning, Jodhi May, Sarah-Sofie Boussnina, Chloe Lea (ab 18. November bei Wow)