„Houdini“ von Dua Lipa: „Unmöglich, das nicht zu lieben!“
Nachdem schon Dua Lipas Beitrag zum „Barbie“-Film ein TikTok- und Charts-Hit wurde, gibt es seit heute eine neue Single namens „Houdini“, die sicher das gleiche Schicksal ereilen wird. Als Dua diese Woche bei der britischen „The Radio 1 Breakfast Show“ mit Greg James zu Gast war, machten die beiden gleich mal einen Testlauf, setzten sich in ein Café in der Nähe des BBC-Gebäudes und sprachen einen distinguierten, älteren Herren an, der angeblich der allererste Testhörer sei. Er kannte Dua Lipa eher vom Hörensagen, war nicht unbedingt die angestrebte Zielgruppe und sagte trotzdem, der Sound mache derbe Spaß, sei „bouncy“ und eben unmöglich nicht zu mögen. Auch wenn man bei Greg James immer das Gefühl hat, er würde seinen Morgenkaffee in Pulverform durch die Nase ziehen, ist das ein sehr amüsanter Beitrag geworden:
Ein Dream Team im StudioDieser ältere Herr, der irgendwie wirkt, als wäre er entweder ein Königshaus-Experte oder ein politischer Kommentator der BBC, trifft die Sache mit seinen Äußerungen sehr genau: Dua Lipas Pop-Entwurf macht es einem wirklich schwer, ihn nicht zu lieben. Das liegt vor allem daran, dass Dua ganz genau zu wissen scheint, was sie da tut. Wer wie sie schon mit 15 alleine und mit dem Segen der Eltern aus der albanischen Heimat nach London geht, um die Musikkarriere in Gang zu bringen, wer so singen kann, wer so tanzen kann und wer so eine Bühnenpräsenz mitbringt, haut halt keinen Schnellschuss raus. Dafür spricht auch das Team, mit dem sich Dua Lipa hier umgeben hat.
Als Produzenten und Co-Songwriter konnte sie zum Beispiel Kevin Parker von Tame Impala und Danny L Harle für sich gewinnen. Harle stammt aus dem Umfeld des Labels PC Music und galt in den letzten Jahren als einer der spannendsten elektronischen Künstler around. Am Songwriting von „Houdini“ waren außerdem noch beteiligt: die in London lebende, norwegische Songwriterin und Sängerin Caroline Ailin, die schon „New Rules“, „Fever“ feat. Angéle und „Pretty Please“ mit Dua Lipa schrieb sowie der Kanadier Tobias Jesso Jr., der 2015 das fantastische Soloalbum „Goon“ veröffentlichte, sich seitdem aber eher in der Rolle des Co-Songwriters der Stars sieht. Er schrieb mit so unterschiedlichen Acts wie XXXTentacion, Charlie Puth, Florence + The Machine, Haim, Orville Peck und Diplo. Trotzdem steht bei Dua Lipas Songs nie außer Frage, wer diesen kreativen Haufen zusammenhält und ihm Feuer gibt. Das macht ihre Karriere so faszinierend: Sie ist zugleich One-Woman-Show und Teamspielerin – was man ja auch erst einmal hinkriegen muss.
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Von Zauberkünstlern und Modern Talking Vibes„Houdini“ ist natürlich nicht die gesungen Biografie des gleichnamigen Zauberkünstlers Harry Houdini, der immer krassere Tricks aufführte, die oft auf sein Verschwinden oder Befreien aus gefährlichen Situationen hinausliefen. Dua Lipa singt eher davon, dass sie in Sachen Liebe und Zweisamkeit ähnlich schwer zu greifen sie wie Houdini: „I come and I go / Tell me all the ways you need me / I’m not here for long / Catch me or I go Houdini.“ Wer bei ihr punkten will, muss sich also derbe ins Zeug legen und sollte besser keine Besitzansprüche anmelden.
Musikalisch ist das alles wahnsinnig überzeugend: Man hört diese retrofuturistischen Synths, die schon das letzte Tame Impala-Album zierten, der straighte Beat wird im Hintergrund mit knarzenden Störgeräuschen zerschossen, die sicher Danny L Harle abgefeuert hat. Und über den Chorus braucht man gar nicht erst zu sprechen: Hier singt Dua Lipa mal wieder eine Hook, die man sofort mit den Armen in der Luft einer Discokugel entgegensingen will, während sich Hüfte und Tanzbein kreative Verdrehungen überlegen. Aber, mal so ganz unter uns: Hat dieser Chorus nicht auch harte Modern Talking Vibes?
Von „Future Nostalgia“ zur Retro Psychedelia?„Houdini“ dürfte die erste Single aus Dua Lipas neuem Album sein, das irgendwann 2024 erscheinen soll. Sie sagte kürzlich dem „New York Times Style Magazine“ in einem Interview: „Das Album ist anders – es ist immer noch Pop, aber es ist klanglich anders, und es gibt mehrere verschiedene lyrische Themenwelten. Wenn ich euch den Titel verraten würde, würde alles einen Sinn ergeben – aber ich denke, wir müssen noch ein wenig abwarten.“ Schon der Titel ihres letzten Albums „Future Nostalgia“ war perfekt gewählt und funktionierte zugleich als Beschriftung ihrer eigenen Genreschublade. Sie sagte damals, sie habe zur Vorbereitung „viel Moloko, Jamiroquai, Prince und Blondie gehört. Das waren die Künstlerinnen und Künstler, die meine Eltern immer zuhause gehört haben und die meine Begeisterung für Popmusik geweckt haben. Ich habe versucht, diesen Sound mit einer sehr zeitgemäßen Produktion zu vermischen, die schon mit einem Bein in der Zukunft steht.“ Diese Verbindung stecke hinter dem Titel „Future Nostalgia“. Der Sound ihres neuen Albums sei laut dem „Times“-Interview nun von „70er-Psychedelia“ inspiriert – ein Sound, in dem sich Kevin Parker bekanntlich sehr zuhause fühlt. Trotzdem beschwichtigte Dua Lipa gleich und meinte, sie werde jetzt nicht „voll auf Psych-Rock“ gehen, da sie ja nicht wolle, dass ihre Fans dann „einen Nervenzusammenbruch“ kriegen. Vielleicht erklärt das, warum „Houdini“ noch nicht allzu weit vom „Future Nostalgia“-Klang abweicht. Aber ganz ehrlich: Nach diesem erneuten Pop-Banger hätten wir jetzt auch mal Lust auf einen abgefahrenen, nach Pilzen klingenden, knallbunten Achtminüter …
ab dem 16. November 2023
Große Titelstory: Mit Casper in den USA. Außerdem: Exklusive Interviews mit makko, Edwin Rosen, Paula Carolina und vielen mehr.