Pressestunde: Doskozil bleibt auf Distanz zu Babler
Pressestunde
Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil pflegt weiterhin ein komplexes Verhältnis zur SPÖ. In der „Pressestunde“ am Sonntag wollte er das überarbeitete Asylpapier seiner Partei nicht kommentieren. Er sehe wohl einiges anders, so Doskozil, wolle Parteichef Andreas Babler aber zugestehen, dass dieser „ruhig“ in die Wahl gehen könne. Er sei „froh“, wenn die SPÖ bei der Nationalratswahl ein Plus schaffe.
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Der Umgang mit dem Thema Asyl sei in der Sozialdemokratie sehr umstritten, das könne man offen sagen, so Doskozil auf die Frage, warum er an der Überarbeitung des von ihm mitverfassten Grundsatzpapiers aus dem Jahr 2018 nicht mitarbeiten wollte. Es hätte sicher „den einen oder anderen Punkt“ gegeben, den er anders sehe, er habe aber die Debatte nicht führen wollen.
Es gehe jetzt darum, dass die Partei „ruhig“ in die Wahl gehe, Babler solle beweisen können, was er kann und was er in Aussicht gestellt und versprochen habe. Es müsse seiner Ansicht nach zulässig sein, dass man auch unterschiedlicher Meinung sein kann, so Doskozil auf die Frage, ob es nicht eine geschlossene Linie in der Asylfrage brauche. Im Burgenland sei das Thema im Gegensatz etwa zur Pflege nicht drängend.
Konkret nach Punkten des Papiers gefragt, sagte Doskozil, dass die darin skizzierten Außengrenzverfahren ein wesentlicher Schritt seien, es gebe aber Folgefragen, etwa was passiere, wenn Asylverfahren negativ entschieden werden. Derzeit gebe es große Probleme bei Abschiebungen, da brauche es entsprechende Vereinbarungen. Für die aktuelle Lage und Debatte sehe er die Verantwortung zudem vor allem bei der ÖVP, die über 20 Jahre das Innenministerium führte.
Doskozil, Landeshauptmann und SPÖ-Parteichef im Burgenland, wollte das aktualisierte Positionspapier der Bundes-SPÖ nicht kommentieren.
Gefragt nach jüngsten Zahlen, wonach rund ein Drittel der Wiener Volksschulkinder des laufenden Schuljahrs Musliminnen und Muslime sind, sagte Doskozil, er sei selbst von der Dimension überrascht gewesen. Es sei aber „sehr, sehr schwer“ als Politiker darüber zu diskutieren. Es gebe jedoch gesetzliche Normen und Regeln in der Gesellschaft sowie Werte und Traditionen, auch in Zusammenhang mit Kirche und Religion, die man nicht wegdiskutieren könne.
Die Zahlen hätten ihn alarmiert, für ihn zeige sich eine langfristige Veränderung der Gesellschaft. Man könne jedenfalls nicht sagen, wie Peter Hacker aus der Wiener Landesregierung, dass das egal sei. Zur Frage nach der Kommunikation seiner Partei sagte er, man müsse Entscheidungen zur Kenntnis nehmen, er selbst habe Aufgaben und Positionen einzunehmen, mit denen er dem Burgenland dienen könne.
Doskozil stellte sich den Fragen von Susanne Puller-Knittelfelder (APA) und Hans Bürger (ORF).
Der Klimawandel sei auch dort deutlich zu spüren, und man müsse sich damit dringend auseinandersetzen, verwies er dann auf die jüngsten Hochwasser. Dass er bei der Renaturierungsverordnung der EU aber nicht Wien und Kärnten gefolgt ist, erklärte er mit der Landeshauptleutekonferenz. Wenn man dort etwas beschließe und dann rausgehe und dann gelte das nicht mehr, „das geht nicht“.
In dem informellen Gremium der Landeshauptleute seien bei einstimmigen Beschlüssen auch Kompromisse gemacht worden, zu denen man gestanden sei. Er selbst tue sich schwer, bei etwas zuzustimmen, bei dem er die Auswirkungen nicht abschätzen könne, sagte er über die EU-Verordnung, etwa bei der Finanzierung.
Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hätte jedenfalls nicht zustimmen dürfen. Gefragt nach einer angemessenen Reaktion meinte er, dass eine Klage bei gleichzeitigem Festhalten an Gewessler – und damit der Koalition – die schlechteste aller möglichen Lösungen sei. Er persönlich hätte die Koalition aufgekündigt, so Doskozil.
Für Doskozil hätte Klimaministerin Gewessler (Grüne) der Renaturierungsverordnung der EU nicht zustimmen dürfen.
Bei der Nationalratswahl Ende September sei es „sehr, sehr schwierig“, dass die SPÖ den ersten Platz erreiche, so Doskozil weiter. Er selbst wäre schon froh über ein klares Plus. Das sei eine realistische Beurteilung der Position, es sei aber auch nicht unrealistisch, als zweiter Kanzler zu werden. Wenn er als Spitzenkandidat, egal auf welcher Ebene, es allerdings nicht schaffe, eine Wahl zu gewinnen, wisse er, was zu tun sei: „Sie können mich daran messen, ich werde zurücktreten.“
Ein erster Platz bei der Nationalratswahl im Herbst für die SPÖ ist in den Augen Doskozils „sehr, sehr schwierig“.
Viele Politiker könnten sich allerdings nicht vorstellen loszulassen und würden klammern. Es gehe nicht darum, sich selbst zu verwirklichen, es gehe um Inhalte und darum, was das Beste für die Bevölkerung sei. Das gelte für alle Ebenen der Politik. Babler müsse aber selber entscheiden, was er tue. Die Partei habe hier eine Entscheidung getroffen, das sei zu akzeptieren, und man müsse Babler zugestehen, die Wahl nach seinen Parametern zu schlagen.
Wenn er eine Wahl verlieren würde, würde er als Spitzenkandidat zurücktreten, so Doskozil.
Gefragt nach seiner Wunschkoalition – SPÖ, Grüne, NEOS – sagte Doskozil, diese läge schon rechnerisch in weiter Ferne. Eine Koalition mit Herbert Kickl (FPÖ) schließe er aus, dieser lege es nur auf eine Spaltung der Bevölkerung an. Man müsse nun versuchen, die Enttäuschten von der FPÖ zurückzuholen. „Ein bisserl Demut“ vor der Frage, wie man den Wählern gegenüber auftritt, hätte auch der ÖVP gutgetan, meinte er dann. Doskozil rechnet damit, dass die ÖVP bei der Wahl „massiv“ verliert.
Doskozil würde auf Bundesebene gerne mit den Grünen und NEOS in eine Koalition gehen.
Wenn auch die SPÖ verliert, wäre eine Koalition mit der ÖVP schwierig, weil man als Koalition als Verlierer punziert würde. Sollte Kickl sich in der FPÖ zurückziehen, würde die ÖVP „die Braut“ FPÖ mit „Handkuss“ nehmen, zeigte er sich sicher. Einen Vizekanzler unter der FPÖ, auch ohne Kickl, würde die Bundes-SPÖ nie beschließen. Für das Burgenland, das Anfang 2025 wählt, schloss er eine Neuauflage der Koalition mit der FPÖ allerdings nicht aus. Es hänge an den handelnden Personen, die Zusammenarbeit mit der FPÖ habe immer gut funktioniert, so Doskozil.