So bereitet Österreich sich auf Donau-Hochwasser vor

Donau

Österreich rüstet sich für ein drohendes Hochwasser. Die Wetterdienste haben vor allem für den Osten des Landes ungewöhnlich starke Niederschläge vorhergesagt, gerechnet wird mit Überschwemmungen und Murenabgängen. Zugleich ist durch einen Kälteeinbruch nach den bis Mitte September noch andauernden hochsommerlichen Temperaturen die Schneefallgrenze auf zeitweise unter 1000 Meter gesunken. Wegen der Niederschläge mussten bereits Straßen und Zugstrecken gesperrt werden.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen richtete einen Videoappell an die Bevölkerung, sich vorsichtig zu verhalten und einander im Notfall zu helfen. Aus dem Wiener Bundeskanzleramt hieß es: „Feuerwehren, Zivilschutz, Polizei und Bundesheer sind in hoher Einsatzbereitschaft, um überall dort zu helfen, wo Unterstützung benötigt wird."

Stellenweise bis zu 300 Millimeter Regen erwartet

Der staatliche Wetterdienst Geosphere Austria teilte mit, man rechne damit, dass im größten Teil Österreichs zwischen Freitag und Dienstagfrüh 100 bis 200 Millimeter Regen fallen. Ein Millimeter entspricht einem Liter pro Quadratmeter. Stellenweise seien sogar um die 300 Millimeter und mehr zu erwarten, besonders im Berg- und Hügelland von Nieder- und Oberösterreich. Derartige Regenmengen seien sehr ungewöhnlich. In Wien kämen 200 Millimeter statistisch alle 150 bis 200 Jahre vor, am Nordrand der Alpen alle 70 bis 75 Jahre, wird der Klimatologe Alexander Orlik zitiert.

Im Innenministerium in Wien ist für Samstagmittag eine Lagebesprechung des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements mit den Landesleitzentralen anberaumt, um Maßnahmen und Unterstützungsleistungen zu koordinieren. Bundeskanzler Karl Nehammer hat vorerst alle geplanten Wahlkampftermine für die Nationalratswahl in zwei Wochen abgesagt.

Man rechne mit einem Donau-Hochwasser, wie es einmal in 15 Jahren vorkomme

Die stärksten Niederschläge werden in Niederösterreich und Wien erwartet, wo es seit Donnerstagabend bereits teils ununterbrochen regnet. Die Landesregierung gab die Einschätzung bekannt, man rechne entlang der Donau mit einem Hochwasser, wie es statistisch einmal in 15 Jahren vorkomme, an den Zuläufen könne es „punktuell hin zu hundertjährlichen Hochwässern“ kommen. Die Wetterlage führe zu einer „kritischen Situation für das gesamte Land“ Niederösterreich. Auch im weiter westlich gelegenen Oberösterreich laufen Vorbereitungen durch Einsatzkräfte vor allem entlang der Donau und ihren Zuflüssen. In den alpin geprägten Teilen Österreichs verursachte vor allem der ungewöhnlich frühe Schnee Schwierigkeiten.

Um sich auf die erwarteten Wassermengen vorzubereiten, werden mobile Hochwasserschutzanlagen aufgebaut, Sandsäcke gefüllt und Rückzugsräume geschaffen. Stauwehre wurden geöffnet, um Wasser abzulassen und Kapazität für die kommenden Regenspitzen aufzubauen. Zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt, von Fußballspielen bis zur für kommende Woche geplanten „Starnacht aus der Wachau“. In Graz wurde das traditionelle „Aufsteirern“ abgesagt, für das am Wochenende in der Innenstadt um die 100.000 Besucher erwartet wurden.

Der Schnee in den Alpen dämpft das akute Hochwasserrisiko

In den Bergen mussten Hilfsdienste und Feuerwehren ausrücken, um Verkehrsteilnehmer zu bergen, die ohne Winterreifen vom Schnee überrascht wurden, und durch Baumbruch versperrte Straßen freizubekommen. Da Laubbäume noch nicht ihre Blätter abgeworfen haben, tragen sie besonders starke Schneelasten und brechen leichter als im Winter. Zugleich dämpft der Schnee in den Alpen dort das akute Hochwasserrisiko, weil er das Wasser vorerst bindet.

Van der Bellen dankte in seiner Videobotschaft den Helfern, ob beruflich oder ehrenamtlich im Einsatz. Die zu erwartende Unwetternotlage werde „uns alle“ in den nächsten Stunden und Tagen auf die Probe stellen. Oberstes Gebot sei, „füreinander da zu sein“, sagte das Staatsoberhaupt. „Vielleicht braucht die Nachbarsfamilie Unterstützung bei der Sicherung ihres Kellers oder die Nachbarin, die nicht mehr so mobil ist, freut sich, wenn man einen Einkauf für sie erledigt.“

Nicht notwendige Reisen verschieben

Der Automobilklub ÖAMTC und weitere Organisationen haben dazu aufgerufen, in den kommenden Tagen auf nicht notwendige Autofahrten zu verzichten. Auch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) rieten dazu, nicht notwendige Reisen zu verschieben. Für die kommenden Tage bereits gebuchte Fahrkarten werden erstattet. Beeinträchtigungen und Verspätungen meldete der Flughafen Wien-Schwechat.

Ursache für die großen Regen- und Schneemengen ist nach Angaben von Geosphere Austria eine Wetterlage, die in der Fachsprache Vb-Wetterlage genannt wird (gesprochen „Fünf-b“). Eine Vb-Wetterlage liege vor, wenn ein Tiefdruckgebiet vom westlichen Mittelmeer über Italien, Österreich und Ungarn nach Polen zieht. Sie entstehe, wenn von Norden her kalte Polarluft über die Alpen strömt und auf die warme Luft über dem Mittelmeer trifft.

Die Stadt Wien teilte mit, sich auf ein Donau-Hochwasser vorzubereiten. Dabei setze man auf den in den vergangenen 30 Jahren ausgebauten Donauhochwasserschutz. Die Donauinsel sei mit 21 Kilometern Länge und rund 210 Metern Breite ein riesiger Schutzbau, der die Neue Donau als Entlastungsgerinne für den Donaustrom flankiert. Bei hohem Wasserstand entlastet die Neue Donau, normalerweise ein stehendes Gewässer, den Strom.

Auch in den Ländern donauabwärts bereiten sich die Behörden auf Hochwasser vor. In der Slowakei werden in der an Österreich und die Tschechische Republik grenzenden Region Zahorie gezielt Flächen überschwemmt. In Zusammenarbeit mit der Feuerwehr suche man bereits geeignete Flächen dafür aus, sagte Umweltminister Tomas Taraba der Nachrichtenagentur TASR. Das Hochwasser des Grenzflusses March solle damit notfalls abgeleitet werden, bevor es in Pressburg (Bratislava) die Donau erreiche. Die slowakische Hauptstadt liegt direkt am Zusammenfluss von Donau und March im Dreiländereck zu Ungarn und Österreich. Taraba rechnet mit einem Jahrhundert-Hochwasser der March, wie er sagte.

In Budapest wurden die Straßen am unteren Donauufer vorsorglich gesperrt. Seit Freitag ist dort Parken verboten, teilte die Verwaltung der ungarischen Hauptstadt mit. Die Spitze des Hochwassers wird dort erst Mitte nächster Woche mit rund acht Metern erwartet. Auch die ungarischen Streitkräfte wurden in Alarmbereitschaft versetzt. „Unsere Ressourcen, einschließlich der technischen Ausrüstung zu Lande und in der Luft, werden für den Schutz der Öffentlichkeit bereitgestellt,“ versicherte Armeechef Gábor Böröndi.

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