Was sich die Tech-Oligarchen von Donald Trump versprechen

14 Aug 2024

Bild: watson/keystone SDA

Analyse

Elon Musk & Co. träumen von einer USA Inc., mit ihnen als mächtigen Verwaltungsräten – und Trump als tollpatschigem CEO.

Donald Trump - Figure 1
Foto watson

Nach dem Kollaps der Sowjetunion brach die Zeit des «wilden Ostens» aus. Präsident Boris Jelzin, einst der gefeierte Held eines neuen Russlands, versank in einem Wodka-Meer und das Land im Chaos. Die eigentliche Macht lag bei den berühmt-berüchtigten sieben Oligarchen, denen es gar mit viel Geld und amerikanischem PR-Know-how gelang, den Trunkenbold Jelzin im Amt zu behalten.

Wladimir Putin hatten die Oligarchen nicht auf der Rechnung. Doch kaum sass dieser im Kreml an den Schalthebeln der Macht, begann er, ihren Einfluss systematisch zu demontieren. Den reichsten unter ihnen, Michail Chodorkowski, warf er ins Gefängnis. Boris Beresowski und Wladimir Gussinski vertrieb er nach Grossbritannien respektive Israel. Von nun an galten für die Oligarchen Putins Regeln: Ihr dürft so reich werden, wie ihr wollt – solange ihr die Finger von der Politik lässt.

Tanzte nach der Musik der Oligarchen: Boris Jelzin.Bild: EPA

Donald Trump ist bekanntlich ein Verehrer von Putin, nicht nur, weil dieser unermesslich reich ist, sondern weil es ihm gelungen ist, ein autoritäres Regime zu errichten, das keinen Gott neben ihm duldet. Ähnliches schwebt auch Trump vor. Das zeigt das inzwischen berühmt-berüchtigte Programm 2025. Es zeigt im Detail auf, wie die amerikanische Demokratie und der Rechtsstaat in ein autoritäres Regime verwandelt werden können. Aus wahltaktischen Gründen distanziert sich Trump mittlerweile davon, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass es fast ausschliesslich von Leuten ausgearbeitet wurde, die in seinem Kabinett tätig waren.

Donald Trump - Figure 2
Foto watson

Die Tech-Oligarchen hingegen liebäugeln mit dem Jelzin-Modell, also damit, dass ein tollpatschiger Präsident ihre Pläne ausführt. Mark Cuban, der einzige Milliardär, den auch die amerikanischen Linken mögen, hat es kürzlich bei Jon Stewart in der «Daily Show» auf den Punkt gebracht: Sie wollen die USA in einen Konzern verwandeln, in dem Trump zwar den CEO geben darf, sie jedoch im weit mächtigeren Verwaltungsrat den Takt vorgeben.

Mit dem vielen Geld wächst bei den Tech-Oligarchen im Silicon Valley die Lust auf politische Macht, zumindest bei einem Teil von ihnen. Dazu gehören nebst Elon Musk und Peter Thiel auch Marc Andreessen und David Sacks. Sie alle haben einst als Ultra-Libertäre begonnen, die – wie es bei uns einst die Zürcher Jugendbewegung ausgedrückt hat – «aus dem Staat Gurkensalat» machen wollten.

Selbst bei den Linken beliebt: der Milliardär Mark Cuban.Bild: keystone

Inzwischen haben sich die ach so freiheitsliebenden Libertären in stramme Neo-Faschisten verwandelt. Oder wie es Jonathan Taplin in seinem Buch «The End of Reality» ausdrückt: «Thiel, wie Musk und bis zu einem gewissen Grad auch Andreessen, haben ihre Laissez-faire-Wurzeln verlassen zugunsten einer Regierungsform, die eine bestimmte Moral und eine bestimmte Wirtschaftspolitik mit Gewalt durchsetzen kann.»

Donald Trump - Figure 3
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Besonders krass lässt sich dieser Wandel bei Andreessen aufzeigen. Er wurde einst als Entwickler des Browsers Netscape sehr reich und in der Folge der bedeutendste Wagniskapitalist im Silicon Valley. Im Zuge dieser Entwicklung veränderte er auch sein Weltbild. War er einst ein Anhänger und Mäzen der Demokraten, so ist er an das äusserste rechte Spektrum der Politik gerückt.

Inzwischen verfasst Andreessen Traktate, in denen er eine krude Mischung aus libertären Wirtschaftstheorien, Verherrlichung eines Übermenschen im Sinne von Friedrich Nietzsche und sozialdarwinistische Theorien à la Herbert Spencer verbreitet.

Libertär hat sich einst auch Peter Thiel gegeben. Ihm kann man allerdings nicht vorwerfen, je mit den Demokraten geliebäugelt zu haben. Er war von Beginn weg reaktionär und sehr katholisch. Früh hat er sich in die Politik eingemischt, Trump bei der Zusammenstellung seines ersten Kabinetts beraten und die Karriere von JD Vance, dem vom Ex-Präsidenten auserwählten Vize, entscheidend gefördert. Gerüchtweise sollen Thiel und Musk im Verbund mit Tucker Carlson und Donald Trump Jr. auch dafür gesorgt haben, dass Vance zu diesem Posten gekommen ist.

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Foto watson

Verbreitet neofaschistische Traktate: Marc Andreessen.

Damit sind wir beim wichtigsten Tech-Oligarchen angelangt, bei Elon Musk. Mit Fug und Recht darf man behaupten, dass er zu einer Gefahr für die Demokratie geworden ist. Er hat die einst liberale Plattform Twitter zu einem Forum gemacht, auf dem sich nun Rechtsextreme wie Alex Jones, aber auch britische Extremisten wie Tommy Robinson und Ashlea Simon austoben dürfen. Auch dem von Fox News gefeuerten Moderator Tucker Carlson hat er eine neue Heimat gegeben.

Musk selbst ist ebenfalls hyperaktiv auf X. Sein Einfluss kann dabei nicht genug hoch eingeschätzt werden. Er besitzt über 190 Millionen Follower und ist damit «Amerikas einflussreichster Verbreiter von falschen Informationen», wie Edward Luce in der «Financial Times» feststellt.

Mehrmals täglich repostet er auch Dinge, die Fakenews aus der dunkelsten politischen Ecke enthalten. «In kritischen Momenten ist X zu einem Schlüsselspieler für potenziell unwahre Behauptungen geworden», stellt Luce weiter fest. «Dass dabei der Eigentümer noch einige dieser Behauptungen unterstützt, müsste eigentlich eine Sache von öffentlichem Interesse werden.»

Donald Trump - Figure 5
Foto watson

Elon Musk ist ein genialer Unternehmer – ein begabter Journalist ist er definitiv nicht. Sein am Montag ausgestrahltes Interview mit Donald Trump ist schlicht peinlich, nicht nur, weil es wegen eines technischen Defekts 40 Minuten zu spät begonnen hat, sondern vor allem, weil es nicht mehr war als ein belangloses «Gespräch zweier reicher Typen», wie die Harris-Kampagne zu Recht spottete.

Dabei hätte dieses Interview helfen sollen, Trump aus seinem Formtief zu holen. Das ist nicht gelungen. «Trump sieht einmal mehr wie ein Verlierer aus», klagt Gerald Baker auf der konservativen Meinungsseite des «Wall Street Journal» und stellt betrübt fest, dass die bisherigen Auftritte des Ex-Präsidenten «falsch, stumpf und verrückt» gewesen seien. Mit all ihrem Geld ist es den Tech-Oligarchen bisher nicht gelungen, diese Mängel bei Trump zu beheben.

Menschen, die sich tatsächlich Donald Trump tätowierten

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Menschen, die sich tatsächlich Donald Trump tätowierten

Ob die Gesichts-Tattoos wirklich im Sinne von Donald Trump sind?

Donald Trump - Figure 6
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quelle: ap / rebecca blackwell

Die wirrsten Aussagen aus Trumps PK

Video: watson

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