„The Apprentice“: Der aufhaltsame Aufstieg des Donald Trump

17 Okt 2024

17. Oktober 2024

Ivana Ivana (Marija Bakalowa) und Donald (Sebastian Stan) © Pief Weyman © APPRENTICE PRODUCTIONS ONTARIO INC., PROFILE PRODUCTIONS 2 APS, TAILORED FILMS LTD.

Seinen bisher größten Erfolg feierte der iranischstämmige Regisseur Ali Abbasi mit „Holy Spider“ über einen Prostituiertenmörder, wurde der Film doch 2023 von Dänemark ins Oscar-Rennen geschickt. Und auch in seinem neuen Werk widmet sich der 42-Jährige einem etwas zwielichtigen Charakter: Ex-Präsident Donald Trump. In „The Apprentice“ schildert Abbasi den Aufstieg des einst jungen, ehrgeizigen, aber naiven Mannes zu dem, der er heute ist.

Donald Trump - Figure 1
Foto Neues Volksblatt
„Erzogen“ von einem schmierigen Anwalt

Der Titel ist eine Anspielung auf jene TV-Show „The Apprentice“ (deutsche Ausgabe: „Die Höhle des Löwen“), mit der Trump ab 2004 endgültig als Fernsehpersönlichkeit in den USA bekannt wurde. Der Film hingegen spielt in den 70ern. Der Millionärssohn Trump (Sebastian Stan) ist zwar schon willensstark und zielstrebig, aber noch unerfahren. Zum Wendepunkt in seiner Karrierebahn wird die Begegnung mit dem schmierigen Anwalt Roy Cohn (Jeremy Strong).

Lesen Sie auch
Angreifen, angreifen, angreifen

Einst die rechte Hand des gefürchteten Senators McCarthy, ist er nun einflussreicher Politberater und -manipulator. Zynisch, hemmungslos, rechts und schwul. Er führt den naiven Jungunternehmer, der als Immobilientycoon reüssieren möchte, in die Gesellschaft ein. Und er bringt ihm seine Lebensphilosophie nahe: 1. Angreifen, 2. Abstreiten, 3. Niemals eine Niederlage zugeben. Sein Schützling wird zum gelehrigen Schüler, lernt, mit Manipulation und Erpressung den vermeintlichen Olymp zu erklimmen. Beiden ist gemein, das Ich vor alles andere zu stellen.

Vor allem der private Donald

Hierbei zeichnet „The Apprentice“ vor allem ein Bild des privaten Donald J. Trump. Das schwierige Verhältnis zum harten Vater (Martin Donovan) und der konzilianteren Mutter (Catherine McNally) nimmt ebenso Raum ein wie der alkoholkranke, ältere Bruder Fred (Charlie Carrick). Der Flirt und die sich anbahnende Beziehung mit der späteren Gattin Ivana (Marija Bakalowa) kann sich sukzessive entfalten. Große Trump-Pleiten wie die Investments in Atlantic City werden hingegen eher gestreift.

Ein Zeitsprung in die 80er – ein in mehrfacher Hinsicht harter Cut. Nun ist Donald Trump jener Trump, den man heute zu kennen glaubt. Zeit ist vergangen, der Immobilieninvestor zum Star von New York aufgestiegen, er hat seinen einstigen Mentor überflügelt, auch in puncto Skrupellosigkeit. Letztlich lässt Trump Roy Cohn über die Klinge springen. Die Ausgeburt frisst ihren Lehrmeister.

Das Frappante am in Cannes uraufgeführten „The Apprentice“ ist dabei allerdings, dass Ali Abbasi seine Charaktere und vor allem seinen Hauptdarsteller ernst nimmt, keineswegs unsympathisch ausgestaltet. Dessen filmisches Alter Ego Sebastian Stan ist bisher bekannt als Winter Soldier aus dem Marvel-Universum, und doch gelingt ihm überzeugend die Verkörperung eines der prominentesten Menschen dieses Planeten, ohne eine Imitation abzuliefern. Er ist Trump oder besser gesagt wird zunehmend Trump im Fortschreiten des Biopics, obwohl die vermeintlich charakteristischen Gesten und Formulierungen nur sparsam gesetzt sind.

Abbasi zeichnet seine Protagonisten nicht als Witzfiguren, sondern gesteht ihnen in ihrer Welt Souveränität zu. „The Apprentice“ ist das seltene Beispiel für eine Satire, welche die Realität nicht zur Kenntlichkeit zuspitzt – schlicht aus dem Grund, weil sie das nicht muss. Die Absurdität steht für sich. Leider.

Von Martin Fichter-Wöß

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten