Dominic Thiem: Der letzte Vorhang ist gefallen

6 Stunden vor
Dominic Thiem

Dominic Thiem beendete in der ausverkauften Wiener Stadthalle seine Karriere. Tränen gab es nur auf der Tribüne. Ein Comeback ist ausgeschlossen.

Ein Rückhand-Return von Dominic Thiem, ein Smash von Luciano Darderi. Dann war alles vorbei. Der Stuhlschiedsrichter sprach die entscheidenden Worte. „Game, Set, Match Darderi.“ Am Dienstag um 19.40 Uhr verabschiedete sich Österreichs Tennis-Aushängeschild der vergangenen zehn Jahre in den Ruhestand. Der Niederösterreicher verlor sein Auftaktspiel bei den Erste Bank Open in der mit 9800 Fans ausverkauften Wiener Stadthalle gegen den Italiener Luciano Darderi mit 6:7 (2) und 2:6.

Überraschung war das keine. Thiem agierte in den vergangenen Monaten als Teilzeitprofi, bestritt nur noch ausgewählte Turniere. Er hatte das Training zurückgeschraubt, was der Form freilich nicht dienlich war. „Ich bin jemand, der immer viel trainieren musste, um in Form zu kommen“, hatte der nun ehemalige Tennisprofi unlängst erklärt.

Dass ihm die Auslosung für sein letztes Turnier Darderi bescherte, war kein Unglück, sondern vielleicht sogar das bestmögliche Los.. Der Weltranglisten-42. hatte zuletzt vor über zwei Monaten ein Match gewinnen können. Gegen Thiem aber endete die für Darderi sieben Spiele umfassende Niederlagenserie.

»Manche brechen völlig aus. Ich bin da einfach ein bisschen ruhiger, bin kein emotionaler Typ.«

Dominic Thiem über den Umgang mit Emotionen

Dabei lieferte Thiem in seinem 563. und letzten Profimatch durchaus nochmal eine Show ab. Vor allem die Rückhand-Longline schlug einige Male auf der gegnerischen Seite an. Auch der Aufschlag (elf Asse, ein Doppelfehler) funktionierte. Thiem spielte absurderweise sein bestes Match seit einem Jahr. „Im ersten Satz konnte ich teilweise richtig gutes Tennis zeigen. Da war ich voll im Spiel drin“, sagte Thiem, der im Tiebreak beim Stand von 6:5 einen Satzball vergab. Im zweiten Satz konnte der Gewinner von 17 ATP-Turnieren sein Level nicht halten. „Mein Grundniveau ist in den vergangenen Jahren einfach gesunken.“

Wien als letzte Station

Thiem hatte nach der Ankündigung im Mai, seine Karriere noch in dieser Saison zu beenden, eine Abschiedstour gestartet. Sie führte ihn nach Paris, Mallorca, Gstaad, Kitzbühel und New York. Der letzte seiner insgesamt 348 Siege glückte ihm in der Qualifikation zu den French Open gegen den Italiener Franco Agamenone. Nicht überall wurde Thiem mit offenen Armen empfangen.

»Irgendwann, an einem nebligen Tag im November, werde ich über meine Karriere nachdenken.«

Dominic Thiem über seinen persönlichen Blick zurück

In Wimbledon hatten die Veranstalter für den Österreicher keine Wildcard übrig, auch bei den Olympischen Spielen in Paris ging er bei der Vergabe leer aus. Eine sich über ein halbes Jahr ziehende Abschiedstour ist Geschmackssache. Thiem fand jedenfalls Gefallen daran. „Ich wollte meine Karriere immer in Wien beenden.“

Wer am Dienstagabend in Erwartung ganz großer Emotionen oder Tränen war, der kennt Dominic Thiem nicht. Der Mann aus der 3000-Seelen-Gemeine Lichtenwörth hatte sich während seiner Abschiedstour stets gut im Griff. Bei seinen letzten, ans Publikum gerichteten Worten wurde nicht einmal seine Stimme brüchig. „Ich bin kein emotionaler Typ. Das war nach großen Erfolgen auch nicht anders. Manche brechen emotional völlig aus, ich bin ein bisschen ruhiger“, erklärte Thiem.

Auf den Tribünen zeigte sich ein anderes Bild. Es war mehr als nur ein feuchtes Augenpaar auszumachen. Irgendwann, „an einem nebligen Tag im November“, möchte Dominic Thiem laut eigener Aussage in aller Ruhe in seinen eigenen vier Wänden sitzend über seine Karriere sinnieren. Über den langen Weg, die Erfolge, die Verletzung und wohl auch über die missglückte Rückkehr an die Spitze nach der im Juni 2021 erlittenen Handgelenksverletzung.

Die Illusion eines Comebacks

Ein Comeback als Spieler wird es nie geben. Thiem hat mit dem Profitennis abgeschlossen. Das sah man in den vergangenen zwei Jahren immer wieder auf dem Platz. Und man konnte es durchaus in seinen Aussagen hören.

Der Sport hat dem 31-Jährigen viel gegeben, ihm aber auch viel abverlangt. „Ich sehe die Chance nicht mehr, mein maximales Level zu erreichen“, sagte Thiem in seiner letzten Pressekonferenz als Spitzensportler über die Option, in zwei, drei Jahren aus der Tennispension zurückzukehren. „Die Liebe zum Tennis war nie weg, aber dafür reicht sie nicht mehr aus.“ .

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