Fuchs frisst Waschbär an Haltestelle: „Völlig normal“
Berlin. Ein Video aus Berlin weckt widersprüchliche Emotionen. Mitten in Pankow verzehrt ein Fuchs ein anderes Tier. Und bekommt dafür Lob.
Erst pirscht er sich vorsichtig an, kostet erst zaghaft, beißt dann herzhaft zu, schleift seinen Festschmaus über einen Bürgersteig vor dem Kino „Blauer Stern“ in Pankow: Ein Berliner Fuchs knabbert am helllichten Tag an einem überfahrenen Waschbären. Und wird mit seiner makabren Fressorgie prompt zum Medien-Star. Mehr als 35.000 Facebook-Nutzer haben sich das Kurzvideo „Circle of Life“ eines aufmerksamen Handy-Filmers angeschaut. Dass sich der magere Fuchs an einer BVG-Bushaltestelle im November-Grau an einem anderen Stadttier labt, löst widersprüchliche Emotionen bei Kommentatoren aus.
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„Der Arme muss einen Hunger haben!“, schreibt ein Gönner. Andere befürchten, dass der hagere Geselle an einer Krankheit leiden könnte. „Hoffentlich keine Räude“, heißt es in einem Post mit Blick auf die „abgeranzte“ Erscheinung des Aas-Fressers. Manch einer spekuliert über Leiden, die den Waschbär-Nager zu nervösen Handlungen treiben. „Das unerträgliche Jucken lässt ihn nicht zur Ruhe kommen“, lautet eine Interpretation.
Berliner Füchse gehen sogar mit Menschen GassiUmwelt-Experten halten den Auftritt allerdings für eher unbedenklich. „Als Stadtfuchs ist er grundsätzlich, entgegen seiner Verwandten auf dem Land, wenig bis gar nicht scheu. Die fehlende Scheu deutet also nicht zwangsläufig auf Krankheiten hin. Manche Rotpelze laden sich schonmal auf eine Gartenliege ein oder gehen sogar mit Hundebesitzern zusammen Gassi“, schreibt die Beratungsstelle Fuchsnotfälle Berlin-Brandenburg in einer Reaktion unter dem Video.
Dieser Fuchs gehe hier als Aasfresser „lediglich seiner Aufgabe nach“ und sorge dafür, „dass Krankheiten nicht verbreitet werden“. Als eigentliches Problem benennt die Beratungsstelle den Wildunfall, weil der Waschbär mutmaßlich auf der Dietzgenstraße vor dem Pankower Kino überfahren, aber sein Kadaver nicht beseitigt wurde. „Dieser lockt erkennbar weitere Tiere an, die dadurch ebenso leicht Opfer des Straßenverkehrs werden könnten und somit auch für Menschen eine Gefahr darstellen“, heißt es. Wildunfälle seien deshalb meldepflichtig,
Auch Ratten, Mäuse und Insekten werden genüsslich verspeistSo gesehen sei das beherzte Zubeißen des hungrigen Fuchses sogar nützlich – das meint auch der Stadttierexperte des Senats Derk Ehlert, der dem Tier ein „völlig normales Verhalten“ bescheinigt. „Füchse sind wie Waschbären Allesfresser. Sie sind sozusagen die Gesundheitspolizei der Natur und fressen auch Aas“, schreibt Ehlert auf Morgenpost-Anfrage. Die rund 4000 in Berlin lebenden Rotpelze seien „nicht sehr wählerisch und fressen üblicherweise auch Essensreste, Ratten, Mäuse, Früchte aller Art, tote Tiere und sogar Insekten“.
Füchse in Berlin - mehr zum Thema Pelziges Raubtier in Berlin: Füchse zieht es in MetropolenRotpelze an der Spree: Warum Füchse Berlin so liebenTier besucht Senat: Berlin staunt über einen Behörden-FuchsDass man im November überaus aktive Exemplare antrifft, hält die Beratungsstelle Fuchsnotfälle für geradezu typisch. Denn Ende des Monats beginne die sogenannte Ranzzeit: „Da rennen besonders die Rüden oft kopflos umher und kommen schnell unter die Räder. Und wenn er seine Liebste dann erobert hat, bleiben sie auch schonmal innig aneinander hängen, was kein Grund zur Sorge ist.“
Video aus Pankow: „Eine liebe Polizistin“ hilft dem FuchsEine Erkrankung könnte aber im Fall des Pankower Fuchses laut der Beratungsstelle womöglich doch vorliegen. „Dem juckt wohl der schon sehr dünne Pelz, deshalb ist er besonders auf artgerechte Nahrung – nicht Müll – angewiesen, was sein Immunsystem stärkt und er genügend Abwehrkräfte zur Bekämpfung der Milben entwickeln kann.“ Doch nun besteht – dank Aufmerksamkeit durch das Video – Grund zur Hoffnung. So schließen die Fuchs-Berater ihren Kommentar mit den Worten: „Eine liebe Polizistin aus unserem Tierschutznetzwerk wird sich der Sache annehmen“.
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