Nächstes Kapitel im TV-Rechtestreit: DAZN mit Vorwürfen gegen DFL

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Stand: 30.04.2024, 19:19 Uhr

Von: Jan Christian Müller

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Im Streit mit der DFL will der Streamingdienst DAZN einen Keil in die Liga treiben. Ex-DFL-Chef Christian Seifert wird als Schlichter ins Spiel gebracht. Der weist darauf hin, dass das nicht geht.

DAZN - Figure 1
Foto Frankfurter Rundschau

Frankfurt – Der Streit zwischen Streamingdienst DAZN und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) weitet sich zu einer wahren Schlammschlacht aus. Am Wochenende schickte der renitente Internet-Sportsender eine Mail an alle 36 Lizenzklubs, in der er der DFL „Verleumdungen“ unterstellte, denen DAZN „vehement widersprechen“ müsste. Die Stoßrichtung des Schreibens ist offenkundig: DAZN will einen Keil zwischen die DFL-Geschäftsleitung mit Steffen Merkel und Marc Lenz in der Spitze und die Lizenzvereine treiben. Das ist, wie der FR aus Präsidiumskreisen erfuhr, bisher jedoch nicht gelungen.

DAZN überweist Gelder erst später und sucht dann die Schuld bei der DFL

Der Sender gibt in der Mail, die der Frankfurter Rundschau vorliegt, unumwunden zu, dass er die DFL im Februar 2024 gebeten hat, die für diesen März und April vertraglich vereinbarten Zahlungen bitte erst im Dezember zahlen zu müssen. Also mehr als ein halbes Jahr später, offenbar aufgrund von Liquiditätsproblemen.

Die DFL-Geschäftsführung habe „den neuen Konditionen freiwillig und einvernehmlich vertraglich ausdrücklich zugestimmt“, dann jedoch aus Sicht von DAZN die Klubs nicht ausreichend geschützt: Denn, so DAZN: „Mit der Zustimmung zu dieser Vereinbarung oblag die Sicherstellung einer Zwischenfinanzierung für die Mitgliederklubs der DFL. Dass die Finanzierung für die Klubs offensichtlich nicht ausreichend von Seiten der DFL abgesichert wurde, kam auch für DAZN äußerst überraschend.“

Als Schlichter vorgeschlagen: der ehemalige DFL-Geschäftsführer Christian Seifert. © imago images/EibnerBundesliga-Vereine müssen zunächst auf TV-Gelder verzichten

Das ist frech formuliert und klingt verdächtig nach dem „Schwarzer-Peter-Prinzip“. Ob DAZN sich damit einen Gefallen getan hat? Eher nicht. Denn somit steht außer Zweifel, was zuvor öffentlich nicht schriftlich bestätigt worden war: Es herrscht kein Zweifel mehr, dass DAZN Zahlungsziele in die Zukunft verschoben hat, also nicht, wie ursprünglich vereinbart, pünktlich zahlte.

Nach FR-Informationen passierte das nicht zum ersten Mal. Die Bundesligisten bekommen deshalb von der DFL die ursprünglich eingeplanten Juni-Zahlungen von DAZN nicht überwiesen. Die Klubs müssen die Millionenausfälle (für einen Mittelklasse-Erstligisten rund drei Millionen Euro), die fest eingeplant waren und nun erst zum Jahresende kommen, in den meisten Fällen durch Bankkredite kompensieren.

Vor diesem Hintergrund erscheint es nachvollziehbar, dass die DFL, die sich am Sonntag auf FR-Anfrage nicht äußern wollte, von dem Streamingdienst für den Verkauf bedeutender zukünftiger Medienrechte für Freitags- und Samstag-Livespiele der Spieljahre 2025 bis 2029 eine zuverlässige Bankbürgschaft verlangt hatte. Weil DAZN diese laut DFL nicht zum erforderlichen Zeitpunkt vorgelegt hat, kam Sky zum Zuge. DAZN schreibt, man habe der DFL ein „wohl um mindestens 320 Millionen Euro höher“ liegendes Angebot unterbreitet. Die DFL habe „unser offenbar erheblich höheres Gebot ohne Anwendung der erforderlichen Sorgfalt übergangen“.

Mediator Seifert soll Streit zwischen DAZN und DFL befrieden

Man kann es auch anders sehen: Die DFL hat möglicherweise aus nachvollziehbaren Gründen darauf geachtet, dass der langjährige zuverlässige Bundesligapartner Sky von DAZN nicht komplett aus dem deutschen Markt gedrängt wird, wie das bereits in der Champions League passiert ist.

Derweil schlägt Ex-Funktionär Wolfgang Holzhäuser im Deutschlandfunk den ehemaligen DFL-Geschäftsführer Christian Seifert als Mediator für den eskalierenden Streit vor. Gerade sieht es aber verdächtig danach aus, als sei das Tischtuch zwischen DFL und DAZN nicht nur zerrissen, sondern geradezu zerrupft. Ohne weist Seifert darauf hin, dass der Plan von Holzhäuser nicht umgesetzt werden kann. „Der Vorschlag zwischen der DFL und DAZN als Mediator zu agieren, ehrt mich“, sagte Seifert. „Das Verfahren ist allerdings von der Ausschreibung der Pakete über die Gebotsphase bis zur Vergabe sehr detailliert festgelegt und beruht auf einer Verpflichtungszusage der DFL gegenüber dem Bundeskartellamt. Ein Mediationsverfahren ist darin nicht vorgesehen.“

Ab Dienstag soll in einem Schiedsgerichtsverfahren über den Fall verhandelt werden. „Angesichts der in den letzten Wochen entstandenen Situation kann dies auch eine sinnvolle Maßnahme im Sinne aller Beteiligten sein“, sagt der erfahrene Seifert.

Das kann mehrere Monate dauern. Eine weitere auch nur annähernd vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen DFL und DAZN erscheint zum gegenwärtigen Zeitpunkt ausgeschlossen…

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