Marktbericht Zinspolitik im Fokus der Anleger

5 Jun 2023
DAX

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Anleger nehmen Kaufpause DAX klebt über 16.000 Punkten fest

Stand: 05.06.2023 12:23 Uhr

Eigentlich wären die Voraussetzungen für weitere Kursgewinne günstig, trotzdem bleiben die Anleger heute in Deckung. Dabei deuten frische Erzeugerpreise auf eine weiter abnehmende Inflation hin.

Der DAX steigt zur Mittagszeit um 0,1 Prozent auf 16.060 Punkte. "Kann der DAX die Aufwärtsdynamik vom Freitag auch am heutigen Montag weiter fortsetzen, wäre ein weiterer Kursanstieg bis 16.100 und zum noch offenen Gap bei 16.143 Punkten zu erwarten", kommentieren die Fachleute von ING. Es sei nun mit eher weiter steigenden Kursen zu rechnen, solange der DAX über der Unterstützungszone um 15.900 Punkte notiert, lautet ihre Einschätzung. 

Hoffnungen auf eine Zinspause

Im Augenblick dominiert bei den Investoren aber die Vorsicht. "Trotz der Rückkehr des Deutschen Aktienindex über die 16.000er-Marke trauen sich potenzielle Käufer noch nicht wirklich auf das Börsenparkett", beschreibt Konstantin Oldenburger, Marktanalyst bei CMC Markets, die Lage. Oldenburger verweist darauf, dass die Wall Street zuletzt einiges von dem wieder aufgeholt habe, was sie in den vergangenen Monaten gegenüber den europäischen Indizes verloren habe. "Es sieht so aus, als würde vermehrt Kapital von Europa zurück in die USA umgeschichtet, bei einem Plus zum Beispiel im DAX von fast 40 Prozent in nur acht Monaten auch nicht ganz unverständlich", so der Experte.

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei Donner & Reuschel, sieht den Aufwärtstrend an den internationalen Aktienmärkten trotz schwächerer Konjunkturaussichten weiterhin überwiegend intakt. Anleger setzten laut Mumm offenbar auf eine zumindest leichte Wachstumserholung und Zinserhöhungspausen. "Die Zinspolitik rückt wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Und die Aussicht auf eine Zinspause lässt die Herzen der Marktteilnehmer höher schlagen", schreibt Christian Henke, Marktbeobachter bei IG Markets.

Notenbanken im Visier der Anleger

Vor allem die künftige Geldpolitik der Notenbanken steht derzeit im Blickpunkt. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, wird heute Nachmittag im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des EU-Parlaments vor Abgeordneten reden. Die Inflation im Euroraum hatte sich zuletzt abgeschwächt. EZB-Notenbankdirektor Fabio Panetta hatte in der vergangenen Woche gesagt, die EZB sei nah am Zinsgipfel. Die Anleger hoffen nun auf konkrete Hinweise darauf, wie lange die EZB ihren Zinserhöhungskurs zur Eindämmung der Inflation noch weiter verfolgen wird.

Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Erzeugerpreise in der Eurozone von Bedeutung. Sie stiegen im April überraschend langsam und signalisieren damit ein Abebben der hohen Inflation. Die Hersteller in der Industrie erhöhten ihre Preise im April nur noch um 1,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Somit könnte der Spielraum der EZB wachsen.

Fehlende Marktbreite der US-Kursgewinne

Auf Rückenwind aus den USA sollten sich die Anleger heute jedoch lieber nicht verlassen. Derzeit deuten die US-Futures auf einen schwachen Handelsstart an der Wall Street hin. Aktuell thematisieren Experten die Frage, wie breit die Kursgewinne in den USA verteilt sind.

Beat Thoma, Marktbeobachter bei Fisch Asset Management, weist darauf hin, dass die Marktbreite in historisch selten zu beobachtendem Ausmaß abnehme. Seit Mitte März hätten Investoren mit der großen Mehrheit der Aktien nichts mehr verdient. "Von den 500 Aktien im S&P 500 sind nur acht Titel angestiegen (Apple, Tesla, Microsoft, Nvidia, Facebook/Meta, Amazon, Netflix und Google/Alphabet)", unterstreicht Thoma. Mit allen anderen verloren Anleger dagegen Geld. Dies sei laut Thoma ein indirektes Signal einer schnell abfließenden Finanzmarktliquidität und dürfte bald auf die Investorenstimmung drücken.

Inflation in Türkei schwächt sich ab

In der Türkei hat sich die hohe Inflation im Mai weiter abgeschwächt. Im Jahresvergleich stiegen die Verbraucherpreise um 39,6 Prozent, wie das Statistikamt mitteilte. Im vergangenen Jahr war die Rate bis auf rund 85 Prozent gestiegen, seither ist sie rückläufig. Im Monatsvergleich stiegen die Verbraucherpreise nur noch geringfügig. Die Opposition zweifelt die offiziellen Zahlen an und geht davon aus, dass die eigentliche Inflation höher liegt. Die in Istanbul ansässige Inflations-Forschungsgruppe Enag bezifferte die Teuerung für Mai im Jahresvergleich auf rund 109 Prozent.

Förderkürzung treibt Ölpreis

Die Ankündigung einer deutlichen Förderkürzung durch Saudi-Arabien hat die Ölpreise zu Wochenbeginn steigen lassen. Am Morgen legten die Preise sowohl der Nordseesorte Brent als auch der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zu.

Nach einer turbulenten OPEC-Sitzung hatte der Ölriese Saudi-Arabien am Sonntag eine einseitige Kürzung seiner Produktion um eine Million Barrel je Tag zunächst für Juli angekündigt. Das Land führt die gut zwanzig Staaten des Ölkartells OPEC+ gemeinsam mit Russland faktisch an.

Die erweiterte Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC+) will Ölproduktion erneut drosseln. mehr

Luftfahrtverband verdoppelt Gewinnprognose

Nach herben Verlusten in der Corona-Krise winkt Fluggesellschaften in aller Welt im laufenden Jahr mehr als doppelt so viel Gewinn wie bisher gedacht. Auch wegen höherer Ticketpreise dürfte die Branche in diesem Jahr einen Überschuss von 9,8 Milliarden US-Dollar (etwa 9,15 Mrd Euro) erreichen, teilte der Weltluftfahrtverband IATA mit. In seiner bisherigen Gewinnprognose vom Dezember war er von 4,7 Milliarden Dollar ausgegangen.

Henkel kündigt weitere Preiserhöhungen an

Der Persil-Hersteller Henkel hat weitere Preiserhöhungen angekündigt. Bei den Konsumgütern seien Erhöhungen in diesem Jahr notwendig, sagte Konzernchef Carsten Knobel der "Rheinischen Post" (Samstag). Preisverhandlungen mit Handelsketten seien nicht einfach. "Da kann es auch vorkommen, dass einzelne Produkte von uns nicht mehr geliefert werden, wenn es zu keiner Einigung kommt."

Der Manager verwies auf Rohstoff- und Energiepreise. Diese seien für Henkel 2021 und 2022 um drei Milliarden Euro gestiegen. "Das hat unsere Gewinnmarge, trotz aller Sparanstrengungen, deutlich belastet."

Airbus steht kurz vor Rekordauftrag aus Indien

Airbus steht Insidern zufolge kurz vor einem Rekordauftrag aus Indien. Die indische Billigairline IndiGo wolle 500 Maschinen vom Typ A320 bei dem europäischen Flugzeugbauer bestellen, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen am Sonntag. Eine Vereinbarung könnte ein Volumen von rund 50 Milliarden Dollar zu derzeitigen Listenpreisen haben. Signifikante Rabatte sind bei solchen Geschäften allerdings üblich. Airbus lehnte einen Kommentar dazu ab.

Lufthansa-Chef: Beratungen über mögliche TAP-Übernahme zu früh

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hält Beratungen über eine mögliche Übernahme der portugiesischen Fluggesellschaft TAP für verfrüht. Der Privatisierungsprozess für die TAP seitens der Regierung in Lissabon sei noch nicht abgeschlossen, sagte Spohr. Außerdem plane die portugiesische Regierung, TAP in der bevorstehenden Privatisierung nicht komplett zu verkaufen. Stattdessen will sich der Staat eine "strategische Beteiligung" sichern.

1&1-Chef: Werden 5G-Vorgaben der Bundesnetzagentur erfüllen

Der Telekommunikationskonzern 1&1 will nach Angaben seines Chefs Ralph Dommermuth trotz einer Verzögerung beim Ausbau des eigenen Mobilfunknetzes die langfristigen Vorgaben der Bundesnetzagentur erfüllen. Die Baukapazitäten legten zu, sagte Dommermuth der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Wenn es läuft, wie von unseren Ausbaupartnern vertraglich zugesichert, dann werden wir in den nächsten Jahren jeweils 3000 Standorte fertigstellen". Damit würden auch die langfristigen Vorgaben der Bundesnetzagentur erfüllt. Die United-Internet-Tochter hatte zum Jahreswechsel nur fünf statt 1000 5G-Funkmasten fertiggestellt.

UBS vor Abschluss der CS-Übernahme

Die Notübernahme der Schweizer Großbank Credit Suisse durch die größere UBS soll am 12. Juni vollzogen werden. Zu diesem Zeitpunkt werde die Credit Suisse in der UBS aufgehen, teilte die UBS mit. Der Vollzug stehe noch unter dem Vorbehalt, dass die US-Börsenaufsicht SEC dem Vorhaben zustimme. Auch müsse die UBS selbst die übrigen Vollzugsbedingungen als erfüllt ansehen oder auf deren Einhaltung verzichten. Die Aktien der Credit Suisse und ihre US-Hinterlegungsscheine (ADS) würden dann von der Schweizer Börse Six und der New Yorker Börse Nyse genommen.

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