Washington: Störaktion gegen jüdische CNN-Moderatorin

16 Sep 2024
CNN
Die jüdische CNN-Journalistin Dana Bash wurde während einer Buchpräsentation zum Ziel einer konzertierten antisemitischen Störaktion und Pöbelattacke.

Die Politikkorrespondentin und Moderatorin von CNN, Dana Bash, ist ein seit Jahrzehnten bekanntes Gesicht bei dem Nachrichtensender. Sie moderierte gemeinsam mit ihrem Kollegen Jake Tapper die TV-Debatte zwischen Präsident Joe Biden und Donald Trump und interviewte Vizepräsidentin Kamala Harris sowie den republikanischen Vizepräsidentenkandidaten James D. Vance.

Dana Bashs jüdische Identität ist bekannt. Ihre Urgroßeltern und eine ihrer Tanten wurden in Auschwitz ermordet. Gemeinsam mit ihrem CNN-Kollegen Wolf Blitzer, dessen Großeltern väterlicherseits ebenfalls in Auschwitz ermordet wurden, nahm sie im Frühjahr 2023 am Marsch der Lebenden in Auschwitz teil. Sie hat in der Öffentlichkeit über ihre eigene jüdische Kindheit gesprochen, einschließlich der Bat Mizwa, Schabbat-Abendessen und einem jüdischen Sommerlager.

Gerade hat sie ein Buch über die Präsidentschaftswahl in Louisiana von 1872 – America’s Deadliest Election: The Cautionary Tale of the Most Violent Election in American History – veröffentlicht. Es geht um Rassismus, politische Gewalt und die Nord-Süd-Spaltung in den USA in der Ära der »Reconstruction« nach dem Bürgerkrieg. Dabei vergleicht sie die damalige Situation mit der heutigen politischen und gesellschaftlichen Lage.

AIPAC-Verschwörungstheorien

Am 5. September wurde sie zum Ziel einer konzertierten Störaktion und Pöbelattacke während einer Buchvorstellung in der Buchhandlung Politics and Prose in Washington. Bash wurde wiederholt von mehreren maskierten jungen Frauen unterbrochen, die Schimpftiraden von sich gaben, ehe sie vom Sicherheitsdienst hinausbegleitet wurden. Bash hörte sich die Reden an, ohne etwas darauf zu erwidern.

Eine Frau schrie: »Jedes Mal, wenn sie lügt, stirbt ein Viertel in Gaza! Sie bringt Menschen um! Das wissen Sie! Schauen Sie mir in die Augen!« – »Sie haben es nicht verdient, ihr in die Augen zu schauen«, entgegnete ein Zuhörer.

Ein Handyvideo zeigt, wie eine andere Frau Bash vorwarf, »Millionen« von der pro-israelischen Lobbyorganisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee) zu erhalten, mit dem sie ihr »Millionen-Dollar-Haus« bezahlt habe, in dem sie »ganz allein« wohne. Das Geld erhalte sie, um »Lügen über das palästinensische Volk« und die studentischen Demonstrationen und Zeltlager gegen Israel zu erzählen. Die Frau endete mit den Worten: »Währenddessen sterben unsere Familien und Freunde. … Passiert das Ihrer Familie?«

Eine Frau brüllte: »Sie gehören hinter Gitter! Wir wissen, wer Sie sind! Das ist kein Krieg, das ist ein Völkermord. Sie sind Mittäterin des Völkermords!« Während die Sicherheitskräfte sie hinausführten, rief eine andere: »Sie nennen sich eine gute Journalistin. Sagen Sie die Wahrheit! Sie wollen Millionen von Zionisten! Sie wollen Millionen von AIPAC!«

Währenddessen standen zwei Leibwächter bei Dana Bash, griffen aber nicht ein. Die Zuhörer blieben ruhig sitzen. Eine Gefahr für die Sicherheit der Vortragenden bestand angesichts zahlreicher weiterer Ordner offensichtlich nicht. Die Polizei teilte mit, dass es keine Festnahmen gegeben habe.

Auf Anfrage des jüdisch-amerikanischen Magazins The Forward teilte ein Sprecher von AIPAC mit, dass es keine finanzielle Verbindung zwischen AIPAC und Bash gebe und AIPAC Dana Bash keine finanziellen Mittel hat zukommen lassen.

Steigender Hass

Im Jahr 2022 war Dana Bash Moderatorin einer CNN-Dokumentation mit dem Titel Rising Hate: Antisemitism in America. Aus diesem Anlass schilderte sie, wie sie in Sorge um ihren damals zehnjährigen Sohn war, als dieser den Wunsch äußerte, eine Kette mit einem Davidstern zu tragen. Sie wäre nie auf diese Idee gekommen, hatte sie doch selbst auch nie einen Davidstern getragen.

Weil ihrem Sohn so wichtig war, der Welt zu zeigen, »stolzer Jude« zu sein und sie dieser Wunsch emotional berührte, stimmte sie letztlich zu. Dabei sagt sie: »Was ich nicht sagte – und ich schämte mich sogar, es mir selbst einzugestehen –, war, dass es mich nervös machte, dass mein kleiner Sohn der Welt zeigte, dass er Jude ist.«

Der Schauspieler Michael Douglas hatte 2015 in einem Gastbeitrag für die Los Angeles Times darüber reflektiert, wie sein damals 14-jähriger Sohn Dylan geweint hatte, nachdem er während eines Urlaubs in Südeuropa am Swimmingpool wegen einer solchen Kette laut beschimpft worden war: »Nachdem ich ihn beruhigt hatte, ging ich zum Swimmingpool und bat die Bademeister, mir den Mann zu zeigen, der ihn angeschrien hatte. Wir redeten miteinander. Es war keine angenehme Diskussion. Danach setzte ich mich mit meinem Sohn zusammen und sagte: ›Dylan, du hast gerade zum ersten Mal Antisemitismus erlebt.‹«

Bash interviewte für ihre Dokumentation auch Jeff Cohen, eine der Betroffenen bei der Geiselnahme in der Synagoge der Beth-Israel-Gemeinde in Coleyville, Texas, am 15. Januar 2022. Cohen, der Vizepräsident der Gemeinde ist, beschrieb den Täter so: »Er glaubte, wenn er hierherkommt und Juden angreift, dass die Juden alles kontrollieren. Sie würden es also ermöglichen. Juden kontrollieren die Regierung, Juden kontrollieren die Banken, Juden kontrollieren die Medien. Er hat das wirklich geglaubt.«

Nicht bloß Journalistin

Das ist das, was Dana Bash nun – gewiss nicht zum ersten Mal – am eigenen Leib widerfuhr. Für die Personen, die ihre Lesung störten, ist sie nicht bloß Journalistin, sondern eine Personifikation der Macht, der jüdischen Kontrolle der Medien, des den Juden unterstellten Reichtums.

Wäre es den Aktivistinnen darum gegangen, bloß ihren Hass auf Journalisten zur Schau zu stellen, die, tatsächlich oder angeblich, pro-israelisch sind, hätten sie sich andere Ziele suchen können. Die wenigsten Amerikaner, die Israel unterstützen, sind Juden, sondern Christen. Doch die Störer suchten sich nicht irgendeinen Journalisten von Fox News, dem Wall Street Journal, der Washington Times oder einem anderen dezidiert pro-israelischen Medium als Ziel, sondern eine jüdische Journalistin.

CNN-Moderator Jake Tapper twitterte denn auch folgerichtig, Dana Bash sei angegriffen worden, »weil sie Jüdin ist. Ihre Berichterstattung über den Krieg zwischen Israel und Hamas unterscheidet sich in keiner Weise von den meisten anderen Nachrichten, die sowohl das Leid der Juden/Israelis als auch der Palästinenser behandeln. Diese Schikane ist Antisemitismus.«

Jonathan Greenblatt, Geschäftsführer der Anti-Defamation League, twitterte: »Es ist inakzeptabel, solch antisemitische Galle und falsche Anschuldigungen gegen eine jüdisch-amerikanische Journalistin zu speien. @DanaBashCNN hat dies mit Anstand gehandhabt, aber niemand sollte diesen schrecklichen Hass erleben müssen. Wir können nicht zulassen, dass dies zur neuen Normalität wird.«

Alyssa Farah Griffin, Co-Moderatorin von »The View« bei ABC, CNN-Kommentatorin und ehemalige Kommunikationsberaterin des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, bezeichnete die Störaktion als »Belästigung«, die »nichts mit der Berichterstattung von CNN zu tun hat, sondern einzig und allein damit, dass Dana Jüdin ist. Es ist abscheulicher Antisemitismus vor aller Augen.«

Juden zu Zielscheiben gemacht

Erst kürzlich wurde in New York nachts das Haus der jüdischen Direktorin des Brooklyn Museums wegen einer unterstellten finanziellen Verbindung des Museums zu Israel mit Parolen beschmiert. Auch hier spielte so wie bei Dana Bash bei den antisemitischen Vorwürfen Geld eine Rolle.

Juden werden ins Visier genommen. Jüdische Organisationen werden auf Stadtplänen als Ziele markiert. Zahra Billoo, Direktorin der islamistischen Lobbyorganisation CAIR in San Francisco und früher im Vorstand des Women’s March on Washington, hatte schon 2021 dazu aufgerufen, »die Punkte zu verbinden«. Es gebe eine »Verbindung zwischen Islamophobie und Zionismus«.

Man müsse nicht nur die »vehementen Faschisten« bekämpfen, sondern auch »die höflichen Zionisten, die sagen, lasst uns einfach zusammen Brot brechen«. »Wir müssen der Anti-Defamation League Beachtung schenken, wir müssen der Jewish Federation Beachtung schenken, wir müssen den zionistischen Synagogen Beachtung schenken, wir müssen den Hillel-Gruppen an unseren Universitäten Beachtung schenken.«

Angriffe auf eine jüdische Journalistin und eine jüdische Museumsdirektorin sind die Frucht dieser ideologischen Saat.

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