Ebenbauer: "Die Champions League ist unser größtes ...
Gehört der Österreicher-Topf reformiert, wie auf die steigenden Legionärszahlen reagieren, wie viele TV-Abos kann man Fußballfans zumuten und warum gab es so ein Hin und Her um die Punktabzüge nach dem Skandal-Derby? Der kicker stellte Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer die akuten Fragen zur Lage der Liga.
Herr Vorstand, wie würden Sie die aktuelle Lage der Bundesliga beschreiben?
Die ADMIRAL Bundesliga, also die höchste Spielklasse, ist aus meiner Sicht top. Das TV-Format passt, die Spannung passt, die Zuschauer kommen, egal ob vor dem Fernseher oder im Stadion, deshalb ist das ein gelungenes Produkt und eine gelungene Reform gewesen. Dass wir im nächsten halben Jahr wieder über die Punkteteilung diskutieren werden, ist Fakt und aus sportlicher Sicht auch verständlich. Es muss andersrum aber auch verständlich sein, dass dieses Format hilft, wenn man höchstmögliche Spannung haben will und es beispielsweise um den Verkauf von Medienrechten geht.
Bundesliga - 15. Spieltag
International haben wir in der UEFA-Wertung in den vergangenen Jahren überperformt. Wenn man die wirtschaftlichen Voraussetzungen damit vergleicht, was sportlich erreicht wurde, kann man den Klubs nur gratulieren. Wir sind mit dem aktuellen Rückfall auf Platz 13 jetzt zwar weg von der Überperformance, aber auf einem Niveau, wo wir im Prinzip laut UEFA-Benchmark-Report auch hingehören. Jetzt hoffen wir, dass von unseren erstmalig zwei Champions-League-Teilnehmern noch etwas mehr Punkte kommen.
Mit der 2. Liga sind Sie nicht so zufrieden?
In der ADMIRAL 2. Liga ist das Bild an sich auch sehr gut. Die Dichte funktioniert, der Zuschauerandrang und das Image passen. Wie wir aus Marktforschungen wissen, genießt die 2. Liga einen hohen Stellenwert in Österreich, höher sogar als viele internationalen Ligen. Allerdings mit dem Pferdefuß, dass der Trend wieder massiv zum Vollprofibetrieb geht. Der Sinn der Reform war ursprünglich aber, dass man in der 2. Liga in den semiprofessionellen Betrieb zurückgehen kann und sich maximal vier oder fünf Klubs in den Vollprofibetrieb begeben. Das ist ein Punkt, bei dem man ansetzen muss, weil es langfristig nicht funktionieren wird. Bei allen Förderungen, die es vonseiten der Bundesliga, des ÖFB und auch der Bundesliga-Klubs gibt, wäre es wichtig, dass sich alle Klubs nur den Schuh anziehen, der für sie auch passt.
Das heißt, die Klubs tendieren dazu, sich zu übernehmen?
Unser Hauptziel ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass es auch Klubs gibt, die sagen, in der 2. Liga fühlen wir uns wohl, das ist unser Maximum. Das ist aber derzeit nicht gegeben, weil zu viele die 2. Liga nur als Zwischenliga sehen, weil sie im Profibetrieb wirtschaftlich so schwierig ist. Der Übergang zwischen Amateur und Profibetrieb, der in den meisten Ländern zwischen zwei Ligen stattfindet, bei uns aber innerhalb einer Liga, ist so gut wie nie selbsttragend. Ohne die Unterstützung der Klubs aus der höchsten Spielkasse ist es nicht möglich, diese Drehscheibe für die Entwicklung der jungen Spieler in der 2. Liga aufrechtzuerhalten. Diese Solidarität kann aber nicht so weit gehen, dass oben die Distanz zwischen den Klubs noch größer wird. Mittlerweile unterstützen die großen Klubs die Zweitligaklubs alleine aus den TV-Geldern mit 3,8 Millionen Euro pro Saison.
In der Champions League ist ein Tabubruch passiert, es gibt erstmals eine Liga, in der nicht mehr alle gegeneinander spielen. Wäre so ein Gebilde auch in Österreich denkbar?
Denkbar ja, es wird aber für Länder wie Österreich nicht relevant sein. Das Format der Liga ist ja durch die Anzahl der Klubs bedingt. Wenn man ganz Europa mit 55 Nationen heranzieht, von denen nur die 36-Top Klubs in der Liga dabei sind, ist es etwas anderes als in einer nationalen Liga. Bei der Anzahl der Klubs, die wir in Österreich haben, die von allen Rahmenbedingungen her top sind, kommst du gar nicht in die Verlegenheit, an so ein Ligenmodell zu denken.
Aber wäre es vielleicht eine Möglichkeit, erste und zweite Bundesliga unter einen Hut zu bringen?
Da gäbe es keine sportliche Dichte mehr. Wir müssen aber die europäischen Klubbewerbe im Auge behalten, die das Höchste im Klubfußball darstellen, aber auch der größte Konkurrent für sämtliche Bewerbe in Europa sind. In Österreich ist völlig klar, dass die Champions League das größte Konkurrenzprodukt ist, wenn es darum geht, dass wir Rechte verkaufen. In Skandinavien ist das die Premier League. Durch die Reform gibt es fast schon so viele Champions-League-Spiele, nämlich 173, wie unsere 195 Bundesliga-Spiele. Die Unternehmen haben aber nur ein Gesamtbudget, das sie verteilen. Nichtsdestotrotz will jeder Klub schauen, dass er in diese Bewerbe kommt, nicht nur weil es Renommee bringt, sondern vor allem Geld.
Damit sind wir mittendrin im TV-Thema. Immer mehr Fußballfans beschweren sich, dass man mittlerweile fünf TV-Abos braucht, um alle Bewerbe abzudecken. Kann die Bundesliga in den Verhandlungen um einen neuen TV-Vertrag Rücksicht nehmen, dass wieder mehr heimische Liga im Free-TV zu sehen sein wird?
Uns geht es vor allem um bestmögliches Wachstum in alle Richtungen. Wir fragen: Was wollen die Fans, dann fragen wir, was wollen die Klubs? Da kann es schon zu Unterschieden kommen. Die Marktumfrage bei den Fans fragt vor allem, was jene an den Endgeräten wollen, bei den Klubs geht es mehr darum, was die Fans im Stadion wollen. Dann geht man zu den TV-Partnern und fragt, was ist für euch interessant? Das ist ein riesiges Potpourri an Interessen.
Bei uns hatten wir nie mehr als ein Pay-TV-Angebot, aber natürlich muss es unser Ziel sein, eine Wettbewerbssituation herbeizuführen. Und die Frage, was im Free TV zu sehen sein soll, ist natürlich eine wesentliche. Ich glaube, dass der Schritt mit dem Sky-Vertrag ein sehr wichtiger war. Für uns ist aber auch wichtig, dass jeder Fan des österreichischen Fußballs zumindest Highlights von allen Spielen möglichst zeitnah konsumieren kann. Dass ein gewisser Anteil an Free-TV schon aus Promotion-Zwecken sinnvoll ist, finde ich gut und ist derzeit mit den Saisoneröffnungsspielen gut gelöst.
Der Österreicher-Topf hat auch dazu geführt, dass Spielervermittler mit den Ansprüchen für österreichische Spieler massiv hinaufgegangen sind, weil versucht wird, das an die Klubs ausgeschüttete Geld einzupreisen. Das ist sicher ein Aspekt, den wir auch beleuchten müssen.
Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer
Ein anderes oft diskutiertes Thema ist der Österreicher-Topf, der sich 20 Jahre lang bewährt hat, zuletzt aber immer weniger Zuspruch gefunden hat. Gibt es schon eine Idee, wie er reformiert werden soll?
Wichtig ist mir zu sagen, dass vergleichbare Ligen noch weit über uns stehen, was den Leigonärsanteil betrifft. Schottland hat 66,3 Prozent, wir sind derzeit bei 44,5 Prozent, die Schweizer bei 53,6 Prozent. Dass die Österreicher-Zahlen leicht sinken in den letzten Jahren, muss man zur Kenntnis nehmen. Der Österreicher-Topf ist aber immer noch ein wichtiges Instrument, um heimische Spieler zu fördern. Aber, der Österreicher-Topf hat auch dazu geführt, dass Spielervermittler mit den Ansprüchen für österreichische Spieler massiv hinaufgegangen sind, weil versucht wird, das an die Klubs ausgeschüttete Geld einzupreisen. Das ist sicher ein Aspekt, den wir auch beleuchten müssen. Wir sind uns aber mit den Klubs einig, dass wir in dieser TV-Periode bis Ende Juni 2026 nichts ändern werden, mit dem neuen Verteilungsschlüssel des neuen Vertrages wird man sicher auch den Österreicher-Topf neu evaluieren. Da kann ich mir schon vorstellen, dass es Anpassungen geben wird. In der 2. Liga, wo Spieler entwickelt und ausgebildet werden, ist er immer noch ein sehr wichtiges Tool.
Wird man den Spitzenklubs entgegenkommen müssen?
Da sieht man auch wieder den starken Einfluss der UEFA-Bewerbe. Gerade die Klubs, die international tätig sind, sagen, dass es schwer möglich ist, mit so einer hohen Zahl an österreichischen Spielern auszukommen. Wir haben mittlerweile so viele Spieler im Ausland, dass man auch mit Legionären auffüllen muss. Trotzdem muss man zwölf österreichische Spieler auf dem Spielbericht haben, um am Topf zu partizipieren, das wird immer schwieriger. Was im Sinne der Spitzenklubs kommen könnte, ist, dass die Spieltagskader zukünftig auf 20 Spieler aufgestockt werden, weil vor allem die großen Klubs sagen, dass sie die Breite brauchen.
Der Abbau des Negativkapitals um zehn Prozent pro Saison wird bei der Lizenzierung zum A-Kriterium. Muss man sich da schon Sorgen machen?
Ich hoffe nicht. Mit der Veröffentlichung der Finanzkennzahlen der vergangenen Saison am 2. Dezember wird man einen ersten Statusbericht sehen. Dass es in der allgemeinen wirtschaftlichen Situation da und dort schwerer werden könnte, kann ich mir vorstellen, aber in der höchsten Spielklasse ist die wirtschaftliche Lage, wenn man die letzten 20 Jahre betrachtet, gut. In der 2. Liga würde es möglicherweise anders aussehen, aber dort ist es ja kein Zulassungskriterium.
Besonders stark ins Schussfeld ist die Bundesliga bei den Strafen nach den diversen "Skandal-Derbys" gekommen. Vor allem das Hin und Her bei den Punkteabzügen war schwer nachvollziehbar. Wären sie nicht haltbar gewesen?
Der ursprüngliche Beschluss zu Punktabzügen bei Fanfehlverhalten stammt noch aus dem Jahr 2018. Dann ist COVID gekommen, da gab es lange nichts und als es dann wieder losgegangen ist, haben wir uns bald damit auseinandersetzen müssen, was die Auswirkungen sind, wenn wir so weiter tun. Wir haben uns dann mit allen internationalen Ligen in London zusammengesetzt und ausgetauscht. Herausgekommen ist, dass es kein Land in Europa gibt, wo Punkteabzüge wegen Fanverhaltens durchgesetzt werden. Einzige Ausnahme war Griechenland, wo es zu einem Abzug von einem Punkt gekommen war, der aber vom CAS aufgehoben wurde. Heute werden auch in Griechenland keine Punkteabzüge mehr ausgesprochen. In Gesprächen mit den Klubs sind wir dann zum Entschluss gekommen, dass der Punktabzug nicht das Mittel der Wahl sein kann, weil es zu weit eingreifend in den sportlichen Bereich ist. Mit dem möglichen Ausschluss von Zuschauern bei wiederholtem oder gravierendem Fehlverhalten hat man immer noch ein Mittel, das sehr drastisch ist. Ziel ist aber natürlich immer, dass man diese Sanktionen gar nicht erst setzen muss.
Horst Hötsch