Syrien: Eine Million Captagon-Pillen verbrannt

13 Stunden vor
Captagon
Syrien Eine Million Captagon-Pillen gehen in Flammen auf

Stand: 25.12.2024 17:23 Uhr

Für das Assad-Regime war der Handel mit Drogen eine wichtige Einnahmequelle. Gleich nach dessen Sturz begannen die neuen syrischen Machthaber mit dem Kampf gegen den Drogenhandel. Nun vernichteten sie einen großen Fund in Damaskus.

Dass das Assad-Regime in großem Maßstab Drogen produziert und vertrieben und damit vor allem arabische Staaten überschwemmt hatte, das war schon vor seinem Sturz bekannt. Nun haben die neuen islamistischen Machthaber in Syrien einen Rauschgiftfund vernichtet.

Neben großen Mengen Cannabis und des Schmerzmittels Tramadol wurden rund eine Million Captagon-Pillen auf einem Gelände in der Hauptstadt Damaskus verbrannt. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Ein Videojournalist der Agentur beobachtete, wie in der Hauptstadt Damaskus im Hof eines Gebäudes des früheren syrischen Sicherheitsapparats Feuer an die Drogen gelegt wurde.

Zuletzt wichtigstes syrisches Exportgut

"Wir haben eine große Menge Captagon gefunden, etwa eine Million Pillen", sagte ein Vertreter der neuen Machthaber demnach. Bei dem Drogenfund handelte es sich den AFP-Angaben zufolge um ein Lager mit Cannabis, dem Schmerzmittel Tramadol und etwa 50 Tüten mit rosafarbenen Captagon-Pillen.

Ein weiterer Mitarbeiter der neu installierten Sicherheitskräfte sagte, das Lager mit Drogen und auch Alkohol sei bei einer Inspektion des Viertels entdeckt worden. Die Drogen wie auch der Alkohol seien vernichtet worden, um "die syrische Gesellschaft zu schützen" und Schmuggelrouten zu kappen, die für die geschäftlichen Aktivitäten der Assad-Familie genutzt worden seien. Es sei nicht das erste Mal, dass beschlagnahmte Drogenvorräte vernichtet würden. Die neuen Sicherheitskräfte hätten Drogenlager und -labore auch an anderen Orten entdeckt und "auf angemessene Weise zerstört". 

Der Handel mit Captagon hatte Syrien unter dem gestürzten langjährigen Machthaber Baschar al-Assad zum größten Drogenstaat der Welt gemacht. Captagon war das mit Abstand wichtigste Exportgut Syriens und stellte alle legalen Ausfuhren in den Schatten, wie Recherchen von AFP auf der Grundlage offizieller Daten 2022 ergeben hatten. Als treibende Kraft hinter dem Captagon-Handel galt der Militärkommandeur Maher al-Assad, Bruder des früheren Staatschefs. 

"Kokain des kleinen Mannes"

Captagon ist eine synthetische Droge in Tablettenform, die ursprünglich in den 1960er-Jahren in Deutschland als ein Medikament gegen ADHS hergestellt und später wegen gefährlicher Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde. Es gilt als "Kokain des kleinen Mannes" und ist vor allem im Nahen und Mittleren Osten verbreitet.

Saudi-Arabien ist in der Region der größte Markt. Dort ist Captagon die Partydroge der reichen Elite und weit weniger tabu als Alkohol. Aber auch einfache Arbeiter putschen sich damit auf, um dem höllischen Arbeitstempo standhalten zu können. Ursprünglich wurde Captagon als Medikament gegen Narkolepsie und Aufmerksamkeitsstörungen verwendet.

HTS kündigte Feldzug gegen Drogen an

Vor knapp zweieinhalb Wochen hatten Kämpfer der Islamistenmiliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündeter Gruppen die Hauptstadt Damaskus eingenommen und die jahrzehntelange Herrschaft der Assad-Familie beendet. Seitdem bemühen sich die neuen Machthaber, die Neuordnung der staatlichen Strukturen und den Wiederaufbau des durch den fast 14-jährigen Bürgerkrieg schwer gezeichneten Landes voranzutreiben.

Ahmed Al Sharaa, der neue starke Mann in Damaskus, hatte gleich nach dem Umsturz einen Feldzug gegen Drogen angekündigt. Seither dringen immer wieder Aufnahmen von Produktionsanlagen und Lager vor allem mit Captagon an die Öffentlichkeit.

Eine saudiarabische Delegation hatte zudem am Sonntag in Damaskus mit al-Scharaa über die Eindämmung des Captagon-Handels gesprochen. 

Milliardeneinkünfte für Assad - und seine Gegner

Die USA hatten bereits 2023 Sanktionen gegen Mitglieder der Familie des mittlerweile gestürzten Präsidenten Assad wegen mutmaßlicher Beteiligung an Herstellung und Ausfuhr des Aufputschmittels verhängt. Nach amerikanischen Angaben hatte der Clan des Diktators allein im Jahr 2021 bis zu 5,7 Milliarden US-Dollar mit dem Verkauf von Captagon eingespielt.

Allerdings finanzieren sich offenbar auch einzelne Rebellengruppen mit Drogenherstellung und -verkauf. Auch soll das von Ahmed al Sharaa geführte islamistische Bündnis HTS Captagon-Labore in Regionen unter seiner Kontrolle toleriert und besteuert haben.

Mit Informationen von Sabina Matthay, ARD Studio Kairo und Katharina Köll, WDR

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