Drogen-Geschäfte: Wie sich die Assads ihr Luxusleben finanzierten

5 Stunden vor
Captagon

Der Assad-Clan lebte während seiner Herrschaft über Syrien in einer luxuriösen Scheinwelt - abgekoppelt von der brutalen Realität des Landes. Doch wie konnte sich die syrische Machthaberfamilie trotz internationaler Sanktionen und einer spätestens mit Beginn des Bürgerkriegs brach liegenden Wirtschaft dieses Luxusleben leisten? Möglich war das nur, indem Syrien unter der Herrschaft der al-Assads zu einem Narcos-Staat avancierte und den Nahen Osten mit der Billig-Droge Captagon überschwemmte.

Die Produktion von Captagon - einer Droge auf Amphetamin-Basis - erlebte spätestens mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 in Syrien ein Niveau im industriellen Maßstab. Es gilt als Soldatendroge, da es Müdigkeit und Ängste unterdrückt, gleichzeitig aufputschend wirkt, aber hochgradig abhängig macht. Auch im Sport wurde das Amphetamin als Doping-Mittel eingesetzt. Mit der Produktion und dem Vertrieb der Droge nahm der Assad-Clan Milliarden-Summen ein und finanzierte sich so den Lebensunterhalt. In einer Analyse schreibt der Islamwissenschaftler Caspar Schliephack: „Das Assad-Regime nutzt die Erlöse aus dem milliardenschweren illegalen Captagon-Business, um trotz Sanktionen überlebensfähig zu bleiben..“

Captagon: Vom Balkan in den Nahen Osten

Die Droge wurde bis Mitte der 2000er Jahre vor allem auf dem Balkan hergestellt. Die Hisbollah im Libanon und Baschar al-Assad erkannten das milliardenschwere Potenzial der Droge. Sie forcierten die Verlagerung der Produktion in den Nahen Osten und bauten diese massiv aus. So entwickelten sich in Syrien und dem Libanon im vergangenen zwei Jahrzehnten Drogenkartelle - geführt von Mitgliedern des Assad-Clans und ihnen nahestehenden Personen sowie Hisbollah-Milizionären. Es etablierte sich eine regelrechte Drogen-Industrie, Syrien wurde zum Narcos-Staat.

Und die Einnahmen sprudelten. So soll Syrien allein in den Jahren 2020 konservativ geschätzt rund 3,46 Milliarden US-Dollar sowie 2021 mindestens 5,7 Milliarden US-Dollar aus dem Verkauf von Captagon erwirtschaftet haben, wie eine Studie des Newsline Instituts 2022 ergab. Andere Quellen gehen von jährlichen Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe aus. Wie sehr die Familie al-Assad in den Drogenhandel direkt verstrickt ist, zeigt die 2023 veröffentlichte Sanktionsliste der EU, auf der 25 Personen und acht Organisationen genannt wurden. Darunter auch den Cousin des damaligen Machthabers Baschar al-Assad sowie Mitglieder regierungsnaher Milizen und Geschäftsleute, die beste Verbindungen zur Herrscherfamilie hatten.

Nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 geriet Europa in den Fokus der Captagon-Schmuggler. Es wurde zunehmend ein beliebter Umschlagplatz für die Drogen. Die Funde, besonders in Deutschland, häuften sich. 2023 wurde im Nachbarland Österreichs der bisher größte Fund bekannt: Rund zwei Millionen Captagon-Pillen im Wert von etwa 60 Millionen Euro entdeckte der deutsche Zoll in Aachen (Nordrhein-Westfalen). Vier Syrer wurden festgenommen. Bestimmt waren die Tabletten vermutlich für den arabischen Markt, die nur zum Transit nach Europa kamen.

Europa als Transitland für Captagon-Schmuggel

Besonders Deutschland fungierte als Transitland, da Syriens Nachbarländer wie Jordanien und Saudi-Arabien die Grenzkontrollen massiv verstärkten. Scheinbar unbedenkliche Ware, die aus Europa stammt, minimierte für die Schmuggler die Gefahr von Kontrollen in den Zielländern. Beschlagnahmte Ware war meist gut getarnt, in Paketen mit Bremszylindern ebenso wie in ausgehöhlten Früchten.

Wie geht es mit Captagon nach Assads Sturz weiter?

Sowohl die EU als auch die USA sahen bisher Angehörige der Familie Assad direkt in den Captagon-Handel involviert. Ist nach dem Sturz des Diktators die Captagon-Produktion und der Vertrieb der Droge ebenfalls zusammengebrochen? Nach aktuellen Meldungen aus Syrien sollen bereits an verschiedenen Stellen im Land Captagon-Fabriken ausgehoben worden sein. Wie der Sender Al Arabiya auf X meldet, wurden etwa auf dem syrischen Luftwaffenstützpunkt Mezzeh südlich von Damaskus Millionen Captagon-Tabletten gefunden und verbrannt.

Ein anderes Video auf X zeigt angeblich eine Lagerhalle im Hauptquartier einer Militärdivision nahe Damaskus, die von Assads Bruder Maher kommandiert wurde. Unabhängig bestätigen lassen sich die Orte der Aufnahmen derzeit nicht.

Rebellenführer Mohammad al Jolani sagte am Sonntag nach seiner Ankunft in Damaskus zwar, Syrien sei „zur weltweit größten Quelle von Captagon geworden. Doch heute wird Syrien durch die Gnade des allmächtigen Gottes gereinigt“. Ob mit dem Sturz des Regimes auch der Zusammenbruch der Captagon-Kartelle verbunden ist, bleibt unklar. Denn Geld zum Wiederaufbau des Landes brauchen auch die neuen Machthaber. Wenn die internationale Unterstützung künftig fehlt, könnte Syrien auch weiterhin ein Hotspot für Captagon bleiben. Und der künftige US-Präsident Donald Trump hatte bereits am Tag des Assad-Sturzes klargemacht, dass eine Trump-Administration kein Interesse habe, sich in Syrien zu engagieren.

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