Kultur: Buch Wien von Nida-Rümelin eröffnet
Kultur
Die Buchmesse Buch Wien hat am Mittwoch ihre Tore geöffnet – mit einer Eröffnungsrede des deutschen Philosophen und früheren Kulturstaatsministers Julian Nida-Rümelin zur Zukunft der Demokratie und einer „Langen Nacht der Bücher“. Bis Sonntag folgen 412 Veranstaltungen.
Online seit gestern, 19.51 Uhr
Nida-Rümelin sprach in seiner frei gehaltenen Rede über die „politische Orientierung in fordernder Zeit“. Das ist auch der Untertitel seines aktuellen Buches. „Wir müssen schauen, dass die Demokratie stabilisiert wird“, appellierte der 69-Jährige etwa. „Dazu gehört, dass die Menschen den Eindruck haben, über die Grundrichtungen der Politik entscheiden zu können und Gewählte die Möglichkeit haben, etwas zu gestalten.“
Die „massive Resonanz des Rechtspopulismus“ resultiere daraus, dass der Eindruck entstanden sei, „dass demokratische Kräfte nicht in der Lage sind, die großen Menschheitsherausforderungen zu lösen“. Es herrsche ein „Gefühl eines Kontrollverlusts des Politischen in der Demokratie“. Umso mehr gehe es darum „innerhalb des demokratischen Spektrums zu streiten, um die Herausforderungen zu bewältigen“.
Fotostrecke mit 4 Bildern Forderung nach weniger Mehrwertsteuer auf BücherNida-Rümelin brach weiters eine Lanze für die Buchpreisbindung: Diese Maßnahme sichere nach wie vor „die kulturelle Verantwortung der Branche“, in der Bestseller auch „Bücher, die kein Marktrenner sind, quersubventionieren“. Nida-Rümelin hatte die Buchpreisbindung einst als Kulturstaatsminister in Deutschland eingeführt, nach französischem Vorbild.
„Bücher können ein Garant gegen Fake News und Missinformation sein“, unterstrich Benedikt Föger, Präsident des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels (HVB), in seiner Begrüßung in der prall gefüllten Halle D der Messe Wien. Föger verwies auch auf die prekäre Situation des Buchmarktes aufgrund von Inflation und branchenspezifischen Teuerungen. Er bekräftigte in Richtung einer künftigen Regierung seine Forderung nach einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Bücher.
Buch Wien startet mit viel Prominenz
Kulturminister Kogler befürchtet „falsches Sparen“Das Lesen als „vita activa“ wolle die Stadt Wien fördern, betonte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). Es gehe darum, „die Welt lesen zu lernen“, das Lesen könne in Zeiten wie diesen „eine Form der Resistance im Wahrnehmen von Welten sein“.
Kulturminister Werner Kogler (Grüne) unterstrich die Rolle der Kulturförderung als wichtiges Instrument: „Ich sehe herandräuen, dass im Kunst- und Kulturbereich ein Zusammenstreichen droht.“ Ein „falsches Sparen“ gehe auf Kosten der Bildung und Meinungsvielfalt.
300 Aussteller aus 27 NationenDie Eröffnung der Buch Wien wird traditionell mit einer „Langen Nacht der Bücher“ begangen. Dabei lesen etwa die Satirikerin und Autorin Toxische Pommes, Joachim Meyerhoff und Robert Palfrader. Die 412 Veranstaltungen bis 24. November sollen zum Meinungsaustausch und zur internationalen Vernetzung genutzt werden.
Insgesamt präsentieren sich 300 Aussteller aus 27 Nationen. Mit „Politik & Sicherheitspolitik“, „Wirtschaft & Finanzen“ und „Wissenschaft & Technologie“ setzt man heuer drei neue Themenschwerpunkte, denen unter dem Motto „Sturm und Wissensdrang“ eine eigene Veranstaltungsreihe gewidmet ist, die neue Science Lounge sagt „der Wissenschaftsskepsis den Kampf an“.
Im prallvollen Belletristikprogramm finden sich sowohl heimische als auch internationale Autorinnen und Autoren, darunter Arno Geiger, Barbara Zeman, Joachim Meyerhoff und Mircea Cartarescu. Im Vorjahr hatte die Buch Wien 58.000 Besucherinnen und Besucher angezogen.
300 Ausstellerinnen und Aussteller sind bei der heurigen Buch Wien dabei Vergabe zahlreicher BuchpreiseBereits am Montag wurde der Österreichische Buchpreis vergeben. Reinhard Kaiser-Mühlecker erhielt für seinen Roman „Brennende Felder“ den Hauptpreis, der mit 20.000 Euro dotiert ist. Der mit 10.000 Euro dotierte Debütpreis wurde der in Wien lebenden Deutschen Frieda Paris (38) für ihr Langgedicht „Nachwasser“ zugesprochen.
Die Gewinnerinnen und der Gewinner der Wiener Kinder- und Jugendbuchpreise stehen zwar ebenfalls schon fest. Die Preisverleihung findet jedoch am Samstag statt. Ausgezeichnet werden „Bio-Diversi-Was? Reise in die fantastische Welt der Artenvielfalt“ von Andrea Grill und Sandra Neuditschko, der historische Roman „Der Rosengarten. Rosa, der Krieg und das Niemandsland“ von Kathrin Steinberger und der Lyrikband „was keiner kapiert“ von Michael Hammerschmid und Barbara Hoffmann. Den Illustrationspreis erhält Linda Wolfsgruber für ihre Interpretation der biblischen Schöpfungsgeschichte.
Am Samstag wird der Wiener Comicpreis von der Österreichischen Gesellschaft für Comics vergeben. Nominiert sind Janne Marie Dauer mit „Auerhaus“, Regina Hofer und Leopold Maurer mit „F 22.0“ und Lukas Weidinger mit „Opus Tropus“. Abstimmen kann man zudem über das Wissenschaftsbuch des Jahres. Alle nominierten Bücher sind bei der Buch Wien vertreten.