Seneszente Zellen: Mit KI das Brustkrebs-Risiko vorhersagen?

Brust­krebs ist in Deutschland die mit Abstand häufigste Krebserkrankung der Frau. / Foto: Adobe Stock/Estebian Darger (KI-generiert)

Brustkrebs - Figure 1
Foto Pharmazeutische Zeitung online

Entwickelt wurde die Deep-Learning-Technologie an der Universität Kopenhagen. Sie wurde an Zellen trainiert, die gezielt geschädigt und so zur Seneszenz gebracht wurden. Sogenannte seneszente Zellen (»gealterte« Zellen) sind zwar noch stoffwechselaktiv, können sich aber nicht mehr teilen. »Wir bezeichnen sie manchmal als Zombie-Zellen, weil sie einen Teil ihrer Funktion verloren haben, aber nicht ganz tot sind«, erläutert Erstautor Dr. Indra Heckenbach in einer Mitteilung der Universität. »Sie sind mit der Entstehung von Krebs assoziiert, weshalb wir den Algorithmus zur Vorhersage der Zellseneszenz entwickelt und trainiert haben.«

Welche Rolle seneszente Zellen bei der Krebsentstehung genau spielen, sei jedoch noch nicht hinreichend verstanden, schreibt das Team um Heckenbach. So deuten frühere Untersuchungen einerseits darauf hin, dass der seneszente Zustand die autonome Zellproliferation begrenzen kann, aber andererseits, dass seneszente Zellen über proinflammatorische parakrine Faktoren auch die Tumorentwicklung fördern können.

In einer retrospektiven Kohortenstudie wollten die Forschenden daher die klinische Relevanz von Seneszenzmarkern bei der Entstehung von Brustkrebs genauer untersuchen. Dazu haben sie besagte Technologie zur Vorhersage der Seneszenz bei Brustgewebsbiopsien von 4382 gesunden Frauen angewendet. Konkret wurden histologische Aufnahmen von Epithel-, Stroma- und Fettgewebe der Proben untersucht. »Unser Algorithmus betrachtet insbesondere, wie die Zellkerne geformt sind, denn die Kerne werden unregelmäßiger, wenn die Zellen seneszent sind«, erklärt Heckenbach.

Während des zehnjährigen Nachbeobachtungszeitraums erkrankten 86 Teilnehmerinnen (etwa 2 Prozent) an Brustkrebs. Um die Ergebnisse der Seneszenz-basierten Krebsvorhersage vergleichen zu können, hatten die Forschenden zum Zeitpunkt der Gewebespende außerdem sogenannte Fünf-Jahres-Gail-Scores zur Risikoprognose erstellt, die auf der medizinischen und reproduktiven Vorgeschichte einer Frau sowie der Brustkrebsvorgeschichte ihrer Verwandten ersten Grades basieren.

Die Gruppe kommt zu dem Ergebnis, dass Deep-Learning-Modelle zur Bewertung der seneszenzassoziierten Kernmorphologie grundsätzlich verwendet werden können, um das Brustkrebsrisiko vorherzusagen. Wie sie berichten, waren mit ihrer Technologie teilweise sogar bessere Vorhersagen möglich als mit dem Gail-Modell allein.

»Wir haben festgestellt, dass wenn wir zwei unserer eigenen Modelle oder eines unserer Modelle mit dem Gail-Score kombinieren, Ergebnisse erhalten, die das Krebsrisiko viel besser vorhersagen. Eine Modellkombination ergab ein Odds Ratio von 4,70 und das ist enorm. Es ist schon beachtlich, wenn wir Zellen aus einer ansonsten gesunden Gewebeprobe betrachten und vorhersagen können, dass die Spenderin ein fast fünfmal höheres Risiko hat, einige Jahre später an Krebs zu erkranken«, kommentiert Heckenbach.

Solche KI-Modelle könnten eine wichtige Rolle bei der Vorhersage des Krebsrisikos spielen, schlussfolgert die Arbeitsgruppe. »Jedes Jahr werden Millionen von Biopsien gemacht und diese Technologie kann uns helfen, Risiken besser zu erkennen und Frauen eine bessere Behandlung zukommen zu lassen«, meint Seniorautor Assistenzprofessor Dr. Morten Scheibye-Knudsen. Ein klinischer Einsatz sei aber noch weit entfernt.

Der 1. Oktober ist der internationale Brustkrebstag und läutet den Brustkrebsmonat Oktober ein. Dieser soll auf die Situation von Erkrankten aufmerksam machen und weltweit die Themen Prävention, Früherkennung und Erforschung von Brustkrebs in den Fokus rücken. In Deutschland ist Brustkrebs laut der Deutschen Krebshilfe mit rund 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr die häufigste Krebsart bei Frauen.

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