Der "Boxing Day" hat Kultstatus
NEWCASTLE. Premier-League-Fußball von 13.30 Uhr bis kurz vor 23 Uhr nahezu ohne Unterbrechung – dafür steht der traditionelle "Boxing Day" in England, der seinen Ursprung im Viktorianischen Zeitalter hat. Es war gängige Praxis der wohlhabenden Bevölkerung, Weihnachtsgeschenke für ihre Bediensteten und ärmere Menschen zu verpacken. Am 26. Dezember hatten die Angestellten traditionell frei und erhielten an diesem Tag von ihren Arbeitgebern ein Weihnachtspaket für sich und ihre Familien. Heutzutage strömen die Massen in die Stadien.
Noch bis in die 1950er-Jahre wurde am Christmas Day, also am 25. Dezember, ein kompletter Spieltag in der obersten englischen Spielklasse ausgetragen. Der heutige Premier-League-Klub Brentford etwa warb damals mit dem sexistischen Slogan: "Männer gehen zum Spiel, während die Frauen in der Küche kochen." Denn nach dem Stadionbesuch gab es traditionell das Festmahl.
Aus logistischen Gründen kam Mitte der 1960er-Jahre der Stefanitag ins Spiel: Mitarbeiter im öffentlichen Nahverkehr bekamen am 25. Dezember frei, also fuhren keine Busse und U-Bahnen.
Der "Boxing Day" 1963, also jener vor exakt 60 Jahren, wird wohl auf ewig in den Geschichtsbüchern verankert sein. Eine Torflut wie damals wird es nie wieder geben, da braucht man kein Prophet zu sein. Ein Blick auf die verrückten Ergebnisse: Blackpool – Chelsea 1:5, Burnley – Manchester United 6:1, Fulham – Ipswich 10:1, Leicester – Everton 2:0, Liverpool – Stoke 6:1, Nottingham Forest – Sheffield United 3:3, Sheffield Wednesday – Bolton 3:0, West Bromwich – Tottenham 4:4, West Ham – Blackburn 2:8, Wolverhampton – Aston Villa 3:3.
Macht nach Adam Riese 66 Volltreffer in zehn Partien und einen unglaublichen Schnitt von 6,6 Toren. Ein magischer Tag für die Goalgetter auf dem Erdball.
Hattrick und ÜberraschungDie gestrige Ouvertüre war ebenfalls ziemlich spektakulär, der Ausgang überraschend. Abstiegskandidat Nottingham Forest düpierte Champions-League-Teilnehmer Newcastle United in dessen Heimstätte St. James’ Park. Der Außenseiter ließ sich auch von einem 0:1-Rückstand nicht aus der Bahn werfen. Zum Matchwinner avancierte ausgerechnet der 32-jährige Ex-Newcastle-Stürmer Chris Wood, der seinen Hattrick (45.+1, 53., 60.) nicht ausschweifend zelebrierte, sondern Respekt vor seinem ehemaligen Arbeitgeber, für den er von Jänner 2022 bis Jänner 2023 am Ball gewesen war, zeigte.