Krieg in Nahost: Stille Weihnachten in Bethlehem
Krieg in Nahost
Für gewöhnlich strömen zu Weihnachten Tausende Menschen durch Bethlehem, den biblischen Geburtsort Jesu im Westjordanland. Schon das zweite Jahr in Folge blieben heuer aber die Besucher aus. Wegen des seit 14 Monaten andauernden Gaza-Krieges fielen die traditionellen Weihnachtsfeiern in Bethlehem auch in diesem Jahr gedämpft aus.
Online seit heute, 7.27 Uhr (Update: 7.25 Uhr)
Die traditionelle Prozession der Christinnen und Christen erreichte Dienstagnachmittag Bethlehem. Die Fahrzeugkolonne aus Jerusalem wurde angeführt von dem höchsten Vertreter der katholischen Kirche im Heiligen Land, Kardinal Pierbattista Pizzaballa. Den letzten Abschnitt des Weges bis zum Krippenplatz in Bethlehem ging der Patriarch zu Fuß. Vor der Geburtskirche wurde er von christlichen Repräsentanten in Empfang genommen.
Als Zeichen der Solidarität hatte Pizzaballa vor Weihnachten die einzige katholische Kirche im Gazastreifen besucht und dort eine Messe zelebriert. Wegen des Gaza-Krieges fallen die traditionellen Weihnachtsfeiern in Bethlehem im Westjordanland wie schon 2023 eher gedämpft aus. „Wir brauchen Hoffnung in diesem Land, das von so viel Gewalt und Hass gezeichnet ist und verletzt durch Missachtung und Angst“, hieß es in der Weihnachtsbotschaft Pizzaballas.
„Ihr seid nicht allein“„Ihr seid nicht allein“, sagte Pizzaballa bei der Mitternachtsmette in der Katharinenkirche direkt neben der Geburtskirche in der kleinen Stadt im Westjordanland. „Ihr seid wirklich ein sichtbares Zeichen der Hoffnung inmitten der Katastrophe der totalen Zerstörung, die euch umgibt.“
Gleichzeitig sagte Pizzaballa, es sei „schwer für mich, in diesem Jahr die Freude von Jesu Geburt zu verkünden, euch und all jenen, die aus aller Welt auf Bethlehem schauen“. Die Weihnachtsgeschichte könne Trost spenden.
Bethlehem wird zur Weihnachtszeit üblicherweise von Tausenden Pilgerinnen und Pilgern besucht. Aufgrund des Gaza-Krieges bleiben ausländische Gäste heuer jedoch aus. Das hat spürbare wirtschaftliche Folgen für die Region.
Verzichtet wurde heuer auf den festlichen Schmuck und die Beleuchtung in den Straßen, das Anzünden eines großen Christbaums auf dem Platz vor der Geburtskirche sowie musikalische Darbietungen von Bands aus aller Welt.
Tourismus völlig eingebrochenSeit dem Beginn des durch den Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 ausgelösten Gaza-Krieges hat auch die Gewalt im von Israel besetzten Westjordanland zugenommen. In Bethlehem blieb es zwar weitgehend ruhig, doch auch hier leiden die Menschen unter den Folgen des Konflikts.
Die Stadt lebt von ausländischen Reisenden, doch von denen wagt sich kaum einer mehr ins Westjordanland. Und selbst für Palästinenserinnen und Palästinenser aus den Nachbarorten ist eine Fahrt nach Bethlehem mit hohen Hürden verbunden.
Nur mehr wenige der Devotionaliengeschäfte in Bethlehem sind geöffnet – die Kundschaft bleibt ausDie Zahl der Besucherinnen und Besucher in der Stadt ist von einem Höchststand von rund zwei Millionen Besuchern pro Jahr im Jahr 2019 auf weniger als 100.000 Besucherinnen und Besucher im Jahr 2024 gesunken, so das palästinensische Tourismusministerium. Die Auslastung der Hotels in der Stadt ist von rund 80 Prozent Anfang 2023 auf aktuell rund drei Prozent gesunken, heißt es von der Bethlehem Hoteliers Association.
Viele christliche Familien weggezogenPrunkvolle Feierlichkeiten mit den ansonsten üblichen Paraden sind laut Gemeindeverwaltung nicht angemessen, solange im Gazastreifen die Menschen weiter hungern und sterben. Wegen der wirtschaftlichen Probleme und aufgrund der verschärften Kontrollen rund um Bethlehem seien etwa 470 christliche Familien aus Bethlehem und Umgebung weggezogen, so der Bürgermeister der Stadt gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Vor allem junge Menschen würden keine Perspektive mehr für sich sehen.