Europa League: Reife Vorstellung von Eintracht Frankfurt bei Besiktas
869 Tage nach ihrem großen Triumph ist die Eintracht erstmals wieder in einem Auswärtsspiel in der Europa League stark gefordert worden. In Istanbul, wo sich das Team am Donnerstag im Duell mit Beşiktaş 3:1 durchsetzte, waren die Umstände bei weitem nicht so feierlich wie am 18. Mai 2022 in Sevilla, als der Finalerfolg gegen die Glasgow Rangers glückte, doch für den Augenblick nahmen die Frankfurter die drei Punkte, die es als Belohnung für eine kämpferisch überzeugende Leistung gab, dankend mit. Sie hübschten ihren ohnehin gelungenen Saisonstart durch den sechsten Sieg im achten Pflichtspiel weiter auf.
Das zwei Jahre im Profifußball einer halben Ewigkeit gleichkommen, verdeutlichte der Blick auf die Startelf, die Dino Toppmöller aufs Feld schickte: Aus dem Kreis derer, die ehedem an einem brütend heißen Tag unter spanischer Sonne Eintracht-Geschichte schrieben, war am Bosporus niemand mehr in der Startelf vertreten.
Die meisten haben dem Verein den Rücken gekehrt, andere ihre Karriere beendet oder fehlten verletzungsbedingt (Torhüter Trapp) beziehungsweise aus persönlichen Gründen wie Verteidiger Tuta, der zuhause geblieben war, weil seine Frau in diesen Stunden ihr erstes Kind zur Welt bringen wird; Timothy Chandler und Ansgar Knauff mussten sich mit der Rolle als Ersatzspieler begnügen.
Toppmöller hatte es als notwendig bezeichnet, sich in der hitzigen Atmosphäre im Tüpraş Stadyumu sogleich von einer wehrhaften Seite zu präsentieren. Ansonsten werde es nichts zu gewinnen geben. Diese Worte beherzigten seine Spieler, allen voran Rasmus Kristensen und Arthur Theate, ungeachtet der Pfiffe in den Zweikämpfen, bei denen es nicht zuletzt darum ging, sich Respekt zu verschaffen.
Marmoush ist wichtig für die Eintracht
Die Eintracht nahm sich der Dinge mit Mut an und suchte den direkten Weg nach vorne, wobei Mittelstürmer Hugo Ekitiké zunächst von der Bank aus zusah. Anstelle des Franzosen, den eine Fußprellung zuletzt bremste, beorderte der Trainer Igor Matanovic in die vorderste Reihe. Im Angriff lief – wieder einmal – das meiste über Omar Marmoush, während Mario Götze, der eine Platzwunde am Kopf davon trug, zur Pause in der Kabine blieb.
Die erste nennenswerte Möglichkeit hatten die Männer in Schwarz-Weiß: Ndour prüfte Kaua Santos mit einem Fernschuss (5. Minute). Brenzlig aus Frankfurter Sicht wurde es, als Immobilie nach einem Laufduell mit Robin Koch auf Höhe der Strafraumgrenze zu Fall kam. Auf Intervention des Video-Assistenten checkte Referee John Beaton die Szene am Bildschirm und entschied sich dann gegen den von den Türken geforderten Platzverweis für den Frankfurter Kapitän (10.).
Wie wichtig Marmoush für das Wohlergehen der Eintracht gegenwärtig ist, zeigte sich kurz darauf, als der Ägypter nur durch ein Foul in seinem Tatendrang zu bremsen war. Der Tritt von Paulista in seine Beine hatte einen Strafstoß zur Folge, den Marmoush selbst ausführte und mit einem Schuss in die Mitte des Tores zum 1:0 nutzte (18.).
Es war sein siebter Saisontreffer. Und auch beim zweiten Frankfurter Streich war Marmoush – als Vorarbeiter – maßgeblich beteiligt. Sein schnell ausgeführter Freistoß landete über Mo Dahoud bei Dina Ebimbe, der zum 2:0 für die Eintracht traf (21.). Die nächste Szene mit Aufreger-Potential ließ nicht lange auf sich warten.
Als Koch kurz vor der eigenen Fünf-Meter-Zone die Hände nach Ansicht des Unparteiischen auf Kopfhöhe zur Hilfe nahm, um eine Hereingabe von Rafa Silva zu blocken, folgte wiederum ein Elfmeterpfiff. Immobile entschied sich beim Versuch vom Punkt für die aus seiner Sicht linke untere Ecke, doch Kaua Santos streckte sich und wehrte die Kugel zur Ecke ab (26.). Auch mit Paraden gegen Rafa Silva (36.) und Immobile (45.) verhinderte der Brasilianer Schlimmeres für die Seinen.
Im zweiten Abschnitt nahm das Tempo des Geschehens ab, der Unterhaltungswert blieb aber hoch. Das hatte auch damit zu tun, dass sich Beşiktaş mit Bestimmtheit gegen die drohende Niederlage stemmte, aber immer wieder von einer aufmerksamen Eintracht-Defensive aufgehalten wurde.
Mit einer konsequenteren Chancenverwertung bei ihren Kontern hätten die Frankfurter früher die Entscheidung herbeiführen können, so mussten sie lange viel Energie aufbringen, um Beşiktaş nicht rankommen zu lassen, ehe der zwischenzeitlich eingewechselte Knauff zum erlösenden 3:0 (81.) traf.
Ganz am Ende traf auch Beşiktaş nach einem Santos-Patzer noch, doch der Eindruck blieb: Auch der FC Bayern darf sich am Sonntag in der Bundesliga auf einiges gefasst machen.