Großdemo abgesagt: Gehaltsabschluss für Beamte steht

2 Stunden vor

Großdemo abgesagt

Unmittelbar vor einer geplanten Großdemonstration der öffentlich Bediensteten in der Wiener Innenstadt ist am Dienstag doch noch ein Gehaltsabschluss gelungen. Das teilten zuerst die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) und die Gewerkschaft younion in einer gemeinsamen Aussendung mit. Kurz darauf bestätigte auch der zuständige Minister Werner Kogler (Grüne), dass der Abschluss im Schnitt 3,5 Prozent beträgt und sozial gestaffelt wird.

Beamten Gehaltsabschluss - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 12.09 Uhr (Update: 16.28 Uhr)

Die Erhöhung beträgt mindestens 82,40 Euro. Im Maximalfall steigen die Löhne um 437,80 Euro. Mit der Erhöhung um 3,5 Prozent blieben die Verhandlerinnen und Verhandler zwar unter der außer Streit gestellten Inflation von 3,8 Prozent. Dafür wurde aber bereits ein Abschluss für 2026 fixiert, wo auf die Inflation, für die der Zeitraum Oktober 2024 bis September 2025 hergenommen wird, noch einmal 0,3 Prozent aufgeschlagen werden.

Die Erhöhung um durchschnittlich 3,5 Prozent entspreche der rollierenden Inflation für die nächsten zwei Jahre, sagte younion-Chef Christian Meidlinger gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal. Das entspreche dem Vorgehen bei anderen KV-Verhandlungen, so Meidlinger.

Kogler betonte in einer Aussendung, dass der Abschluss vor dem Hintergrund schwieriger Rahmenbedingungen und Abwägungen erreicht worden sei. Allzu oft werde vergessen, dass der öffentliche Dienst in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft stehe. Er müsse daher auch über Gehaltsabschlüsse ein attraktiver Arbeitgeber bleiben. Mit dem Abschluss sorge die Regierung für soziale Fairness und Entlastung, sagte Finanzminister Gunter Mayr (ÖVP).

Durchbruch in nächtlicher Verhandlung

Die Verständigung wurde in geheimen Verhandlungen erzielt, die laut younion-Chef Meidlinger bis in die Nacht auf Dienstag hineingingen. In der Früh gelang dann die Einigung – und damit einen Tag vor Beginn der Bundespersonalvertretungswahl. Mit der Einigung war auch die für Dienstag geplante Großkundgebung in der Wiener Innenstadt abgesagt. Bis zu 30.000 Menschen waren dort erwartet worden. Kurz vor Mittag hieß es aber von den beiden zuständigen Gewerkschaften in einer gemeinsamen Aussendung: „Demonstration abgesagt!“

Der Abschluss gilt für insgesamt rund 250.000 Bundesbedienstete. Nötig ist noch ein Beschluss im Nationalrat. Zwar haben dort die Noch-Koalitionsparteien ÖVP und Grüne keine Mehrheit mehr. Eine Zustimmung gilt aber dank der SPÖ als wahrscheinlich. Ob die Landes- und Gemeindebediensteten wie meist dieselbe Erhöhung bekommen, muss in den Ländern entschieden werden. Hier geht es um insgesamt rund 324.000 Betroffene. Tirol kündigte Dienstagnachmittag bereits an, die Vereinbarungen des Bundes zu übernehmen.

NEOS fühlt sich übergangen

Für Verstimmung sorgte die überraschend verkündete Einigung bei NEOS, das derzeit mit ÖVP und SPÖ über eine künftige Regierung verhandelt. NEOS-Mandatar Josef Schellhorn zeigte sich gegenüber dem ORF „einigermaßen überrascht, irgendwie enttäuscht und ein wenig erbost“ über die Erhöhung von durchschnittlich 3,5 Prozent.„In einer Situation, in der wir nicht wissen, wie die budgetäre Lage aussieht“, und Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker eine Nulllohnrunde empfohlen hatte, sei die Erhöhung „ein bisserl viel“.

Beamten Gehaltsabschluss - Figure 2
Foto ORF

Vom Finanzministerium seien zuvor zwei Prozent einberechnet worden, umso mehr stelle sich nun die Frage, „wo das Geld herkommt“, so der NEOS-Abgeordnete. Er kritisierte, dass seine Partei in die Einigung weder eingebunden noch darüber informiert worden sei. „Wir fühlen uns übergangen“, so Schellhorn. „Wir sind nicht das Beiwagerl“, sagte der Mandatar in Richtung ÖVP und SPÖ und forderte ein „klärendes Gespräch“.

Auch Sozialwirtschaft erzielt Einigung

Eine Einigung konnten am Dienstag auch die Verhandlerinnen und Verhandler für den Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft vermelden. Die Ist- und Mindestgehälter der rund 130.000 Beschäftigten der Branche steigen um vier Prozent, wie die Gewerkschaften GPA und vida sowie die Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) mitteilten. Auch Zulagen und Zuschläge werden um vier Prozent angehoben. Der neue Kollektivvertrag gilt ab 1. Jänner 2025.

Auch im Rahmenrecht gibt es Neuerungen. „So konnten wir mehr Geld fürs Einspringen sicherstellen und darüber hinaus eine bessere Einstufung für Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung erreichen“, sagte Michaela Guglberger, Verhandlerin für die Gewerkschaft vida, laut Aussendung. „Mit dem Gehaltsabschluss sichern wir die Kaufkraft der Beschäftigten“, zeigte sich Eva Scherz, Verhandlerin für die Gewerkschaft GPA, zufrieden.

Höherer Flexibilitätszuschlag

Auch die Arbeitgeberseite lobte die Einigung. Trotz Rezession und schlechter Wirtschaftsaussichten sei für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Gesundheits- und Sozialberufen eine Reallohnerhöhung erzielt worden, es sei jedoch kein einfacher Abschluss gewesen. „Das nächste Jahr wird wirtschaftlich sehr schwierig sein, aber gleichzeitig muss klar sein, dass der Gesundheits- und Sozialbereich der Politik etwas wert sein muss“, sagte SWÖ-Vorsitzender Erich Fenninger.

Der große Flexibilitätszuschlag steigt auf 50 Euro, der kleine Flexibilisierungszuschlag erhöht sich auf 25 Euro. Weiters wurden die Verwendungsgruppen für Verwaltungsangestellte verbessert und der Zusatzkollektivvertrag zum Pflegezuschuss bis Ende 2025 verlängert. Für Tageseltern wurde eine soziale Absicherung vereinbart.

Abschlüsse auch in weiteren Branchen

Bereits am Montagabend einigten sich die Sozialpartner auf eine Gehaltserhöhung für die rund 30.000 Angestellten im Güterbeförderungsgewerbe. Die Löhne werden mit 1. Jänner 2025 pauschal um 80 Euro erhöht. Durchschnittlich bedeutet das eine Erhöhung der Gehälter um vier Prozent. In den unteren Beschäftigungsgruppen bringe dieser Abschluss eine reale Erhöhung der Gehälter zwischen 4,4 Prozent und 3,9 Prozent, so die Chefverhandlerin der Gewerkschaft GPA, Anita Palkovich.

Ein Gehaltsabschluss wurde auch für den Bereich Information und Consulting erzielt. Hier beträgt das Plus mit 1. Jänner 3,85 Prozent. Eine Einigung gab es auch für die Forstarbeiterinnen und Forstarbeiter in der Privatwirtschaft: Löhne und Lehrlingseinkommen steigen um 3,6 Prozent, der kollektivvertragliche Mindestlohn liegt damit im nächsten Jahr bei 2.182 Euro brutto, Lehrlinge im ersten Lehrjahr bekommen für den gefährlichen und körperlich sehr fordernden Job 1.465 Euro.

Einen KV-Abschluss meldet der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) auch für die Gartenbaubetriebe in Kärnten. Das Plus beträgt dort mit Beginn des neuen Jahres 3,6 Prozent, wodurch der Mindestlohn nun bei 1.869 Euro liegt.

Offen ist nach wie vor eine Einigung im Handel und im Reinigungsbereich. Die Handelsangestellten kündigten nach vier erfolglosen Gesprächsrunden für Freitag und Samstag Störaktionen an. Am Samstag sollen diese unter anderem in Linz auf dem Schillerplatz und in Wien beim Donauzentrum stattfinden. Die Arbeitgeberseite hatte zuletzt ein Plus von 3,1 Prozent angeboten.

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