UEFA EURO 2024: Baumgartner lässt Österreich träumen

22 Jun 2024

UEFA EURO 2024

Christoph Baumgartner ist offenkundig für das österreichische Nationalteam gemacht oder zumindest der Mann für wichtige Tore. Vor drei Jahren gelang dem Niederösterreicher der Siegestreffer gegen die Ukraine, der Österreich die erstmalige Teilnahme am EM-Achtelfinale ermöglichte, am Freitag war sein Tor zum 2:1 (66.) beim 3:1-Schlüsselsieg gegen Polen der große Türöffner für die K.-o.-Phase. Teamchef Ralf Rangnick half dabei in der Halbzeit nach.

Baumgartner - Figure 1
Foto sport.ORF.at

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„Wir haben etwas vor, das war ein Spiel, jetzt geht es erst richtig los. Genießen und dann voller Fokus auf die Holländer“, sagte der von der UEFA ausgezeichnete „Spieler des Spiels“. Baumgartner traf in seinem 40. Länderspiel zum 16. Mal und sorgt dabei auch für denkwürdige Momente. Der „Sohle von Bukarest“ beim 1:0 gegen die Ukraine anno 2021 folgte sein Weltrekordtor gegen die Slowakei, nun die „Breitseite von Berlin“, mit er das so wichtige Führungstor gegen Polen erzielte.

Auf dem Weg zum Mannschaftsbus in den Katakomben des alten Olympiastadions genehmigte Baumgartner diese Bezeichnung und zeigte sich glücklich und gelöst. „Wir sind alle brutal erleichtert, es war ein gehöriger Druck da, der Mittagsschlaf war auch kurz“, betonte Baumgartner, der gar kein so gutes Spiel absolvierte, wie es die Auszeichnung vermuten ließe. Deswegen nahm sich Rangnick seinen Spieler nach einer schwierigen ersten Hälfte für Österreich zur Brust.

Österreich besiegt Polen

Österreich hat bei der Fußball-EM in Deutschland seine Chancen auf den Einzug ins Achtelfinale deutlich erhöht. Die Mannschaft gewann das bedeutende Spiel gegen Polen mit 3:1.

Der Teamchef berichtete bei der Pressekonferenz davon. „Ich habe Baumi schon auf der Anfahrt ein Emoji geschickt, ihn in der Leipziger Jubelpose. Ich weiß nicht, ob es so eine gute Idee war, wenn ich mir seine erste Hälfte anschaue“, sagte der Deutsche mit einem Lächeln.

Emoji und persönliche Halbzeitansprache

„Dann haben wir in der Halbzeit gesprochen, und ich habe ihm gesagt, er ist für uns so ein wichtiger Spieler, wir brauchen ihn zumindest in Normalform. Die Umstellung, ihn ins Zentrum zu holen, hat ihm auch gutgetan“, fügte Rangnick, der beim Jubel innig umarmt wurde, die Brille blieb übrigens dabei heil („Sonst habe ich auch noch Ersatz“).

Pure Erleichterung: Österreich feierte den so wichtigen Sieg gegen Polen bei der EM

Auf dem Weg zurück auf den Rasen sah man Baumgartner und Rangnick die Rolltreppe herunterkommen, positiv gestimmt. „Er hat mir in der Halbzeit noch einmal klargemacht, dass er an mich glaubt, mir vertraut und ich den Unterschied machen kann. Das hat mir noch einmal Kraft gegeben, dass nicht nur Familie, Freunde und die Nation, sondern auch der Teamchef brutal hinter mir steht. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, und dann ist es mich überkommen“, so Baumgartner, der in den vergangenen sieben Länderspielen sechsmal traf und beim 0:1 gegen Frankreich die Riesenchance auf ein Tor liegen ließ.

Auch Umstellungen verhelfen zum Pflichtsieg

Der Treffer zu einem Zeitpunkt, in dem sich Österreich wieder steigerte, aber nicht allzu viele Chancen hatte, war enorm wichtig. Großen Anteil daran hatte auch „Joker“ Alexander Prass mit einem guten Antritt auf der linken Seite und einem zielstrebigen Zuspiel, das Marko Arnautovic zu Baumgartner durchließ. Der Leipzig-Legionär nahm den Ball mit einem guten Kontakt mit, und die Breitseite saß.

Überhaupt halfen mehrere Umstellungen zum Sieg. Die Anfangsphase samt Tor von Gernot Trauner verlief nach Plan, dann kippte die Partie. „Wir haben die ersten 20 Minuten nahezu perfekt begonnen, müssen höher als 1:0 führen, und dann haben wir das Spiel aus der Hand gegeben. Deswegen hat es Korrekturen benötigt, und da war das Spiel schon wieder unter unserer Kontrolle“, erklärte Rangnick, der sich aber bei der Aufstellung bzw. Positionierung der Spieler teils vergriffen hatte.

„Ganz so schlau sind sie dann doch nicht“

Allerdings haben einige Kicker ihrem Trainer auch nicht das Vertrauen zurückgegeben, mehrere Österreicher spielten unter dem Radar. „Wir hatten ein zu großes Leistungsgefälle. Vier, fünf Spieler waren überragend und Spieler, die gegenüber ihrem Leistungsvermögen unterperformt haben. Das können wir uns nicht erlauben, so überragend sind wir individuell nicht besetzt“, sagte Rangnick.

Auf die Frage, ob die Spieler so schlau wären, weil sie reagieren würden nach einer schwierigen Phase, hatte Rangnick folgende Antwort. „Wir haben schlaue Jungs, aber ganz so schlau sind sie dann doch wieder nicht, sonst hätten wir ab der 20. Minute die Dinge, die wir 20 Minuten gut gemacht haben, weiter gemacht. Da haben wir Polen in das Spiel geholt und ehrlich um das Gegentor gebettelt“, analysierte der Teamchef.

Eine Erklärung war dabei sicherlich der Kopf, denn der Druck lastete doch schwerer, als man zuvor zugeben wollte. Rangnick wusste: „Es war sicherlich Kopfsache, hat auch mit der Erwartungshaltung zu tun. Es war das wichtigste Spiel überhaupt, seit ich Teamchef bin.“ Für Baumgartner war es eine Frage der Energie und Konzentration. „Wir haben das Spiel völlig unnötig aus der Hand gegeben“, sagte der 24-Jährige. „Wir wissen, was wir für eine Qualität in der Mannschaft haben, das wäre ewig schade gewesen, wenn wir das verloren hätten.“

Tor und Tränen bei Arnautovic

Das verhinderte letztlich Arnautovic mit seinem Elfmetertor, das er selbst mit eingeleitet hatte. Der 35-jährige Routinier, der überraschend von Beginn an spielte, verlängerte im Verbund mit seinem polnischen Gegenspieler einen Pentz-Abschlag in den Lauf von Marcel Sabitzer, der im Duell mit dem polnischen Goalie Wojciech Szczesny den Elfmeter herausholte. Arnautovic traf im 114. Spiel zum 37. Mal und hält wie Baumgartner nun bei zwei österreichischen Toren bei der EM.

Erst ließ der Routinier seine Erleichterung raus, dann sah man auch Tränen. „Es war sehr emotional für mich, es war ein Familiengrund. Es gab einen Vorfall mit meinem Vater, dem es nicht so gut gegangen ist. Er war heute aber im Stadion – alles wieder okay, alles perfekt“, erklärte Arnautovic, der auf der Tribüne mit seiner Familie feierte.

Zudem war die Startelfnominierung für ihn Genugtuung. „Natürlich hört man von der Außenwelt, ‚der ist zu alt, der kann das Spiel vom Ralf Rangnick nicht mehr‘. Ich denke, es ist nicht so. Ich kann noch immer. Ich habe Spaß, in diesem Nationalteam zu sein.“ Besonders Spaß gemacht hat dabei die Ehrenrunde im Berliner Olympiastadion, samt „I am from Austria“ in den Lautsprechern. 25.000 Fans waren mitgereist und wurden auch nicht enttäuscht, denn das ÖFB-Team hatte geliefert.

UEFA EURO 2024, Gruppe D, zweiter Spieltag

Freitag:

Polen – Österreich 1:3 (1:1)

Berlin, Olympiastadion, 71.000 Zuschauer (ausverkauft), SR Meler (TUR)

Torfolge:0:1 Trauner (9.)1:1 Piatek (30.)1:2 Baumgartner (66.)1:3 Arnautovic (78./Elfmeter)

Polen: Szczesny – Bednarek, Dawidowicz, Kiwior – Frankowski, Piotrowski (46./Moder), Slisz (75./Grosicki), Zalewski – Zielinski (87./Urbanski) – Piatek (60./Swiderski), Buksa (60./Lewandowski)

Österreich: Pentz – Posch, Trauner (59./Danso), Lienhart, Mwene (63./Prass) – Seiwald, Grillitsch (46./Wimmer) – Baumgartner (81./Schmid), Laimer, Sabitzer – Arnautovic (81./Gregoritsch)

Gelbe Karten: Slisz, Moder, Lewandowski, Szczesny bzw. Wimmer, Arnautovic

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