Schauspielerin gegen Co-Star und Regisseur: Blake Lively verklagt ...
Schauspielerin Lively: »Heimtückische Vergeltungstaktiken aufdecken«
Foto: Lia Toby / Getty ImagesDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Im August kam »Nur noch ein einziges Mal« (original: »It Ends with Us«) in die Kinos. Ein Filmdrama, in dem auch häusliche Gewalt thematisiert wird.
Nun, mehr als vier Monate nach der Premiere, macht der Film aus anderen Gründen Schlagzeilen. Hauptdarstellerin Blake Lively hat den Regisseur und Hauptdarsteller Justin Baldoni, den Hauptproduzenten Jamey Heath sowie das Filmstudio Wayfarer verklagt. Am Freitag reichte Lively eine 80-seitige Klageschrift in Kalifornien ein. Darin wirft sie Baldoni und Heath sexuelle Belästigung und eine koordinierte Verleumdungskampagne vor. Zudem sollen die Männer, die sich beide als Feministen inszenieren, ein »feindseliges Arbeitsumfeld« am Set des Films geschaffen haben.
Lively und Baldoni im Januar am Set von »Nur noch ein einziges Mal«
Foto:Cover-Images / IMAGO
Die Vorwürfe und Situationen sind teilweise sehr detailliert aufgeschrieben.
Laut der Klageschrift soll Baldoni unter anderem
ohne Livelys Zustimmung »überflüssige Inhalte und Nacktszenen« hinzugefügt haben. Ein Beispiel dafür ist die Szene einer Geburt, bei der Baldoni und Heath am Drehtag plötzlich laut Klageschrift wollten, dass Lively diese nackt spielt, »obwohl im Drehbuch, im Vertrag oder in früheren Gesprächen keine Nacktszenen erwähnt wurden«.
unangemessene sexuelle Bemerkungen gemacht haben und Lively auf eine Weise berührt haben, die nichts mit ihren Rollen zu tun hatte. So soll Baldoni zum Beispiel bei einer Tanzszene mit Lively seine Lippen von ihrem Ohr den Hals hinuntergezogen haben und gesagt haben: »Es riecht so gut.« In einer anderen Szene soll er wiederholt Livelys Unterlippe »diskret gebissen und daran gesaugt« haben.
über seine angebliche frühere »Pornosucht« gesprochen haben. Dabei soll er Lively unter Druck gesetzt haben, ihm Details über ihr Sexleben zu verraten.
Lively ohne ihr Einverständnis Nacktfotos von anderen Frauen gezeigt haben.
Livelys Körper und Körper anderer Schauspielerinnen bewertet haben.
heimlich und ohne Livelys Wissen ihren Fitnesstrainer kontaktiert haben, um anzudeuten, dass die Schauspielerin in zwei Wochen Gewicht verlieren solle.
ohne Einladung Livelys deren Kabine betreten haben, auch während sie sich umzog oder ihr Kind stillte. Das wird auch dem Produzenten Heath vorgeworfen.
Die Klage beschreibt zudem ein »feindliches Arbeitsumfeld«, das die Produktion fast zum Scheitern gebracht habe.
In einer Erklärung an die »New York Times« weist Baldonis Anwalt Bryan Freedman Livelys Vorwürfe zurück und bezeichnet sie als »kategorisch falsch« und »beschämend«. Dem Magazin »People« sagte er in einer Stellungnahme, dass Livelys Beschwerde dazu diene, »ihren negativen Ruf zu verbessern«.
Das von Lively ebenfalls beschuldigte Studio Wayfarer betont seine Unterstützung für Justin Baldoni.
Was ist die Vorgeschichte?Bereits vor dem Kinostart am 9. August wurden Gerüchte laut, zwischen Baldoni und Lively sei etwas vorgefallen. Der Filmstart war zweimal verschoben worden. Dass Lively und Baldoni bei der Filmpremiere in New York Anfang August nicht gemeinsam für Fotos posierten und auch sonst keine Promoauftritte gemeinsam absolvierten, heizte die Spekulationen an. Regisseur Baldoni stand allein auf dem roten Teppich. Der Rest des Casts nahm auf Social Media Abstand von Baldoni. Keiner der Beteiligten folgte ihm mehr auf Instagram – andersherum aber schon.
Regisseur und Hauptdarsteller Justin Baldoni bei der Weltpremiere von »Nur noch ein einziges Mal« am 6. August in New York
Foto: Evan Agostini / Invision / APBereits während der Dreharbeiten hatte Lively sich beschwert. Im Januar 2024 fand ein Treffen statt, dem auch Livelys Mann Ryan Reynolds beiwohnte. Laut der Klage stimmte die Produktionsfirma Wayfarer daraufhin einer Liste von Bedingungen zu. Unter anderem wurde ein Vollzeit-Intimitätskoordinator hinzugezogen.
Wie aus den in der Klage dokumentierten Chatverläufen und Nachrichten hervorgeht, äußerten Baldoni und Heath im August die Sorge, dass Livelys Kritik öffentlich werden könnte. Zuvor hatte Reynolds Baldoni und Wayfarer auf Instagram blockiert. Als Baldoni dies Mitte Mai bemerkte, schrieb er seiner Publizistin Jennifer Abel, ob es einen Plan gebe, falls Lively ihn auch blockiere.
Aus diesem Grund engagierte er offenbar die PR-Strategin Melissa Nathan. Die nun öffentlich gewordenen internen Nachrichten zeigen, welcher Plan offenbar verfolgt wurde: Lively zu diskreditieren, um sie unglaubwürdig erscheinen zu lassen, falls ihre Vorwürfe jemals an die Öffentlichkeit gelangen sollten.
»Es ist eigentlich traurig, weil es nur zeigt, dass es Leute gibt, die Frauen wirklich hassen wollen.«
PR-Strategin Melissa Nathan
Baldoni war aber demnach offenbar unzufrieden mit dem ersten Entwurf der Kampagne. Publizistin Jennifer Abel schrieb laut der Klageschrift: »Ich denke, ihr müsst hart sein und zeigen, wie stark ihr in solchen Situationen sein könnt. Er will das Gefühl haben, dass sie begraben werden kann.«
Daraufhin antwortete Nathan: »Wir können nicht schreiben, dass wir sie zerstören werden.« Kurz darauf: »Stellen Sie sich vor, dass ein Dokument, in dem all das steht, was er will, in die falschen Hände gerät.« Und danach: »Sie wissen, dass wir jeden begraben können.«
Die Kampagne gegen Lively funktionierte so gut, dass Nathan Abel irgendwann schrieb: »Und die sozialen Netzwerke laufen wirklich auf Hochtouren. Zu seinen Gunsten. Sie muss wütend sein. Es ist eigentlich traurig, weil es nur zeigt, dass es Leute gibt, die Frauen wirklich hassen wollen.« (Bereits als der SPIEGEL im August den Fall analysierte, gab es Indizien, die für eine koordinierte Kampagne sprachen. Mehr dazu lesen Sie hier.)
Wie sah die Kampagne gegen Lively aus?Die Schauspielerin erlebte einen heftigen Shitstorm. Lively wurde vorgeworfen, den Film mit unpassenden, blumigen Outfits zu promoten und dabei das Thema häusliche Gewalt zu verharmlosen. Zudem habe sie den Hype um den Film genutzt, um ihre eigenen Marken zu bewerben, so die Kritiker (mehr dazu lesen Sie hier.)
Blake Lively am 8. August bei der Großbritannien-Premiere des Films in London
Foto: Scott A Garfitt / Invision / APIm Netz formierten sich zwei Lager, pro Baldoni und pro Lively – letzteres allerdings deutlich kleiner. Unter vielen Posts zu dem Film bei Instagram kommentierten Nutzerinnen nur »Team Justin«.
Schnell fanden auch andere Clips Verbreitung, die Lively in einem schlechten Licht zeigten. Die Hasskommentare häuften sich. Auf TikTok und Instagram wurde Lively unter anderem als »Mean Girl«, »Mobberin«, »realitätsfremd« und als »Bitch« bezeichnet. »Wird Blake Lively jetzt gecancelt?«, titelte das Klatschblatt »Daily Mail« Mitte August.
Wie stellte sich Baldoni öffentlich dar?Während Lively im Netz kritisiert und beleidigt wurde, profitierte Baldoni von seiner neuen Bekanntheit. Er hatte sich in Interviews immer wieder gegen Gewalt gegen Frauen ausgesprochen und seine ganze Marke auf der Aussage aufgebaut, Feminist zu sein. Unter anderem hat Baldoni zwei Bücher und einen TedTalk zu dem Thema »Neue Männlichkeit« veröffentlicht. Durch den Film hat er mehrere Hunderttausend neue Follower und vor allem Fans dazugewonnen.
Lively äußerte sich zu der Kritik und den Vorwürfen nie direkt. Im Sommer reduzierte sie ihre Social-Media-Aktivitäten und teilte wiederholt Hinweise auf Hilfsangebote für Opfer häuslicher Gewalt.
Nun meldet sie sich mit der Klage zurück. »Ich hoffe, meine rechtlichen Schritte helfen dabei, heimtückische Vergeltungstaktiken aufzudecken, die Menschen, die Fehlverhalten ansprechen, schaden sollen«, heißt es in einer Erklärung der Schauspielerin.
Blake Lively und Justin Baldoni in einer Filmszene aus »Nur noch ein einziges Mal«
Foto: Nicole Rivelli / APLively fordert eine nicht näher spezifizierte Schadensersatzzahlung. Falls keine außergerichtliche Einigung erzielt wird, könnte es zu einem Gerichtsverfahren kommen. Nach Bekanntwerden von Livelys Vorwürfen hat sich Baldonis Agentur WME von ihm getrennt. Für Lively will die Agentur weiter arbeiten.