Bundestagsvize Özoguz teilt israelfeindlichen Post – jetzt äussert sie ...

Die Vizepräsidentin des Bundestags teilte ein israelfeindliches Posting und entschuldigte sich – SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hält den Fall für erledigt

Aydan Özoğuz - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Die SPD-Politikerin Aydan Özoguz verbreitete ein fragwürdiges Bild auf ihrem Instagram-Kanal. Am Freitag tagte daraufhin der Ältestenrat des deutschen Parlaments. Die Union forderte ihren Rücktritt.

Aydan Özoguz ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags. Sie ist zurzeit Vizepräsidentin des Parlaments.

Imago

Nicht jeder Abgeordnete des Deutschen Bundestags kann Mitglied des Parlamentspräsidiums werden. Denn die Bundestagspräsidentin und ihre fünf Stellvertreter repräsentieren nicht nur ihre jeweilige Fraktion. Sie sprechen für die Anliegen des gesamten gewählten Parlaments, damit tragen sie eine besondere Verantwortung für ihre Äusserungen. Das gilt auch für die sozialdemokratische Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz.

Sie teilte am Mittwochabend ein israelfeindliches Instagram-Posting, das inzwischen sogar den Ältestenrat des Bundestags beschäftigt. Das für die Schlichtung von Personalstreitigkeiten zuständige Gremium tagte auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion am Freitagnachmittag. «Wir wollen, dass der Ältestenrat im Lichte der Würde dieses Hohen Hauses das Posting der Vizepräsidentin bewertet», sagte die CDU-Abgeordnete Daniela Ludwig der NZZ.

Das von Özoguz geteilte Bild stammt ursprünglich von der antiisraelischen Gruppe «Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden». Sie steht der Israel-Boykott-Bewegung BDS nahe. Darauf ist das Foto eines brennenden Flüchtlingslagers im Al-Aksa-Märtyrer-Krankenhaus in Gaza zu sehen, darüber die Aufschrift «This is Zionism» («das ist Zionismus»).

Die Gruppe setzt damit das Selbstbestimmungsrecht des jüdischen Volkes mit angeblichen Kriegsverbrechen gegen Zivilisten gleich. Den Anlass für den Luftangriff nennt sie aber nicht. Nach Angaben der israelischen Armee soll sich im Krankenhaus eine Kommandozentrale der Hamas befunden haben.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas rügte den Inhalt

Thorsten Frei, der erste parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, verurteilte das Posting scharf. Er sagte, seine Fraktion sei «entrüstet, enttäuscht und befremdet», dass die Bundestagsvizepräsidentin «einen antisemitischen Post einer antisemitischen Organisation verbreitet hat und damit Israel der Kriegsverbrechen geziehen hat». Dann wurde er deutlich: Die Union wolle sich «von einer solchen Vizepräsidentin nicht vertreten lassen. Sie spricht nicht für uns.»

Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann forderte gar den Rücktritt der Bundestagsvizepräsidentin. Sie sagte dem Welt-Nachrichtensender, Özoguz sei «in ihrem Amt nicht mehr haltbar».

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, nannte das geteilte Instagram-Bild eine «Entgleisung». Der israelische Botschafter Ron Prosor warf Özoguz vor, das Existenzrecht Israels indirekt infrage zu stellen. «Das ist einer Bundestagsvizepräsidentin absolut unwürdig», schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter).

Die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, wie Özoguz SPD-Mitglied, drückte sich zurückhaltender aus. Bas sagte dem «Tagesspiegel», es verbiete sich, «Bilder mit eindeutig antizionistischem Inhalt zu posten». Es müsse stattdessen darum gehen, «differenziert auf die Lage zu blicken». Das dürfe man «in besonderer Weise» von Präsidiumsmitgliedern des Bundestags erwarten. Damit ist Bas die ranghöchste SPD-Abgeordnete, die sich bislang zu dem Posting von Özoguz geäussert hat. Eine NZZ-Anfrage bei der sozialdemokratischen Parteizentrale blieb bis anhin unbeantwortet.

Inzwischen distanziert sich auch Özoguz von dem geteilten Inhalt. Sie schreibt auf Instagram, sie stehe zum Existenzrecht Israels und zu seinem Recht auf Selbstverteidigung. Gleichzeitig sehe sie «eine immer weiter eskalierende Gewaltspirale mit vielen Zehntausenden zivilen Opfern».

Die NZZ wollte von Özoguz zusätzlich wissen, wie sich ihr Posting mit der Aussage des Bundeskanzlers vertrage, die Sicherheit Israels sei deutsche Staatsräson – und welche politischen Konsequenzen sie aus dem Vorfall ziehen werde. Die Vizepräsidentin weicht aus. Sie teilt mit, sie habe erkannt, «dass durch den geteilten Beitrag Gefühle von Mitbürgerinnen und Mitbürgern verletzt wurden, die für ein friedliches Zusammenleben einstehen». Das sei nicht ihre Absicht gewesen, und das bedauere sie «zutiefst».

Mützenich hält Fall für erledigt

Der Chef der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Rolf Mützenich, hat Özuguz am Samstag gegen Rücktrittsforderungen verteidigt. «Ich bin sehr froh, dass Frau Özuguz sich so schnell und so deutlich vor dem Ältestenrat des Deutschen Bundestags, aber unter anderem auch beim Zentralrat der Juden, dessen Präsidenten Josef Schuster und auch der Öffentlichkeit für das Teilen dieses Instagram-Posts entschuldigt hat», sagte der SPD-Politiker der «Augsburger Allgemeinen».

Mützenich sagte: «Diese Entschuldigung war dringend nötig, weil man nicht auf das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza mit einer Darstellung hinweisen darf, die von einer rassistischen und antisemitischen Seite kommt, die immer wieder Hass schürt». Es sei ein Fehler gewesen und Frau Özuguz habe sich dazu bekannt, sagte er.

Der SPD-Fraktionschef betonte zugleich, er sehe nach der Entschuldigung der Bundestagsvizepräsidentin keine Notwendigkeit für personelle Konsequenzen. «Ich denke, Frau Özuguz hat für sich erkannt, dass sich so etwas nicht wiederholen darf», sagte er. «Und damit hoffe ich, dass dieser deutliche Fehler erkannt ist und auch nicht wieder vorkommt», erklärte der SPD-Politiker.

Özoguz hatte zuvor um Entschuldigung gebeten. «Es war ein Fehler, diese Instagram-Story zu teilen. Ich bitte um Verzeihung», erklärte die SPD-Politikerin nach einer Sitzung des Bundestags-Ältestenrats. Ihr Ansinnen sei es, in der Gesellschaft Brücken zu bauen und die Menschen zusammenzubringen. «Dieser Post hat aber das genaue Gegenteil bewirkt. Ich distanziere mich davon.»

Bundeskanzler Olaf Scholz holte Özoguz in die Politik

Vor ihrer Laufbahn als SPD-Politikerin war Özoguz bei der gemeinnützigen Körber-Stiftung aktiv. Der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz, damals SPD-Landesvorsitzender in Hamburg, war auf sie aufmerksam geworden. Er überzeugte sie im Jahr 2001 zu einer Kandidatur für das Landesparlament. 2004 ist sie der Partei beigetreten, seit 2009 ist sie Abgeordnete des Bundestags.

2010 wurde sie Integrationsbeauftragte ihrer Fraktion, 2013 Staatsministerin für Integration im Kanzleramt unter der damaligen christlichdemokratischen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Özoguz wurde mit der Äusserung bundesweit bekannt, eine deutsche Kultur sei «abseits der Sprache schlicht nicht identifizierbar».

Kritiker wie der Unions-Fraktionsvize Jens Spahn warfen ihr in der Vergangenheit vor, sie habe mit ihrer Politik radikale Islamverbände gestärkt. Doch anders als ihre Brüder Yavuz und Gürhan, die die islamistische Website «Muslim-Markt» betreiben, hat sich Özoguz immer öffentlich vom politischen Islam distanziert. Sie stimme mit den politischen Ansichten ihrer Brüder «überhaupt nicht überein», sagte sie.

Özoguz schrieb, Israel habe iranischen Angriff «provoziert»

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Bundestagsvizepräsidentin mit einem israelfeindlichen Statement auffällt. Nachdem das iranische Regime Israel im April mit Hunderten Marschflugkörpern beschossen hatte, warf sie Israel vor, den Angriff «provoziert» zu haben. Der vorangegangene israelische Luftangriff auf das iranische Konsulat in Damaskus habe «Nahost weiter gefährdet», schrieb sie.

Kritiker wie der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer warfen ihr vor, sie habe damit Israel die Schuld am iranischen Raketenbeschuss gegeben. Dann löschte sie das Posting. Sie sprach im Fernsehsender Welt davon, «dass es natürlich nicht geht, Botschaftsgelände anzugreifen». Einseitige Schuldzuweisungen lägen ihr aber fern. Sie sei lediglich «gegen diese Gewaltspirale» und damit auch gegen die «Gewalt», die von Iran ausgehe, sagte sie.

Sie erwähnte nicht, dass sich zum Zeitpunkt des Angriffs auf das iranische Konsulat mehrere hochrangige Mitglieder der iranischen Revolutionswächter dort aufgehalten hatten. Sie koordinieren Terroraktivitäten im gesamten Nahen Osten. Ihr erklärtes Ziel ist die Vernichtung Israels. Iran hatte seine eigene diplomatische Vertretung zu einer Terrorbasis gemacht – und damit aus israelischer Sicht zu einem legitimen Angriffsziel.

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