US-Medien: Doch ATACMS-Raketen für Ukraine
Die USA könnten der Ukraine übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge nun doch bald ATACMS-Raketen mit höherer Reichweite zur Verfügung stellen. Das würde auch den Druck auf Deutschland erhöhen, seinerseits Taurus-Raketen zu liefern. Kiew gelang unterdessen ein Schlag gegen die Zentrale der russischen Schwarzmeer-Flotte auf der Krim.
Online seit gestern, 23.28 Uhr
Die US-Regierung werde das von Kiew geforderte Waffensystem zur Verteidigung im russischen Angriffskrieg in Kürze bereitstellen, berichteten die „Washington Post“ und der US-Sender NBC News am Freitag unter Berufung auf mehrere mit der Sache vertraute Quellen.
Laut der „Washington Post“ handelt es sich um eine ATACMS-Variante, die mit Streumunition bestückt werden kann. NBC News berichtete, US-Präsident Joe Biden habe dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Bereitstellung „einer kleinen Zahl“ an ATACMS bereits bei seinem Besuch in Washington am Donnerstag in Aussicht gestellt.
„Habe nichts anzukündigen“Die US-Regierung bestätigte die Berichte nicht. „Ich habe nichts anzukündigen“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, beim Pressebriefing am Freitag auf Nachfrage. Aber man habe in der Vergangenheit immer deutlich gemacht, dass die ATACMS nicht vom Tisch seien.
Selenskyj selbst wollte sich – während seines Besuches in Kanada dazu gefragt – nicht direkt äußern. Man rede über verschiedene Arten von Waffen mit höherer Reichweite und Artilleriegeschütze sowie Luftverteidigungssysteme. „Ich glaube, dass wir beim Großteil dessen, was gestern mit Präsident (Joe, Anm.) Biden besprochen wurde, in der Lage sein werden, eine Einigung zu erzielen“, so Selenskyj. Es sei dabei auch eine Frage der Zeit.
Dringende Forderung KiewsDie Ukraine fordert die ATACMS-Raketen des Herstellers Lockheed Martin mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern seit Längerem. Sie werden vom Boden zu Zielen auf dem Boden abgefeuert und treffen sehr präzise. Neuere Modelle sind lenkungsfähig, ältere nicht.
ATACMS-Raketen werden wegen ihrer Reichweite oft mit den deutschen Taurus-Marschflugkörpern verglichen, welche Kiew ebenfalls fordert. Die Taurus-Marschflugkörper sind für die Zerstörung von Bunkern und geschützten Gefechtsständen in bis zu 500 Kilometer Entfernung geeignet.
Bei beiden Waffensystemen gibt es die Sorge, dass damit auch Ziele in Russland angegriffen werden könnten. Kiew weist diese aber als unbegründet zurück. Zu den Waffen mit einer Reichweite über Hunderte Kilometer zählen neben ATACMS und Taurus auch die Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp, die Kiew bereits aus Großbritannien und Frankreich bekommen hat. Der Druck auf Deutschland würde jedenfalls steigen, wenn sich die US-Medienberichte bestätigen sollten. Ähnlich wie in der Frage der Panzerlieferung im Frühjahr könnte es auch bei den Raketen zu einem Vorgehen im Gleichklang mit den USA kommen.
Kanada sichert neue Hilfen zuSelenskyj bedankte sich bei seinem ersten Besuch in Kanada seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf sein Land für die Unterstützung aus Ottawa – und bekam weitere Hilfen zugesichert. Kanadas Premierminister Justin Trudeau machte Selenskyj eine „langfristige, mehrjährige Zusage, die berechenbare anhaltende Unterstützung für die Ukraine liefert“. Dazu gehörten unter anderem 50 gepanzerte Fahrzeuge in den kommenden drei Jahren und Geld zur Unterstützung psychischer Seelsorge.
Bei einer Ansprache vor dem Parlament, die mit stehenden Ovationen gefeiert wurde, bedankte sich Selenskyj ausgiebig für die bisherige Hilfe aus Ottawa. „Kanadas Unterstützung der Ukraine mit Waffen und Ausrüstung hat es uns ermöglicht, Tausende von Leben zu retten“, sagte der Präsident, der von seiner Ehefrau Olena Selenska begleitet wurde.
Erfolgreicher Angriff auf Zentrale der Schwarzmeer-FlotteAm Freitag gelang der Ukraine ein offenbar erfolgreicher Raketenangriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeer-Flotte. Videos und Fotos zeigten große Rauchwolken über dem Gebäude in Sewastopol auf der annektierten Krim. Die Krim ist für die Versorgung der russischen Besatzungstruppen im Süden der Ukraine und für die russische Kontrolle der ukrainischen Küsten im Schwarzen und Asowschen Meer von entscheidender Bedeutung.