Nach Habeck-Absage: ARD und ZDF sagen zweites TV-Duell ab

18 Stunden vor
ARD

Stand: 20.12.2024 15:57 Uhr

Vor der Bundestagswahl wollten ARD und ZDF zwei TV-Duelle ausstrahlen - dazu kommt es jetzt nicht. Grünen-Kanzlerkandidat Habeck hat seine Teilnahme an einer Debatte mit AfD-Kandidatin Weidel nun auch schriftlich abgesagt.

Das von ARD und ZDF geplante TV-Duell zur Bundestagswahl mit den Kanzlerkandidaten von Grünen und AfD, Robert Habeck und Alice Weidel, wird es nicht geben. Die ARD teilte mit, Habeck habe schriftlich abgesagt. "Daher wird die Produktion des zweiten angedachten Duells von ARD und ZDF in dieser Form nicht stattfinden."

ARD-Chefredakteur Oliver Köhr bestätigte im NDR, "jetzt wissen wir, dass Robert Habeck auch ganz hochoffiziell das nicht machen möchte." Auch das ZDF äußerte sich entsprechend.

Damit wird es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nur ein Duell vor der Bundestagswahl geben: das zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionskandidat Friedrich Merz (CDU) am 9. Februar. Der Privatsender RTL plant eine Woche darauf ebenso ein TV-Duell dieser beiden.

ARD: Gesprächsrunden mit allen Spitzenkandidaten

Von der ARD hieß es zudem, man prüfe aktuell, wie die Positionen der Grünen und der AfD angemessen im Programm dargestellt werden könnten. Vom ZDF hieß es: "Das ZDF wird den Spitzenkandidaten Alice Weidel und Robert Habeck angemessen Sendezeit in anderen Formaten einräumen und sie zeitnah dazu einladen."

Im Februar soll es zudem in der ARD eine Reihe von Angeboten zur Wahl geben, wie Köhr dem NDR sagte, darunter Gesprächsrunden mit allen Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten. Laut der ARD ist eine Runde mit den Kanzlerkandidatinnen und -kandidaten von CDU, SPD, Grünen und AfD geplant. Zudem soll es ein Format mit den Spitzenvertretern von FDP, CSU, BSW und der Linken geben. Das ZDF plant ebenfalls eine Sendung mit den Kandidaten für das Kanzleramt von SPD, Union, Grünen und AfD.

Grüne wollen Habeck in Triell mit Scholz und Merz

ARD und ZDF hatten am Montag bekannt gegeben, die Debatte zwischen Scholz und Merz auszustrahlen. Für ein weiteres Duell seien Habeck und Weidel angefragt worden. Der Grünen-Spitzenkandidat lehnte eine TV-Debatte mit der AfD-Chefin aber bereits am Mittwoch öffentlich ab.

Die Grünen pochen nun darauf, Habeck an dem Format mit Scholz und Merz zu beteiligen. Laut der Nachrichtenagentur dpa steht in dem Absage-Schreiben von Habecks Wahlkampfsprecher an die Sender-Chefredakteure von ARD und ZDF, er gehe "im Interesse der Chancengleichheit davon aus, dass Herr Habeck an dem Duell (bzw. an einem Triell) mit den Kanzlerkandidaten von SPD und CDU zu beteiligen ist. Ich fordere Sie deshalb auf, Ihre zuvor getroffene Entscheidung zu revidieren."

Zudem hieß es in dem Papier zu der Absage: "Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir setzen uns mit der AfD auseinander, mit klarer Haltung und in aller Offenheit - auch in diesem Wahlkampf. Aber nicht in einem Duell, für das es keine sachliche Begründung gibt und eine unzulässige Vorfestlegung trifft."

Laut Bild will zudem die AfD juristisch prüfen lassen, dass sie "als Partei mit den aktuell zweitbesten Umfragewerten wieder in Ameisen-Runden verschwinden soll", sagte demnach ein Sprecher Weidels. Bild meldete außerdem, dass Weidel nach Habecks öffentlicher Absage ein TV-Duell zu dritt mit Merz und Scholz vorschlage.

Rundfunkfreiheit und Chancengleichheit

Immer wieder kommt es vor, dass es juristischen Streit um TV-Auftritte vor Wahlen gibt. Grundsätzlich gilt die verfassungsrechtlich verbriefte Rundfunkfreiheit in Deutschland. Das heißt, Sender dürfen selbst darüber entscheiden, welches Programm sie senden und können selbst Konzepte für Sendungen erstellen. Es darf keinen politischen Einfluss auf das Programm geben.

Andererseits kommt es immer wieder zu Klagen vor Gericht, weil es um das Thema Chancengleichheit von Parteien geht. Für die öffentlich-rechtlichen Sender ist bei der Ausgestaltung von Wahlformaten das verpflichtende Prinzip der abgestuften Chancengleichheit ein Maßstab. Damit ist gemeint, dass Sender mit dem Sendeplatz für Parteien differenziert umgehen. Nicht jede Partei bekommt gleich viel Platz eingeräumt. Es können Kriterien wie das vorhergehende Wahlergebnis eine Rolle spielen oder ihre Vertretung in einem Parlament. Auch Meinungsumfragen vor Wahlen können ein Indiz sein.

So scheiterte die FDP in Brandenburg im Herbst 2024 beispielsweise mit dem Versuch, sich in eine TV-Runde des rbb vor der Landtagswahl mit Spitzenkandidaten einzuklagen. Ein Verwaltungsgericht entschied, dass der Sender nicht dazu verpflichtet sei. Der rbb hatte nur Kandidaten zugelassen, deren Partei entweder bereits im Landtag vertreten ist oder nach Umfragen die Fünf-Prozent-Hürde nehmen würde.

Lindner und Wagenknecht bieten sich als Ersatz an

Nachdem vor Tagen schon bekannt geworden war, dass Habeck nicht gegen Weidel antreten will, hatten sich andere Spitzenpolitiker angeboten. So hatten FDP-Chef Christian Lindner und auch BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht ihre Bereitschaft erklärt. "Falls die Sender Bedarf haben, ich habe überhaupt kein Problem, mit Frau Weidel zu diskutieren. Ich habe das schon einmal gemacht, ich mache es auch gern bei ARD und ZDF", so Wagenknecht.

Lindner forderte seinen ehemaligen Ampel-Partner Habeck zudem zu einem verbalen Kräftemessen über Deutschlands Wirtschaftskurs heraus. "Die Fernsehsender sollten diese Duell-Formate nicht rein nur nach Umfragen orientieren, sondern die müssen politischer gemacht werden. Die spannendste Kombination aus meiner Sicht wäre Robert Habeck und Christian Lindner."

"Liegt an TV-Sendern zu entscheiden, wen sie einladen"

Unions-Kanzlerkandidat Merz zeigte sich offen für Fernsehauftritte auch mit anderen Kandidaten. "Ich gehe keiner Diskussion um den notwendigen Politikwechsel in Deutschland aus dem Weg, auch nicht mit weiteren 'Kanzlerkandidaten' anderer Parteien", sagte er. "Es liegt an den TV-Sendern zu entscheiden, wen sie einladen." Die Wählerinnen und Wähler in Deutschland hätten einen Anspruch darauf zu erfahren, wo die Unterschiede liegen.

SPD-Chefin Saskia Esken verteidigte die Entscheidung der Fernsehsender. Diese hätten sich für so ein Konzept entschieden, "um eben deutlich zu machen, wo die Kernrichtungen liegen", sagte Esken der dpa. Andernfalls würde man am Ende bei einer "Talkshow mit fünf Spitzenkandidaten" landen. "Das ist keine gute Idee. Das dient am Ende nicht dem, was es eigentlich erreichen soll, nämlich Wählerinnen und Wählern deutlich zu machen, worum es geht bei dieser Wahl." Esken äußerte allerdings Verständnis für die Absage des TV-Duells mit Weidel.

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