Beetlejuice in Venedig und Angelina Jolie triumphiert als Operndiva ...

Angelina Jolie gibt triumphal die Operndiva, die ihre Stimme nicht mehr findet, aber phänomenal fauchen kann

Angelina Jolie - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

«Maria» ist eine Wucht: ein Film der schönen schweren Vorhänge, grossen Brillen und vollen Lippen. Auch der neue «Beetlejuice» brachte Laune nach Venedig.

Es sei an ihr zu entscheiden, was Realität sei und was Fiktion, sagt die Primadonna Callas (Angelina Jolie). Szenenbild aus «Maria».

Pablo Larraín / Netflix

Wer es in Venedig schafft, kann es überall schaffen. Maria Callas war Mitte zwanzig, als sie im Teatro La Fenice begeisterte. Von der Lagune aus eroberte sie 1949 die Opernwelt. «Ich war noch fett seinerzeit», sagt Callas (Angelina Jolie) im Spielfilm «Maria», der in Venedig – wo sonst? – seine Premiere feiert. «Ich kam mit der Gondel und dachte, die Gondel würde sinken.»

Jetzt, 75 Jahre später, kam Angelina Jolie angegondelt. Oder vielleicht ging die grazile Diva auch standesgemäss über Wasser. Am Lido feierte das Filmdrama von Pablo Larraín Premiere. «Maria» ist eine Wucht. Wer in Venedig einen Triumph schafft, schafft nicht selten auch einen bei den Oscars.

Am Anfang ist der Tod

Jolie spielt die Operndiva, die am 16. September 1977, 53-jährig, tot hinter einem schweren Samtfauteuil in ihrer Pariser Palastwohnung liegt. Mit diesem Bild beginnt der Film, dann springt er zurück. Zunächst nur ein wenig, dann auch mal mehr.

1977 will die Stimme schon seit ein paar Jahren nicht mehr mitmachen. Nach der letzten Darbietung, damals in Japan, hatte Callas das Gefühl, alles sei angeschwollen, «nur nicht mein Ego».

Die Callas kann bissig selbstironisch sein, herrlich herrisch. Gleichzeitig ist sie das verspielte «Girl aus Athen» geblieben, als das sie ihr Liebhaber Aristoteles Onassis bezeichnete. Mit ihm hatte sie noch gute Zeiten.

Jetzt ernährt sie sich von Pillen, vorzugsweise Mandrax. Mandrax, so heisst auch der junge TV-Reporter (Kodi Smit-McPhee), der für ein Interview aufkreuzt. «Die letzten Tage der Callas» nennt er den Film, den er zu machen vorgibt. Doch der bildschöne junge Mann ist nur ein Hirngespinst.

Der Butler (Pierfrancesco Favino) weiss, dass er der Diva dringend die Tabletten wegnehmen müsste. Aber wenn er mit dem Arzt droht, nötigt sie ihn, mal wieder das Klavier zu verrücken. Vor dem Fenster sehe es vielleicht doch besser aus. Und einen Arzt brauche ja wohl wenn einer, dann er. Sein Rücken sei schon ganz krumm.

Jolie kann als Maria Callas bissig selbstironisch sein und herrlich herrisch.

Pablo Larraín / Netflix

Es muss nicht alles real sein

Nein, es sei an ihr zu entscheiden, was Realität sei und was Fiktion, erklärt die Primadonna und damit basta. So sieht es Maria Callas, und so sieht es auch der Film: Larraín legt es nicht auf ein penibles Porträt an.

Der Film geht mal dahin, mal dorthin, überall fallen grosse Sätze. Onassis, wie er Maria anflirtet: «Ich bin hässlich, aber ich bin reich. Ich bin Grieche, aber ich bin auch Argentinier. Ich bin verheiratet, aber es ist 1959.»

«Maria» ist ein Film der schönen schweren Vorhänge, der grossen Sonnenbrillen und vollen Jolie-Lippen. Ein echter Larraín: Existenziell, melodramatisch, dann auch wieder verblüffend leicht, vergnüglich. Warmherzig, herzzerreissend.

Aus jedem Bild (Larraín liebt das Profil von Jolie!), aus jedem gewagten Schnitt spricht das Selbstvertrauen eines Regisseurs, der weiss, was er tut. Er hat Diana («Spencer», 2021) gut getroffen, phänomenal geglückt ist ihm das Porträt der Kennedy («Jackie», 2016): Jetzt ist seine Trilogie der grossen Frauen komplett.

Der makabre Witz wird nicht alt: Michael Keaton gibt wieder den Poltergeist in «Beetlejuice Beetlejuice».

Warner

Abseitiges Jenseits

Regie führen ist eine Frage von Selbstvertrauen. Man merkt es Filmemachern an, wenn sie in ihrem Element sind. Tim Burton eröffnete das 81. Filmfestival von Venedig mit dem, was er kann: 36 Jahre nach «Beetlejuice» beweist er mit einer Fortsetzung der schwarzen Komödie, dass er den makabren Witz noch immer draufhat.

Man muss sich zwar erst wieder zurechtfinden: Wer war nochmals Lydia Deetz (Winona Ryder), die sich als Kind mit dem Poltergeist Beetlejuice (Michael Keaton) herumschlagen musste? Aber wenn man wieder drin ist in Tim Burtons abseitigem Jenseits, wo sich die Toten tummeln und auf den «Soul Train» ins endgültige Nirwana warten, will man die Geisterbahn gar nicht mehr verlassen.

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