SPÖ: Linker Aufbruch mit Andreas Babler?
Andreas Babler ist neuer Vorsitzender der SPÖ.
Foto: dpa/Helmut Fohringer
Österreich geht in eine neue Staffel. Als es Samstagnachmittag nach der Auszählung beim SPÖ-Parteitag so aussah, als hätte Hans-Peter Doskozil die Mehrheit der Delegierten hinter sich vereint, ist nur durch einen Zufall ein Fehler in der Excel-Tabelle aufgefallen, dass der Linke Andreas Babler das Rennen um den Parteivorsitz gemacht hat. Das ist schon allein deshalb erstaunlich, weil Babler als dritter Kandidat ins Rennen gerutscht war, ein Bürgermeister aus Traiskirchen, unter normalen Umständen ohne Chance gegen die Granden Pamela Rendi-Wagner oder Doskozil, die den sozialdemokratischen Apparat hinter sich hatten und die Funktionäre unter sich aufteilen. Doskozil, der auf dem Parteitag nach seiner fälschlichen Siegerrede eine österreichische Ampel-Regierung vorschlug, galt lange Zeit als der Favorit. Bis Babler auf den Plan trat.
So zeigte sich in diesem Krimi vor allem, wie gespalten die österreichische Sozialdemokratie ist. Bei der Mitgliederbefragung lagen alle drei Kandidatinnen und Kandidaten praktisch gleichauf. Den Unterschied machte Babler dadurch, dass er mit einer Basistour und etwa 10 000 Neueintritten eine Bewegung erzeugte, die Jeremy Corbyn auf ähnliche Weise in der britischen Labour Party vor einigen Jahren ausgelöst hatte. In einem Moment, in dem die Führung unklar und die Ausrichtung einer Partei offen ist, ergibt sich das Momentum auch für einen linken Kandidaten. Ähnlich erlebten wir es mit Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken in der SPD.
Die Beispiele zeigen indes auch, wie es nach einem solchen Überraschungssieg aussehen kann. Der sozialdemokratische Apparat ist nach Bablers fulminanter Rede noch derselbe; ebenso sind die Funktionäre geblieben. Es kann also sehr gut sein, dass er sich zunächst einmal gegen die eigene Partei durchsetzen muss, ehe er sich dem politischen Gegner zuwendet. Es spricht für ihn, dass er die Partei einen will, doch ein machiavellistischer Zug könnte ihm in diesem Moment, in dem die Parteirechte nur auf Fehler von ihm wartet, nicht schaden.
Schon im Herbst 2024 stehen Nationalratswahlen an. Dort könnte es zu einem dritten Comeback der rechten FPÖ unter Herbert Kickl und einer Koalition mit der konservativen ÖVP kommen. Gegen diese Parteien hat sich Babler in Traiskirchen gegen jeden Widerstand durchgesetzt – und das, obwohl es dort Österreichs Erstaufnahmelager für Geflüchtete und überfüllte Unterkünfte gibt. Babler widerstand der rechten Hetze und sagt bis heute in jedem Interview: »Das san unsere Leit.« Er steht bedingungslos an der Seite der Arbeitenden, der Geflüchteten und der Kinder. Sein Motto: Wir sind keine Bittsteller. Genau mit diesem Universalismus, der soziale Rechte für alle einfordert, hat man eine Chance gegen rechten Kulturkampf und die neoliberale Aushöhlung aller sozialen Bereiche.
Doch die Angriffe auf Babler aus dem SPÖ-Wahlkampf dürften nur ein Vorgeschmack sein auf das, was ihn nun erwartet. Kurz vor dem Parteitag hatte man ein altes Video herausgekramt, in dem Babler die EU als gefährlichstes Militärbündnis kritisierte. Auch seine Aussage, er blicke auf die Welt mit einer marxistischen Brille, nahm man ihm übel. Der antikommunistische Wind weht steif in Österreich und zwang Babler dazu, sich vom Marxismus wieder zu distanzieren.
Apropos Marxismus: Die Konkurrenz kommt für Babler nicht nur von rechts, sondern eben auch von links. Mit der KPÖ gibt es eine Kraft, die es in Graz und nun auch in Salzburg zu beachtlichen Erfolgen brachte. Das steirische Modell aus marxistischer Grundüberzeugung und guter kommunaler Basisarbeit setzt sich langsam auch bundesweit durch. Für die gesellschaftliche Linke ist es ein Segen, dass es mit Babler und KPÖ nun Alternativen zum Neofaschismus in Österreich gibt. Doch es wird sich zeigen, ob er zwischen diesen Lagern nicht doch zerrieben wird.