„Fahr rein, fahr sie tot“, ruft eine Stimme in einem Video. Der Autofahrer gibt Gas und rast in eine Menschenmenge in Amsterdam. Die Gruppe, die das Auto anvisiert, besteht aus Fans des israelischen Fußballklubs Maccabi Tel Aviv, der am Donnerstagabend gegen Ajax Amsterdam in der Johan-Cruyff-Arena spielte.
Die Auto-Attacke auf israelische Fans war aber kein Einzelfall. Überall in der niederländischen Hauptstadt Amsterdam machten propalästinensische Randalierer „Jagd auf Juden“, wie es der niederländische Politiker Geert Wilders formulierte. Vielerorts hallen in dieser Nacht Parolen wie „Free Palestine“ durch die Straßen Amsterdams: „Befreit Palästina.“ Auf zahlreichen Plätzen und Straßen werden israelische Schlachtenbummler angegriffen und zusammengeschlagen. Nach Angaben der niederländischen Behörden wurden 57 Personen verhaftet. Etwa zehn Israelis sollen verletzt sein.
Szenen der Gewalt in Amsterdam in der Nacht auf Freitag. Reuters /X/iannet
Israel schickt Flugzeuge für StaatsbürgerIsraelische Medien wie „The Jerusalem Post“ und „The Times of Israel“ berichten unter Berufung auf das Außenministerium, dass nach der gewalttätigen Nacht in Amsterdam drei Israelis in den Niederlanden noch vermisst werden. Die israelische Regierung schickte am Freitag zwei Flugzeuge nach Amsterdam. Sie sollen ihre Staatsbürger ausfliegen und sicher nach Hause bringen.
Der niederländische Premierminister Dick Schoof telefonierte am Freitagmorgen mit seinem Amtskollegen Benjamin Netanjahu. Er nennt die Gewalt gegen Israelis in Amsterdam „abscheulich“ und spricht von „inakzeptablem Antisemitismus“. Der Rechtspopulist Geert Wilders, dessen Partei Teil der Regierung ist, fordert, dass die antiisraelischen Gewalttäter verhaftet und abgeschoben werden müssen. Sowohl Wilders als auch israelische Politiker sprechen von einem „Pogrom in den Straßen von Amsterdam“.
Israelische Fußballfans systematisch zusammengeschlagenDas genaue Ausmaß der Gewalt und auch der genaue Ablauf der Ereignisse blieben vorerst unklar. Fest stand aber: Der Krieg im Nahen Osten fand in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in den Straßen von Amsterdam eine Fortsetzung. Israelische Fußballfans wurden systematisch angegriffen, zusammengeschlagen und verfolgt. Sie mussten unter Polizeibegleitung zu ihren Hotels gebracht werden und wurden dazu aufgerufen, in den Hotels zu bleiben.
Aber auch einige Fußballfans aus Israel sollen zur Eskalation beigetragen haben, wird berichtet. „Sie holten eine palästinensische Flagge von einem besetzten Haus und verbrannten sie“, berichten Augenzeugen.
Großes Polizeiaufgebot am Flughafen Schiphol bei Amsterdam am Freitag. Imago/Michel Van Bergen
Amsterdam war auf brutale Gewalt nicht vorbereitetDie Amsterdamer Bürgermeisterin Femke Halsema, eine Grüne, hatte die Lage offenbar unterschätzt. Zwar verbot sie vor dem Fußballspiel Demonstrationen gegen Israel. Aber mit dieser brutalen Gewaltwelle gegen die Fußballfans aus Israel hatte sie offenbar nicht gerechnet. Dabei hätte man vorgewarnt sein können. Bereits in der Nacht vor dem Fußballspiel war es in Amsterdam zu Ausschreitungen gegen Juden gekommen.
Es gibt zahlreiche Videos von verschiedenen Gewalttaten in der Stadt. Sie zeigen Männer, die für israelische Fans gehalten werden. Sie werden umzingelt, beschimpft, getreten und geschlagen. Vieles lässt darauf schließen, dass es sich um organisierte Gewalt gegen Juden handelte.
Der Amsterdamer Rabbi Yanki Jacobs schrieb auf dem Nachrichtendienst X: „An alle, die seit Monaten mit der Dämonisierung von allem beschäftigt sind, was mit Israel und dem Judentum zu tun hat, appelliere ich, die Gewalttaten von gestern Abend entschieden zu verurteilen“, so der Rabbi. „Oder ist man schon so weit, dass auch das nicht mehr geht?“
Der israelische Präsident Jitzchak Herzog schreibt auf X, dass es im Herzen von Amsterdam zu einem „antisemitischen Pogrom“ gekommen sei. Er spricht von „Horror“ und schrecklichen Szenen nach dem Spiel zwischen Ajax Amsterdam gegen Maccabi Tel Aviv. Dass Ajax das Spiel mit 5:0 gewann, wurde nach dieser Nacht voller Gewalt zur unbedeutenden Randnotiz.