America's Cup 2024: Team Ineos kann Finale gegen Team New ...

Es war eine von zuletzt vielen langen Nächten in der hinter einem hohen Zaun liegenden Basis des Team Ineos aus Großbritannien am Rande des Port Vell in Barcelona. Und doch war dieses Mal alles anders. Wurde in den vergangenen Wochen des Öfteren bis in die Morgenstunden konzentriert an der 21 Meter langen Yacht gearbeitet, das fast 145 Quadratmeter große Segel auf kleinste Risse geprüft oder über mehrere Gigabyte an Wetterdaten gegrübelt, herrschte am Freitagabend ausgelassene Partystimmung bei der Segel-Crew um Sir Ben Ainslie und ihrem fast 50-köpfigen Stab an Trainern, Ingenieuren, Bootsbauern und vielen mehr.

America's Cup - Figure 1
Foto FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Mit dem 7:4-Sieg im Louis Vuitton Cup genannten Finale der Herausforderer gegen die Luna-Rossa-Crew aus Italien hat es 60 Jahre nach der letzten Teilnahme am America‘s Cup wieder ein Syndikat aus dem Vereinigten Königreich in die finalen Duelle um die älteste und bedeutendste Trophäe im Segelsport geschafft. „Es ist ein großer Moment für das ganze Team. Wir haben zehn Jahre für diesen einen entscheidenden Punkt gearbeitet“, sagte der 47 Jahre alte Ainslie bei der Siegerehrung auf der Bühne der Fanmeile im Alten Hafen von Barcelona.

„Es läuft alles so, wie wir es geplant haben“

Seine Crew hatte sich nach einem eher holprigen Start in die Runde der Herausforderer stetig gesteigert, war aber tatsächlich erst zuletzt gegen Luna Rossa wirklich stark gefordert gewesen: Nach den ersten acht teilweise dramatischen Duellen hatte es 4:4 gestanden, bevor den Briten am Donnerstag mit zwei Siegen der Doppelschlag und am Freitag dann der finale Coup zum entscheidenden siebten Sieg gelang.

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Ainslie – der viermalige Olympiasieger, der 2013 als Navigator mit der Oracle-Crew aus den USA den America‘s Cup gewann – hatte vor nunmehr elf Jahren das Team Ineos Britannia gegründet, das unter anderem vom britischen Unternehmer Sir Jim Ratcliffe mitfinanziert wird und das Ainslie nicht nur als Steuermann auf dem Wasser, sondern auch als Vorstandsvorsitzender in unternehmerischen und entwicklungstechnischen Fragen anführt.

Das Ziel von Ineos lautet seit jeher: Die „Auld Mug“ genannte 67 Zentimeter hohe Silberkanne zum ersten Mal nach Großbritannien zu holen – und den America‘s Cup erstmals seit seiner ersten Auflage um die Isle of Wight im Jahr 1851 und der damaligen Niederlage gegen die Yacht „America“ aus New York wieder in britischen Gewässern auszurichten.

Maximal 13 Duelle mit Neuseeland

2017 und 2021 scheiterte die Crew teilweise noch ziemlich deutlich in der Vorrunde, doch das Team um Ainslie gab nicht auf, arbeitete im nordwestlich von London gelegenen Entwicklungszentrum akribisch an einer neuen mehrere Millionen teuren Hightech-Yacht, holte unter anderem mit dem deutschen Foiling-Experten Martin Fischer maximale Kompetenz ins Entwicklungsteam und schottete sich schließlich auch in Barcelona weitgehend von Fans, Journalisten und Touristen ab, um alles auf den Einzug in den America’s Cup auszurichten.

Die letzte – und wohl auch am schwersten zu überwindende Hürde – sind nun von kommendem Samstag an die maximal 13 Duelle mit dem zweimaligen Titelverteidiger aus Neuseeland um die Segel-Superstars Peter Burling, Nathan Outteridge und Blair Tuke, die gemeinsam mit Team New Zealand-Geschäftsführer Grant Dalton seit nunmehr ebenfalls fast zehn Jahren den Kern der neuseeländischen Crew bilden. „Es war ein großer Kampf gegen Luna Rossa und es wird ein unglaublich harter Kampf gegen die Kiwis. Aber wir haben ein sehr schnelles Boot, wir sind auf den Punkt da – es läuft alles so, wie wir es geplant haben“, sagte Ainslie am Freitagabend mit Blick auf die anstehende Aufgabe, nachdem er zunächst auf der Yacht und später auf der Bühne Champagnerduschen an sein Team verteilt hatte.

Ernüchterung machte sich indes bei den Italienern von Luna Rossa breit. Nach der eindeutigen Cup-Niederlage gegen die Neuseeländer vor drei Jahren in Auckland, hatte sich auch die Crew um die beiden Steuermänner Jimmy Spithill und Francesco Bruni akribisch auf die Duelle in Barcelona vorbereitet, um die „Auld mug“ ebenfalls erstmals nach Italien zu holen.

Taktisch und seglerisch war Luna Rossa den übrigen Teams in den ersten Tagen der Herausforderer-Runde auch überlegen. Doch im finalen Duell gegen die Briten hatte ihre „Silberpfeil“ genannte Yacht gleich mehrfach mit technischen Problemen oder Schäden zu kämpfen: Einmal führte ein kurzfristig notwendiger Segel-Wechsel und die damit verspätete Einfahrt in die Startzone zur Disqualifikation. Und dann lösten sich mitten im siebten Rennen beim abrupten Eintauchen ins Wasser mehrere Carbon-Abdeckungen des Rumpfes und machten eine Weiterfahrt unmöglich.

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Im letzten Rennen spielte dann auch der Kopf nicht mehr mit – Luna Rossa verschlief den Start, konnte den Rückstand über das gesamte Rennen hinweg nicht aufholen und kam schließlich erst 17 Sekunden nach den Briten ins Ziel. „Ich denke, wir hatten ein wirklich gutes Boot und das macht es noch etwas schwerer, die jetzigen Gefühle in Worte zu packen“, sagte der niedergeschlagene Australier Spithill am Freitag, bevor er ausschweifend seiner Crew dankte und zunächst offenließ, inwiefern er und das erstmals 2000 an den Start gegangene und dem Prada-Chef Patrizio Bertarelli gehörende Luna-Rossa-Team an einer neuerlichen Herausforderung beim dann 38. America’s Cup interessiert seien. Anstatt an der katalanischen Mittelmeerküste könnte dieser ja womöglich erstmals seit mehr als 170 Jahren wieder im Ärmelkanal im Süden Englands stattfinden. Ben Ainslie und seine Crew werden daran in der nächsten Woche wieder bis tief in die Nacht arbeiten.

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