Verleumdungsverfahren: Amanda Knox in Florenz verurteilt worden

In der scheinbar unendlichen Geschichte des Falls Amanda Knox vor italienischen Gerichten ist am Mittwoch ein neues Kapitel aufgeschlagen worden. Die heute 36 Jahre alte Amerikanerin wurde in Florenz in einem zweiten Verfahren wegen Verleumdung abermals schuldig gesprochen.

Amanda Knox - Figure 1
Foto FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Damit wurde eine in einem ersten Verfahren wegen des Delikts ausgesprochene Haftstrafe von drei Jahren, die anschließend aufgehoben worden war, in erster Instanz bestätigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Knox und ihre Anwälte werden in Berufung gehen.

Noch mal ins Gefängnis muss die ehemalige Austauschstudentin aber nicht: Die Haftstrafe hat sie durch ihren früheren Gefängnisaufenthalt schon verbüßt. Knox brach nach der Entscheidung der Richter in Tränen aus. „Das habe ich nicht erwartet. Ich bin sehr enttäuscht“, sagte die Amerikanerin, die für den Prozess nach Italien gekommen war.

Knox wollte ihren Namen endgültig reinwaschen

In dem Verfahren vor dem Gericht in Florenz ging es nicht um den Mord an der britischen Studentin Meredith Kercher vom 1. November 2007, dessentwegen Knox und ihr damaliger italienischer Freund Raffaele Sollecito 2009 zunächst zu 26 Jahren Gefängnis verurteilt worden waren, ehe sie 2015 vom Obersten Gericht definitiv freigesprochen wurden.

Florenz: Amanda Knox zusammen mit ihrem Ehemann Christopher RobinsonAFP

Es ging vielmehr um den Vorwurf der Verleumdung gegen Knox, die in einer der ersten Vernehmungen nach dem bis heute nicht vollständig aufgeklärten Mord den aus Kongo stammenden Barmann Patrick Lumumba der Tat bezichtigt hatte. Lumumba hatte mit der Tat aber nichts zu tun und verklagte Knox wegen der falschen Anschuldigung. Knox wurde in zwei Instanzen wegen des Delikts schuldig gesprochen und zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Sie musste die Strafe – anders als jene im Mordprozess – aber nie antreten, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig war.

Amanda Knox - Figure 2
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2019 erreichten Knox und ihre Anwälte die Aufhebung des Urteils wegen Verleumdung beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Dem Spruch der europäischen Richter folgte im Oktober 2023 das Kassationsgericht in Rom und verfügte, dass das Verleumdungsverfahren gegen Knox neu aufgerollt werden müsse. Bei dem neuen Verfahren in Florenz hatte Knox erreichen wollen, dass ihr Name „ein für alle Mal von den falschen Anschuldigungen gegen mich reingewaschen“ werde, wie sie auf der Plattform X (ehemals Twitter) mitteilte.

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Knox war am Mittwochmorgen in aufgeräumter und zuversichtlicher Stimmung vor dem Gericht in Florenz erschienen, in Begleitung ihrer italienischen Anwälte. Wie bei allen Verfahren im Zusammenhang mit der brutalen Bluttat vom November 2007 üblich, verfolgten auch diesmal wieder zahlreiche Medienvertreter den Prozess.

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Foto FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
Diya „Patrick" Lumumba verlässt am 30. Januar 2014 das Gerichtsgebäude in Florenz nach einer Anhörung im Mordfall Meredith Kercher.AP

Der einstige Barmann Lumumba nahm an der Gerichtssitzung in Florenz nicht teil. Lumumba lebt seit mehreren Jahren mit seiner polnischen Ehefrau in deren Heimatland und war wegen Arbeitsverpflichtungen dort unabkömmlich, wie sein Anwalt mitteilte. Nach dem Urteil des Kassationsgerichts in Rom hatte Lumumbas Anwalt gesagt, er und sein Mandant verstünden bis heute nicht, warum Knox den seinerzeit mit ihr befreundeten Barmann der Tat beschuldigt hatte.

Ihr Körper wies 47 Messerstiche auf

In dem Strafverfahren wegen des Mordes an ihrer damals 21 Jahre alten Kommilitonin und Mitbewohnerin Meredith Kercher hatten Knox und Sollecito eine Hexenjagd durch die Boulevardpresse und einen Albtraum in den Fängen der italienischen Justiz erlitten. Nach dem ersten Urteil vom Dezember 2009 erfolgte in zweiter Instanz 2011 ein Freispruch, in einem weiteren Verfahren aber neuerlich eine Verurteilung.

Das Kassationsgericht in Rom sprach die beiden im März 2015 endgültig frei, weil es bei den Ermittlungen und in dem Verfahren zu groben Fehlern gekommen war. Das EGMR verurteilte den italienischen Staat später zur Zahlung einer Entschädigung von gut 18.000 Euro an Knox wegen des bei den Verhören und später im Gefängnis erlittenen Unrechts.

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Der italienische Student Raffaele Sollecito, die ermordete Britin Meredith Kercher und ihre amerikanische Mitbewohnerin Amanda KnoxAP

Vollständig aufgeklärt ist der Mordfall Kercher bis heute nicht. Wegen Beihilfe zum Mord wurde der Ivorer Rudy Guédé im Oktober 2008 zunächst zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, in zweiter Instanz wurde die Strafe auf 16 Jahre reduziert. Gerichtsmediziner hatten Guédés DNA-Spuren auf dem Körper der Toten gefunden.

Kercher war nach Ergebnissen der Autopsie vergewaltigt worden, ihr Körper wies 47 Messerstiche auf, zudem war ihre Kehle durchschnitten. Guédé hat die Tat stets abgestritten. Er wurde Ende 2021 wegen guter Führung vorzeitig aus der Haft entlassen. Ob eine andere Person an der Vergewaltigung und Ermordung Kerchers beteiligt war, ist nach wie vor unklar.

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