Alice Weidel bei Herbert Kickl: Rechter Schulterschluss in Wien
In Umfragen sind rechte Parteien im Höhenflug: Die FPÖ ist in Österreich klar erster, und die AfD in Deutschland erlebt regen Zulauf. In Wien treffen sich am Dienstag AfD-Chefin Alice Weidel und FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Aktuell liegt die FPÖ unter Herbert Kickl in Umfragen bei 32 Prozent, das ist mit großem Abstand Platz 1. Auch in Deutschland erhält die in Teilen rechtsradikale AfD regen Zulauf und liegt einer Umfrage von infratest dimap derzeit mit 22 Prozent auf Platz 2, noch vor allen drei Regierungsparteien (SPD, FDP, Grüne).
Zu einem blauen Schulterschluss kommt es heute in Wien. AfD-Chefin Alice Weidel hält am Dienstagabend auf Einladung der FPÖ einen Vortrag. Schon am Vormittag gab es eine gemeinsame Pressekonferenz. Kickl und Weidel schießen beide gegen den deutschen Verfassungsschutz und ihre jeweiligen Regierungen.
Bei ihrem Treffen wird es um Migration, das Klima und das Thema Gender gehen. Weidel kritisiert die Asylpolitik aus der Ära der ehemaligen deutschen Kanzlerin Angela Merkel, auch deren "grüne" Politik habe dem Wirtschaftsstandort Deutschland geschadet.
Die Grünen sieht Kickl quasi als Kommunisten, denn die "grüne Wende" sei "Kommunismus im neuen Gewand". Seitenhiebe auf Gender gibt es von beiden, Strategie gegen Teuerung und Wirtschaftsmisere wären für Kickl das Ende der Russland-Saktionen.
Kapitulation Nazi-Deutschlands eine "Niederlage"Alice Weidel ist eine polarisierende Persönlichkeit – innerhalb und außerhalb der Partei. Immer wieder fällt ihre Partei durch queerfeindliche Aussagen auf. Weidel selbst lebt zwar mit einer Frau zusammen und zieht gemeinsam mit ihr zwei Kinder groß, das stehe aber nicht im Kontrast mit der Parteilinie, wie sie vor kurzem erklärte: "Ich bin nicht queer, sondern ich bin mit einer Frau verheiratet, die ich seit 20 Jahren kenne."
Für Aufregung sorgte Weidel auch kürzlich im ARD-Sommerinterview, als sie die Kapitulation des NS-Regimes am Ende des Zweiten Weltkriegs als Niederlage bezeichnete. Sie wurde gefragt, warum sie im Mai nicht am Empfang der russischen Botschaft zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland teilgenommen hat, anders als ihr Co-Chef Tino Chrupalla.
"Also hier die Niederlage des eigenen Landes zu befeiern, mit einer ehemaligen Besatzungsmacht, das ist etwas, wo ich für mich persönlich entschieden habe – auch mit der Fluchtgeschichte meines Vaters – daran nicht teilzunehmen", so Weidel. Darauf hin wurde sie scharf kritisiert, Historiker Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, warf ihr Geschichtsrevisionismus und Schuldumkehr vor.
Björn Höcke: Thüringer AfD-Chef darf Faschist genannt werdenDen rechtsextremen Flügel der rechten AfD deckt der Chef der Thüringer Landespartei, Björn Höcke, ab. Weidel wollte ihn schon aus der Partei werfen, weil er ihr zu rechts ist. Doch Höcke gilt in der Partei als zu mächtig, also verbündete sie sich mit ihm.
Seit März 2021 gilt die Thüringer Landesfraktion für den deutschen Verfassungsschutz als "Beobachtungsobjekt im Bereich Rechtsextremismus". Außerdem darf Höcke nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2019 sogar als Faschist bezeichnet werden. Das Gericht entschied damals, dass sich diese Aussage auf eine "überprüfbaren Tatsachengrundlage" stütze. Politische Gegner bezeichnet er im NS-Jargon schon mal als "Volksverräter".
Bisher entkam der ehemalige Geschichtslehrer mehreren Anklagen. Schon sieben Mal wurde seine Immunität im Thüringer Landtag aufgehoben. Nun muss er sich erstmals für seine extremen Aussagen vor Gericht verantworten. Vor zwei Jahren beendete Höcke eine Wahlkampfrede mit den Worten: "Alles für Deutschland" - einer verbotenen Losung der Sturmabteilung (SA) der NSDAP.
Gemeinsame GegnerWas sich nun FPÖ-Chef Kickl genau erhofft, wenn er sich mit Alice Weidel zeigt, ist offen. Schon seit Jahren wurde die Beziehung enger. 2020 besuchte Kickl die AfD im Bundestag, weil man die Zusammenarbeit intensivieren wollte, wie er damals meinte. Es könnte aber durchaus als Vorlauf für den FPÖ-Wahlkampf gesehen werden. Beim wohl wichtigsten Wahlkampfthema, der Migration, ist man sich einig. Und gemeinsame politische Gegner sind das System sowie die Grünen und die Sozialdemokraten.