Bei Van der Bellen: Kogler beschließt Hofburg-Gesprächsreigen

17 Stunden vor

Bei Van der Bellen

Grünen-Chef Werner Kogler ist am Dienstag als Letzter der vier Parteichefs und der Parteichefin zum Gespräch mit Bundespräsident Alexander van der Bellen geladen gewesen. Die Gespräche verliefen bisher „sehr gut“, meinte Van der Bellen vor Beginn des Treffens. Am Vormittag empfing er NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Unterdessen trafen einander ÖVP-Chef Karl Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler zu einem „atmosphärischen Austausch“.

Alexander Van der Bellen - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 16.09 Uhr

Kogler wollte sich nach dem Treffen nicht zum Inhalt der Aussprache äußern. Das Gespräch sei „sehr vertrauensvoll“ gewesen, wiederholte der Grünen-Chef die wenig aufschlussreiche Einschätzung seiner Kollegen von ÖVP und SPÖ vom Vortag und ergänzte: „und sehr vertraulich“. Wichtig sei es nun, gemeinsame Schnittmengen zu finden, was künftige Entscheidungen betreffe, so Kogler.

Auskunftsfreudiger zeigte sich Meinl-Reisinger. Nun seien alle miteinander in der Verantwortung, für die Zukunft des Landes zu sorgen, sagte sie vor ihrem Gespräch mit dem Bundespräsidenten. Im Nachhinein berichtete die NEOS-Chefin den Journalistinnen und Journalisten, sie habe bei Van der Bellen ihre grundsätzliche Bereitschaft bekräftigt, „zukunftsorientiert und mit Tatkraft an Reformen zu arbeiten und in entsprechende Gespräche mit SPÖ und ÖVP zu gehen“.

„Zukunftsblick, aber auch Sorge“: So beschrieb Meinl-Reisinger den Inhalt ihres Gesprächs mit dem Bundespräsidenten

Der Austausch mit dem Bundespräsidenten sei viel von „Zukunftsblick, aber auch Sorge“ getrieben gewesen, vor allem was die wirtschaftliche und damit einhergehende budgetäre Situation betreffe. Angesichts dessen sehe sie alle Parteien in der Verantwortung. Denn für viele der aus ihrer Sicht nötigen Reformen braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, weshalb sie alle Parteien zu „Reformgesprächen“ eingeladen habe. Konkrete Termine dafür gibt es laut NEOS noch nicht.

Positive Eindrücke

Am Montag führte Van der Bellen Gespräche mit Nehammer und Babler. Am Freitag hatte er FPÖ-Chef Herbert Kickl empfangen. „Vertrauensvoll“, bezeichnete der ÖVP-Chef das Gespräch, ehe er aus der Hofburg eilte. Babler schilderte sein Treffen ebenfalls als „sehr vertrauensvoll“. Man habe sich in einem „sehr guten Gespräch“ über „die politische Lage in Österreich“ ausgetauscht.

Auch Kickl hatte sich am Freitag nicht direkt nach seinem Gespräch mit dem Bundespräsidenten geäußert, sondern erst am Tag danach. Am Wochenende sprach er dafür gleich mehrfach darüber, etwa am Sonntag zum Wahlkampfauftakt der FPÖ in der Steiermark, wo am 24. November die Landtagswahl stattfindet.

„Es war ein angenehmes Gespräch, atmosphärisch ganz in Ordnung“, sagte Kickl vor seinen Anhängerinnen und Anhängern. Van der Bellen habe sehr genau zugehört und sich viel Zeit genommen. Kickl habe nach eigenen Angaben „deponiert“, dass die FPÖ und er selbst regieren wollten.

Regierungsbildungsauftrag unklar

Alle Unterredungen dauerten bisher rund eineinhalb Stunden. Nach Abschluss der Gesprächsrunde will sich Van der Bellen öffentlich zum weiteren Vorgehen äußern. Wann genau und ob das überhaupt schon am Dienstag passieren wird, ist offen. Mit Spannung wird zudem erwartet, ob der Bundespräsident einen Regierungsbildungsauftrag erteilen wird.

Fortsetzung der Gespräche in der Hofburg

Am Dienstag empfing Bundespräsident Alexander Van der Bellen NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Chef Werner Kogler. Nach den Gesprächen mit allen Parteichefs soll klar werden, ob Van der Bellen einen Auftrag zur Regierungsbildung erteilt.

Nötig ist dieser nicht, vielmehr war es nur bis dato Usus, dass der Bundespräsident den Chef der stimmenstärksten Partei mit der Bildung einer Regierung beauftragt. Gesetzlich festgeschrieben ist das aber nicht. So deutete Van der Bellen bereits mehrfach an, Kickl nicht ohne Weiteres mit der Regierungsbildung beauftragen zu wollen. Ohne Regierungsbildungsauftrag könnten die Parteien trotzdem untereinander nach Mehrheiten suchen und diese dann dem Bundespräsidenten offerieren.

In der Regierung sei ihm wichtig, so Van der Bellen letzte Woche, „dass die Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie respektiert werden“ – Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte sowie ein respektvoller Umgang miteinander Denn „Worte schaffen Realität. Wir müssen sie mit Bedacht wählen“, sagte der Bundespräsident am Mittwoch bei der Verabschiedung der derzeitigen Regierung von ÖVP und Grünen, die mit der Fortführung der Geschäfte betraut ist, bis eine neue Regierung angelobt wird.

„Atmosphärischer Austausch“ von Nehammer und Babler

Unterdessen gab es am Dienstag auch informelle Gespräche. Nehammer und Babler kamen zu einem Vieraugengespräch zusammen. Dabei handle es sich nicht um Sondierungsgespräche oder Koalitionsgespräche wie in beiden Parteien betont wurde, sondern um einen „atmosphärischen Austausch“. Das teilten die beiden in wortgleichen Statements der APA mit. „Es gehört zu den politischen Gepflogenheiten, nach einer Wahl auf Ebene der Parteichefs miteinander zu reden“, sagten sowohl Babler als auch Nehammer.

Dittlbacher (ORF) über Gespräche in der Hofburg

Fritz Dittlbacher (ORF) berichtet in der Wiener Hofburg über die Gespräche der Parteichefs mit dem Bundespräsidenten und das Treffen zwischen ÖVP-Chef Karl Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler.

Bisher hätten die beiden auf bundespolitischer Ebene abseits des Wahlkampfs wenige Berührungspunkte gehabt. Was die Inhalte des Gesprächs waren, teilten sie nicht mit. Meinl-Reisinger begrüßte das Treffen zwischen Nehammer und Babler nach ihrem Gespräch mit dem Bundespräsidenten: „Sollen sie, wunderbar“, meinte sie.

Zweite Hofburg-Runde?

Wie die Zeit im Bild am Montag berichtete, könnte sogar eine erneute Runde an Gesprächen mit allen Parteispitzen und dem Bundespräsidenten anstehen, bevor es zu weiteren Schritten der Regierungsbildung komme. Die Ausgangsposition für eine Koalition ist dieses Mal jedenfalls besonders kompliziert, denn keine Partei will mit der FPÖ unter Kickl koalieren. SPÖ, NEOS und Grüne sprachen sich vor und nach der Nationalratswahl überhaupt gegen eine Koalition mit der FPÖ aus.

Außerdem hat die ÖVP mit der SPÖ im Nationalrat nur eine knappe Mehrheit von einer Stimme Überhang, was realpolitisch die Einbeziehung eines dritten Partners – NEOS oder Grüne – wahrscheinlich machen würde, sollte man sich für diese Konstellation entscheiden.

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