Eckhart von Hirschhausen über ADHS-Doku: „Es ist keine Mode, es ...
Knapp unter zwei Millionen Menschen leiden an ADHS, dem Aufmerksamkeitshyperaktivitätssyndrom. Also an der Unfähigkeit, sich länger auf eine Sache konzentrieren zu können. Welche Folgen das für die individuelle Person, aber auch für die Gesellschaft hat, danach fragt der Arzt und Fernsehmoderator Eckhart von Hirschhausen in seiner aktuellen Dokumentation. Er ist selbst betroffen und sagt: Es sei einer seine bisher persönlichste Arbeit entstanden.
Eckhart von Hirschhausen hat als Arzt schon vor 30 Jahren Betroffene betreut. Doch die Wahrnehmung und das Wissen über ADHS hat sich bis heute gewandelt. Früher ging man davon aus, dass die Krankheit nur Jungs betreffe und sie sich im Erwachsenenalter auswächst. Inzwischen weiß man, dass auch Frauen und Mädchen die Krankheit haben und Menschen sie auch bis ins Erwachsenenalter schleppen.
Viele Therapieansätze, aber keine Einfache Diagnose
Dabei ist die Krankheit nicht immer leicht zu erkennen. Es gibt viele Formen der Getriebenheit, etwa im Kulturbetrieb oder Journalismus. Wann ADHS oder ADS vorliegt, ist nicht immer einfach zu sagen.
Und es gäbe ja durchaus positive Aspekte, sagt Hirschhausen: Verknüpfen verschiedener Dinge, Fähigkeit zu extremem Multitasking. Wann tatsächlich ein Problem gegeben ist, das auch behandelt werden muss, ist relativ: „Deswegen ist die entscheidende Frage: Wie hoch ist der Leidensdruck. Nicht alle brauchen Medikamente. Es gibt viele andere Therapieansätze. Aber manche Lebensläufe, manche Biografien könnten tatsächlich anders laufen, wenn man hinschauen würde.“
Manche Biografien wären anders verlaufenVideo herunterladen (20,6 MB | MP4)
Besonders bewegt haben Hirschhausen Lebensgeschichten aus dem Knast. Tim etwa, der als Jugendlicher nichts von seiner Krankheit wusste, dann auf die schiefe Bahn geriet und Drogen einnahm.
„Im Bereich der Inhaftierten ist die Häufigkeit von ADHS und anderen behandelbaren psychischen Krankheiten sehr hoch. Und als Gesellschaft und als Personen zahlen wir einen riesigen Preis, wenn wir es nicht möglich machen, dass die Leute Hilfe bekommen, die Hilfe brauchen.“, meint Hirschhausen.
Medikamente können helfen – „Wie die Brille hinter der Stirn“
Ob Medikamente immer der richtige Weg sind, will Eckhart von Hirschhausen nicht festlegen. Meist sind sie nur ein Element der Therapie. Hirschhausen erinnert sich etwa daran, wie Medikamente einem Jungen in der Schule halfen, von dem, der sich nicht konzentrieren kann, zum Klassenbesten werden.
„Medikamente sind ein Baustein. Ich vergleiche das mit meiner Brille, die ich jetzt seit 50 Jahren trage. Sie hilft mir den Fokus, die Schärfe zu sehen Also wie eine Brille für hinter die Stirn.“