Neue Dimension: Adele beginnt ihre riesige Konzertreihe in München

So etwas gab es nie zuvor und soll es nie wieder geben: Adele beginnt ihre riesige Konzertreihe in München – mit eigenem Stadion und Themenpark

Adele - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Die britische Sängerin spielt zehn Konzerte auf einer eigens für sie gebauten Grossbühne. Die Shows bedeuten eine neue Dimension – für Adele, für die Pop-Musik und für die Stadt München.

Die für Adele fertiggestellte Open-Air-Arena auf dem Freigelände der Messe München.

Imago / Frank Hörmann / Sven Simon

Vor ein paar Tagen sinnierte Adele Laurie Blue Adkins mal wieder über die gute alte Zeit, als sie noch drei Vor- und einen Nachnamen besass. «Es wirkte damals alles viel müheloser als jetzt», sagte Adele Laurie Blue Adkins dem deutschen Fernsehsender 3sat. Sie schaute dabei Videos an, die sie als 19-Jährige zeigen. Ganz in Schwarz und etwas schlabberig gekleidet ist sie da zu sehen, mit dahingewursteltem Haardutt.

Sie hatte damals in einem Pub ihre ersten Lieder geprobt. «Mir war nicht klar, was daraus werden würde, ich war ein x-beliebiges Mädchen aus London», sagt sie. Das ist sie heute nicht mehr. Heute kennt sie die ganze Welt nur bei ihrem Vornamen. Adele hat das meistverkaufte Album des 21. Jahrhunderts veröffentlicht, den Oscar und sämtliche anderen Preise gewonnen und wurde von Queen Elizabeth II. geadelt. Und spielt nun die grösste Konzertreihe, die es bislang gegeben hat.

Die britische Musikerin spielt im August zehn Open-Air-Shows mit jeweils 74 000 Zuschauern auf dem Gelände der Messe Riem, dem grössten Freigelände aller Messen in Deutschland. Zum ersten Mal seit 2016 und das einzige Mal in diesem Jahr tritt Adele in Europa auf. In einer eigens für sie errichteten «Adele World»: Neben der mehr als 200 Meter breiten Konzertbühne gibt es einen Themenpark – mit Biergarten, nachgebautem Londoner Pub und Verkaufsständen, an denen man Adele-Süssigkeiten kaufen kann.

Am Freitag hat die «Adele World» eröffnet. Zuvor berief Marek Lieberberg, Deutschlands bekanntester Konzertveranstalter, eine Pressekonferenz ein und sagte, Vergleichbares habe er noch nie erlebt. «Never before. Never again», das gelte für die Konzertreihe. So etwas gab es nie zuvor und werde es nie wieder geben. Mit dieser Aussicht hat der mitwirkende Konzertveranstalter Klaus Leutgeb laut eigenen Aussagen die Künstlerin überzeugt. Eigentlich habe Adele nicht geplant gehabt, mit einer Tournee zurück nach Deutschland zu kommen. Leutgeb flog nach Amerika, wo Adele eine regelmässige Show in Las Vegas spielt, und sagte: «Du bist die Queen of Music, wir bauen dir ein eigenes Stadion. Das war der Knackpunkt, und sie sagte: ‹Let’s do it!›»

Was ziemlich einfach klingt, stellt selbst für München eine neue Dimension dar. Obwohl die Stadt Olympia, das Oktoberfest oder das Champions-League-Finale ausgerichtet hat. Gerade erst war Taylor Swift in der Stadt, spielte drei Konzerte im Olympiastadion. Zehntausende drängten sich zusätzlich auf den nahen Olympiaberg, um aus der Ferne zu lauschen. «Doch Adele dürfte um einiges grösser zu erleben sein als der derzeit wohl grösste Pop-Star», schrieb die «Süddeutsche Zeitung» («SZ»), die einen Live-Ticker zu Adeles Auftritten betreibt. Darin erfährt man, wo Adele in München residiert (für 35 ooo Euro die Nacht) oder dass dank ihr ein Verkehrschaos droht.

München rechnet mit mehr als einer halben Milliarde Euro

Clemens Baumgärtner, Münchens Wirtschaftsreferent, rechnet damit, dass die Konzertbesucher «jenseits des Ticketpreises» für Übernachtungen, Einkäufe und Dienstleistungen mehr als eine halbe Milliarde Euro in der Stadt ausgeben werden. Das sagte Baumgärtner dem Bayerischen Rundfunk (BR). Viele Hotels sind längst ausgebucht, die, die es nicht sind, verlangen an Konzerttagen zum Teil die dreifachen Preise. Woanders in Europa tritt Adele nicht auf – die europäischen Fans müssen also nach München kommen. Dadurch werde der Stadtname viel häufiger genannt, sagte Baumgärtner dem BR weiter. Dieser Imagegewinn sei «natürlich auch bares Geld wert» und eine kostenlose Werbung. Die Adele-Shows mit allem Drumherum würden zeigen, welche Dimensionen ein Konzertbetrieb in München haben könne – und wie sehr die Stadt davon profitiere.

Die Shows zeigen aber auch, in welche Dimension Adele Laurie Blue Adkins inzwischen als Künstlerin vorgestossen ist. Sie ist mit 36 Jahren eine Diva von Weltruhm. Wenn sie auftritt, tut sie dies zwar immer noch schwarz gekleidet, nun aber in weit ausgeschnittener, eleganter Abendrobe und mit geschmeidigem, glänzendem und offenem Haar. Jedes ihrer vier Alben hat sich millionenfach verkauft, die letzten drei Alben erreichten in Amerika, den deutschsprachigen und vielen anderen Ländern Platz 1 in den Charts. Doch seit ihrem vierten Album, das im November 2021 erschien, ist Adele nicht mehr auf Tour gegangen.

Konzertreihe als Ende einer Phase ihrer Karriere

Sie sei am liebsten zu Hause, hat sie dazu gesagt, kümmere sich um ihr Kind, und überhaupt leide sie unter Flugangst. Seit November 2022 hat sie stattdessen in Las Vegas mehr als 100 Konzerte gegeben, anderthalb Jahre lang an fast jedem Wochenende zwei.

Daher sei ihr Speicher ziemlich leer, sagte Adele dem Sender 3sat weiter. Dennoch spielt sie in den kommenden Wochen vor Hunderttausenden Menschen. Ein Kontrast zu den kleinen Shows in Las Vegas.

«Ein grosser Knall mitten in Europa? In München? Klingt ein bisschen zufällig, aber immer noch fabelhaft!», schrieb die Künstlerin auf Instagram. Sie könne sich keinen wundervolleren Sommer als diesen vorstellen. Da ahnte Adele noch nicht, dass der Deutsche Wetterdienst für Freitagabend in München vor heftigem Starkregen, Hagel und Sturmböen warnen würde.

Die Konzertreihe sei das Ende einer schönen Phase ihres Lebens und ihrer Karriere, schrieb Adele weiter. Ein bisschen zufällig klingt in diesem Zusammenhang auch, dass sie mit Bedauern an früher zurückdenkt. «Ich vermisse alles aus der Zeit, als ich nicht berühmt war», sagte Adele im 3sat-Interview. Sie liebe es, Musik zu machen, «aber den Ruhm hasse ich». Sie vermisse das Leben, das sie vor dem Ruhm geführt habe, und wer sie hätte sein können. Obwohl im Münchner Osten nun ein Stadion und ein Themenpark stehen, die ihren Vornamen tragen.

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