Aus der heimischen Filmszene ist Adele Neuhauser nicht wegzudenken, dank ihrer Rolle als „Tatort“-Kommissarin Bibi Fellner und der im von Uli Brée geschriebenen Serienerfolg „Vier Frauen und ein Todesfall“. Von Brée stammt auch das Drehbuch für „Ungeschminkt“, der jüngsten Film mit Neuhauser in der Hauptrolle. Sie spielt darin Josefa, die einmal Josef war. Der Streifen von Drehbuchautor Uli Brée und Regisseur Dirk Kummer fügt sich in eine Reihe von neuen Filmen über Transidentitäten ein: „Crossing“ und „Frau aus Freiheit“ sind heuer erschienen, bald kommt das Thrillermusical „Emilia Pérez“ in die Kinos.
Seit Dienstag ist die Koproduktion von ORF und BR auf ORF ON abrufbar, am Mittwoch zur Hauptsendezeit läuft sie auf ORF 2. Gedreht wurde in München und Umgebung im Mai und Juni letzten Jahres. Josefa – damals noch als Josef – hat ihr Heimatdorf vor mehr als 40 Jahren verlassen, nach dem Tod ihrer Mutter kehrt sie zurück. Dort trifft sie nicht nur ihren besten Freund Blume (Ulrich Noethen) aus Jugendtagen wieder, sondern auch ihre Exfrau Petra (Eva Mattes). Viel Unausgesprochenes kommt peu à peu ans Licht.
Wie spielt man als Frau eine Frau, die ein Mann war?Für die Rolle hat sich Neuhauser intensiv vorbereitet, wie sie gegenüber der APA erzählt hat; Dokumentationen geschaut, Literatur gelesen darüber, was es rein medizinisch und was es psychisch bedeutet, eine Geschlechtsangleichung zu vollziehen. „Und ich hatte das Glück, mit zwei Transpersonen sprechen zu können“, sagte sie. Die Rolle habe „sehr viel Kraft gekostet, weil es sehr große Emotionen sind, durch die Josefa da wandelt.“ Im Spiel hat sich Neuhauser deshalb zurückgenommen und mehr empfunden, wie sie gesagt hat.
Als Josefa (Adele Neuhauser) vor vielen Jahren ihr bayerisches Heimatdorf verlassen hat, war sie noch Josef, ein junger Mann aus einer alteingesessenen Bauernfamilie. Jacqueline Krause-Burberg/ORF
Es werde ja immer wieder diskutiert, ob nur Transschauspieler Transpersonen spielen dürfen: „Ich glaube, es geht um den aufrichtigen Zugang zum Thema“, so Neuhauser. Im Film geht es vor allem ums Verletztwerden und darum, wie sich auch das Leben vom engsten Umfeld verändert. „Josefa musste ausbrechen, Petra war gezwungen zu bleiben, hätte aber auch gerne ein anderes Leben geführt“, erzählte Neuhauser. „Das Versöhnliche an dem Film ist aber, dass diese Menschen in der Lage sind, sich physisch gegenüberzustehen und ihre Verletzungen auszusprechen, sie sich ,entgegenzuschreien‘, und sie dann einen Weg finden, um eine Zukunft möglich zu machen.“
Wichtig war dem Regisseur Kummer, wie auch Neuhauser ohne pädagogischem Zeigefinger an das Thema heranzugehen. Gerade bei Tabuthemen brauche es Leichtfüßigkeit, ohne Sensationslust, ohne Voyeurismus, „sondern einfach von der menschlichen Warte aus gesehen“. Oft würde das Anderssein oder Aus-der-Norm-Gehende als eine Gefahr für die Gesellschaft gesehen. „Das muss man endlich einmal ablegen. Und aufgrund der politischen Situation ist dieser Film gerade so wichtig und aktuell“, betonte Neuhauser. „Lasst doch zu, dass jemand sein Leben anders gestalten möchte.“ (APA/red.)