Ein Desaster als Glücksfall für den SK Sturm

2 Mai 2023
SK Sturm

Manchmal sind es Niederlagen, die dazu führen, dass man einen Schritt vorwärtskommt. Es gibt auch unzählige Weisheiten und Tipps, wie Niederlagen prägen bzw. wie mit ihnen umzugehen ist. Die Ära von Andreas Schicker beim SK Sturm Graz als Geschäftsführer begann nicht mit einer Niederlage. Es war ein Desaster, wie sich die Mannschaft in der Meistergruppe 2019/20 präsentiert hatte. „Mir regnet es gerade überall rein“, sagte Schicker damals und fügte optimistisch hinzu: „Das Gute daran ist, es kann kaum schlechter werden.“

Schicker krempelte die Ärmel hoch, verabschiedete Spieler ohne Perspektive, selbst Akteure mit noch laufenden Verträgen. Es war eine heikle Angelegenheit. Sturm war liquide, aber auch nicht mehr als solide aufgestellt. Schicker, zuvor als Scout bei den Grazern tätig, vertraute auf sein fußballerisches Wissen und begann, einen Kader nach seinen Vorstellungen zusammenzustellen.

Anfang einer legendären Ära

Keiner konnte damals wissen, dass dies der Anfang einer legendären Ära war. Und keiner konnte wissen, dass das Duo Schicker und Christian Ilzer vom ersten Gespräch an eine Bindung hatte, die es im Fußballgeschäft in dieser Art und Weise nur selten gibt. Bis zum heutigen Tag ist es ein Paarlauf ohne Neid und Missgunst.

Ilzer wiederum hatte ein funktionierendes Trainerteam und forderte ein, es nach Graz mitzunehmen. Gesagt, getan. Jene Betreuer, die bereits bei Sturm waren, blieben. Und auch in dieser Gruppe lief es vom Start weg wie geschmiert. Ein Dreijahresplan wurde ausgerufen. Die Mechanismen in der Mannschaft begannen schnell zu greifen. Erfolge stellten sich ein, die Charakterspieler entwickelten sich zu Siegertypen. Die daraus resultierende Stimmung trug ihres zu dem bis heute anhaltenden Erfolgslauf bei.

Neues wirtschaftliches Level

Im Erfolg passieren die meisten Fehler, sagt eine andere Weisheit. Dieser Fehler begleitete den Klub mehrmals in seiner Geschichte. Diesmal sollte es anders sein. Das Trio Schicker/Ilzer und Präsident Christian Jauk hinterfragte stetig sämtliche Vorgänge. Es wurde akribisch weitergearbeitet, nie nachgelassen. Der Dreijahresplan wurde überboten, musste und muss adaptiert werden. Auch, weil durchdachte Transfers, gemischt mit etwas Glück, den SK Sturm auf ein anderes wirtschaftliches Level katapultierten.

Ein Mentaltrainer begleitete das Team zwischenzeitlich, eine Ernährungswissenschaftlerin wurde eingestellt. Man drehte an vielen Schrauben, um durch stetige Verbesserungen noch professioneller zu werden. Der Betreuerstab ist groß, aber jeder im sportlichen Umfeld hat seine genauen Aufgaben. Alles ist durchdacht und geplant. Für diese Saison und für die Zukunft.

Sturm II, Frauen und der Nachwuchs

Vor wenigen Wochen sagte Schicker in einem Interview in der Kleinen Zeitung: „Physisch sind wir die Besten in Österreich.“ Es sieht so aus. In vielen Spielen ist Sturm die druckvollere Mannschaft. Der breite Kader trägt dazu bei, dass Ilzer in den Partien müde oder angeschlagene Spieler durch gleichwertige Akteure ersetzen kann. Der Fokus liegt klar auf der Bundesliga-Mannschaft. Das wird sich auch nicht ändern. Dennoch leuchtet man mittlerweile alle Ecken im Verein aus. Sportlich betrifft dies Sturm II, das Frauenteam sowie den Nachwuchs. Die Sturm-II-Mannschaft soll in absehbarer Zeit Spieler für das Bundesliga-Team stellen. Dafür braucht es eine bessere Infrastruktur. Diese wird spätestens Anfang nächsten Jahres mit einem neuen Trainingszentrum für den Nachwuchs und die Frauen auch realisiert. Dass ein Traditionsklub wie der SK Sturm gerne ein eigenes Stadion haben möchte, ist verständlich und wird – sofern die Entwicklung in ähnlicher Weise anhält – über kurz oder lang auch unumgänglich sein.

Interne Weiterentwicklung

Sportlich läuft es seit zweieinhalb Jahren ungebrochen gut. Der Verein Sturm Graz entwickelt sich aber auch intern weiter. Mit der Installierung des Kuratoriums (besteht aus Persönlichkeiten, Entscheidungsträgerinnen und Meinungsbildnern aus den Bereichen Kunst und Kultur, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Medien, Kirche und Sport) und des Beirats (zuständig für die Bewahrung der Tradition und Klubidentität) arbeitet der 114 Jahre alte Klub am Image.

Der SK Sturm ist aktuell ein Spitzenklub in Österreich, der es versteht, in einem familiären Umfeld höchst professionell zu arbeiten. Die nächste Niederlage wird wohl kommen. Aber mittlerweile dürfte Sturm wissen, wie fachmännisch man damit umgeht.

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