Kim Kardashian in Hamburg: Erst posten, dann ghosten

12 Tage vor

Kim Kardashian bei einem Selfie mit Kai Pflaume: Die Amerikanerin war so etwas wie der Headliner des OMR Festivals

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Foto: Christian Charisius / dpa

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Kann Kim Kardashian so überhaupt noch atmen? Das fragten sich am Montagabend allerlei Menschen im Internet, als Bilder von Kardashians Outfit für die diesjährige Met Gala die Runde machten. Der US-Superstar trug in New York ein Vintage-Designerkleid mit ausgeprägter Wespentaille.

Kim Kardashian am Montag bei der Met Gala in New York: Wieder einmal ein Outfit, das Schlagzeilen machte

Foto: Cindy Ord / MG24 / The Met Museum / Vogue / Getty Images

Einen Flug von New York nach Hamburg später lässt sich mit Gewissheit sagen: Kardashian hat ihren gewagten Dress überlebt. Auf dem OMR Festival in den Messehallen schafft sie es sogar ohne fremde Hilfe auf die Bühne, anders als am Vortag über die Treppenstufen des Metropolitan Museum of Art. Die Blicke auf sich zieht sie aber auch hier, darunter die deutscher Stars wie Rezo, Palina Rojinski und Lena Gercke, die ihren Auftritt aus wenigen Metern Entfernung erleben. An einer Art VIP-Bartheke, die mit auf der Bühne steht.

In Hamburg trägt Kardashian ein lockeres Bodycon-Kleid – und auch die Fragen, die ihr gestellt werden, sind, typisch fürs OMR Festival, locker. Da geht es etwa darum, welche Social-Media-Plattformen für sie am wichtigsten sind (X und Instagram) und wie viel Aufwand und Planung hinter ihren Postings steckt (mal mehr, mal weniger).

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Kardashian gibt sich tiefenentspannt

Anderseits ist Kardashian, 43, ohnehin ein Medienprofi, der auf jahrelange Erfahrung im Geschäft mit der Aufmerksamkeit verweisen kann. Gefragt, ob sie befürchte, mal an Relevanz zu verlieren, sagt sie, das sei für sie vielleicht vor fünf Jahren noch ein Thema gewesen. Sie mache jetzt aber seit 20 Jahren ihr Ding und bisher laufe es noch. Sie lebe einfach ihr Leben.

Auch, was negative oder überhaupt Reaktionen auf ihre Postings angeht, präsentiert sich Kardashian tiefenentspannt, weil abgehärtet. Jetzt, in ihren Vierzigern, schere es sie nicht mehr, was Leute über sie sagten. Sie könne ein Foto mit ihrer Großmutter posten und selbst dazu würden sich Leute böse Sprüche überlegen, sagt sie: »Ich habe mich dafür entschieden, zu posten und dann zu ghosten und mein Telefon wegzulegen.«

Das Telefon weglegen? Im Publikum denkt daran kaum jemand, während Kardashian auf der Bühne steht. Schließlich ist das OMR Festival die wohl hippste deutsche Marketing-Konferenz, mit rund 70.000 Besucherinnen und Besuchern , es geht hier um Social-Media- und Werbekampagnen, um Kundenkontakte und Businesssoftware. Und natürlich ums Sehen- und Gesehen-Werden – und das gemeinsame Star-Anstarren. Eintrittspreis: 499 Euro.

Tarantino, Kutcher, Kardashian

Immer wieder lotsen die Organisatoren um OMR-Chef Philipp Westermeyer internationale Superstars auf ihr Event, Quentin Tarantino und Ashton Kutcher etwa waren schon da. Doch besser als Kardashian passt wohl niemand zu dieser Konferenz. Mit 363 Millionen Instagram-Followern, einem eigenen Reality-TV-Format und verschiedenen eigenen Produktlinien ist sie die Königin der Selbstvermarktung. Die perfekte Case-Study dafür, wie man sich ins Gespräch bringt und darin hält: mit Fast-ganz-nackt-Selfies, die die Grenzen der Instagram-Richtlinien ausreizen, mit provokanten Outfits und Beauty-Idealen, mit Familienstreitereien, die vor der Kamera ausgetragen werden.

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Kardashian mit Produkten ihrer Marke KKW Beauty: Ihr Image macht sie hochprofessionell zu Geld

Foto: Dimitrios Kambouris / KKW Beauty / ULTA Beauty / Getty Images

Auf der Bühne erzählt Kardashian zum Beispiel, dass sie ihre Kinder ermutigt, im Auto »präsent« zu sein, also aus dem Fenster zu schauen statt aufs Handy. Klingt belanglos, trotzdem stehen dafür große Teile des OMR Festivals still. Ihr Auftritt wird auch noch in zwei weiteren der insgesamt sechs Messehallen auf Großleinwand gezeigt. Dass der Talk mit zehn Minuten Verzögerung beginnt, wirkt nur konsequent: Wenige Tage zuvor hatten die Veranstalter bereits große Teile ihres Nachmittagsprogramms neu terminiert – nur, weil sich Kardashians Auftritt bereits da um eine Stunde nach hinten verschob.

Rund 700.000 Euro soll das 40-minütige Spektakel gekostet haben, meldete am Dienstag die »Bild«-Zeitung , samt des Drumherums wie einer weiteren, hochexklusiven Talkrunde mit deutschen Unternehmern und Prominenten angeblich sogar mehr als eine Million Euro. Vom Veranstalterteam heißt es dazu auf Nachfrage nur, die kursierende Zahl sei »falsch«. Ob die echte Summe nach oben oder unten abweicht, darüber darf spekuliert werden.

Kardashian im April in Los Angeles: Auf Instagram folgen ihr 363 Millionen Accounts

Foto: Anadolu / Getty Images
Eine Shapewear-Firma, die vier Milliarden Dollar wert sein soll

Ums Thema Geld geht es auch auf der Bühne, wo die US-Techjournalistin Kara Swisher und Philipp Westermeyer das Interview führen. Nicht unerwähnt bleiben darf dabei natürlich Kardashians Bekleidungsmarke Skims, mit der sie langfristig an die Börse will. Aktuell wird der Wert der Firma auf vier Milliarden Dollar geschätzt.

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Besuchermassen auf dem OMR Festival: An zwei Tagen kommen rund 70.000 Menschen aus der Tech-, Marketing- und Medienbranche

Foto: Christian Charisius / dpa

Kardashian hatte das Unternehmen 2019 gegründet, sie sah eine Marktlücke im Bereich Shapewear, also besonders eng anliegender, den Körper formender Unterwäsche. Mittlerweile hat Skims rund 300 Angestellte und sein Angebot ausgeweitet: Die Marke bietet nun auch Loungewear und Badekleidung, ebenso Männermode. Für ihre erste Herren-Kampagne gewann Kardashian Fußballer Neymar.

Könnte Skims ohne ihre Berühmtheit funktionieren? Kardashian ist sich sicher: mittlerweile schon. Vor einigen Jahren sei sie noch in jeder Werbekampagne selbst zu sehen gewesen, sagt sie, nun fülle sie die Slots mit anderen Stars wie Lana del Rey und Kate Moss. Kürzlich warb auch Sabrina Carpenter für Skims, das in New York noch dieses Jahr sein erstes Ladengeschäft bekommen soll. Kardashian lässt so die Digital- und Offlinewelt verschmelzen.

Kardashian auf der Bühne: Ihr Auftritt dauerte etwas mehr als 40 Minuten

Foto: Christian Charisius / dpa
TikTok benutzt sie mit ihrer Tochter

Doch auch sie macht nicht alles mit. Mit KI-Avataren etwa hadere sie noch, erzählt Kardashian, und TikTok benutze sie nicht oft – und wenn dann meistens für Tänze, zu denen sie von ihrer Tochter North gezwungen werde.

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Kardashians extrem gut bezahlte Plauderstunde ruft ins Gedächtnis, was sie einst berühmt gemacht hat: inszenierte Nahbarkeit. Lange war sie dafür berühmt, berühmt zu sein. Dann aber hat sie es geschafft, die ihr zuteil werdende Aufmerksamkeit in ein gigantisches Geschäft umzumünzen.

Mit tatkräftiger Unterstützung ihrer Mutter Kris Jenner und ihren Schwestern Kourtney, Khloe, Kylie und Kendall hat sie ein Imperium aufgebaut, das lange sogar ein extrem lukratives Handyspiel umfasste, welches kürzlich – nach zehn Jahren – für immer abgeschaltet wurde. Ihre Reality-TV-Serie »Keeping up with the Kardashians« fungierte dabei als Motor des Geschäfts. Je mehr Fans vor ihren Bildschirmen das Privatleben der körperbewussten, immer schon wohlhabenden Familie verfolgten, ihren Lebensstil nachahmten und ihre beworbenen Produkte kauften, desto reicher wurden die Frauen. Und desto mehr investierten sie in ihre Körper.

Eine Marke mit weltweiter Strahlkraft

Mittlerweile ist die Kardashian-Jenner-Familie eine Marke mit weltweiter Strahlkraft, die nicht mehr auf Dritte angewiesen ist. Das sieht man schon daran, dass »Keeping up with the Kardashians« 2021 nach 20 Staffeln zu Ende ging – woraufhin 2022 die Serie »The Kardashians« startete. In der Serie sind alle sechs Frauen ausführende Produzentinnen und haben somit mehr Mitsprache.

Kim Kardashian wurde in den vergangenen Jahren immer wieder angedichtet, sie könnte in die Politik gehen – unter anderem, weil sie sich im Zuge ihres politischen Engagements gegen Justizirrtümer mit Donald Trump und Kamala Harris traf. Beim OMR Festival nimmt Kardashian solchen Gerüchten den Wind aus den Segeln: Politik fasziniere sie, sagt sie – ihre Zukunft sehe sie in diesem Bereich aber nicht.

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Das Publikum wirkt mit dem Auftritt am Ende zufrieden. Das Wichtigste ist ja ohnehin: Kim Kardashian war wirklich da, etliche Handyfotos beweisen das. Entscheidend war nicht, was sie sagt, sondern, dass sie etwas sagt. Hier, in Hamburg, auf der großen deutschen Marketingparty.

Dort ergreift noch ein Social-Media-Profi eine Chance, wie sie sich selbst ihm wohl nur alle paar Jahre einmal bietet: Kai Pflaume fragt Selfie-Queen Kardashian spontan nach einem gemeinsamen Foto — woraufhin sie ohne Zögern mit dem Moderator posiert.

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Ob es Kardashian interessieren wird, wie viel Likes das Bild auf Pflaumes Instagram-Account sammelt? Oder ob irgendjemand darunter blöde Witze macht? Nichts spricht dafür.

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