EU-Wahl 2024: die Entscheidung der Frauen

13 Tage vor

Die EU setzt wichtige frauenpolitische Impulse für die Nationalstaaten rh2010 – stock.adobe.com

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Foto ÖGB

Die EU macht Gleichstellungspolitik für unseren Alltag. Nicht nur deswegen ist deine Stimme bei der EU-Wahl am 9. Juni so wichtig.

Völlige Gleichberechtigung von Mann und Frau – das ist eines der erklärten Ziele der EU. Und das ist wichtig – nicht nur, weil in der EU deutlich mehr Frauen leben als Männer, vielmehr weil sie noch immer in vielen Bereichen des Lebens benachteiligt sind. Wie sich das ändern lässt? Mit mehr Frauen im Europäischen Parlament und mit mehr Frauen, die ihre Stimme bei der EU-Wahl abgeben. 

Die nächste Chance, die Belange von Frauen auf europäischer Ebene zu stärken, haben wir bei der kommenden Europawahl am 9. Juni. Wie wichtig das ist, zeigen fünf Bereiche, in denen die EU Gleichstellungspolitik für unseren Alltag macht.

Lohntransparenz in allen EU-Staaten

Österreich hält mit einem Gender-Pay-Gap von aktuell 18 Prozent den traurigen vorletzten Platz in der EU. Das heißt konkret: Hierzulande verdienen Frauen im Durchschnitt für eine Arbeitsstunde 18 Prozent weniger als Männer. Nur in Estland ist der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern noch höher. Die EU geht nun mit Transparenz gegen diese Lohndiskriminierung am Arbeitsplatz vor – im Juni 2023 trat die Lohntransparenz-Richtlinie der EU in Kraft. In der gesamten EU müssen künftig Unternehmen ab 100 Mitarbeiter:innen detaillierte Einkommensberichte vorlegen. So müssen beispielsweise Sonderzahlungen, wie Prämien, darin aufgeschlüsselt werden. Das macht sichtbar, wenn Arbeit ungerecht bewertet wird, wo die Einkommensunterschiede herkommen und wie man sie bekämpfen kann. Insbesondere für jene EU-Staaten mit den höchsten Gender-Pay-Gaps ist die Richtlinie ein wichtiger Schritt, um für Einkommensgerechtigkeit zu sorgen. Klar ist: Österreich braucht mehr, um das Recht der Arbeitnehmerinnen auf gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit zu stärken. Die ÖGB-Frauen gehen deshalb noch weiter und fordern verpflichtende Einkommensberichte bereits ab 50 Beschäftigten. 

In unserem Podcast sprechen wir darüber, was eine faire, geschlechtergerechte Arbeitswelt von morgen braucht. 

Gewalt gegen Frauen beenden

Für viele Frauen in Österreich ist Gewalt, ob psychisch oder physisch, im Job oder im Privatleben, traurige Realität. Im Jahr 2023 wurden allein 28 Frauen ermordet und es gab 51 Mordversuche beziehungsweise Fälle schwerer Gewalt. In diesem Jahr wurden bisher acht Femizide verübt – dazu kommen 20 Fälle schwerer Gewalt an Frauen (Stand 6.5.2024). Die EU setzt laufend Maßnahmen, um der Gewalt gegen Frauen ein Ende zu setzen: Im Juni 2023 ist die EU der Istanbul-Konvention beigetreten. Die Konvention soll Frauen auf gesamteuropäischer Ebene vor allen Formen von Gewalt schützen. Zusätzlich hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zum besseren Schutz vor Gewalt an Frauen und häuslicher Gewalt vorgelegt, auch wenn darin – wie die ÖGB-Frauen kritisieren – die Prävention und der Schutz vor Gewalt und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz vernachlässigt wird. Außerdem forderte die EU-Kommission alle Mitgliedstaaten auf, das ILO-190-Abkommen zur Bekämpfung von Belästigung und Gewalt in der Arbeitswelt zu unterzeichnen. Österreich hat das Abkommen auf gewerkschaftlichen Druck hin zuletzt endlich auf den Weg gebracht.  

Auch psychische Gewalt ist Gewalt. Arbeitgeber sind dafür verantwortlich, dass ein respektvolles Arbeitsklima in ihrem Betrieb herrscht (mehr zum Thema). 

Gleichstellung am Arbeitsmarkt

Frauen haben am Arbeitsplatz nicht die gleichen Chancen wie Männer. Sie übernehmen - wie auch die aktuelle Zeitverwendungsstudie zeigt – aufgrund mangelnder Kinderbetreuung und Pflegekapazitäten oft zwei Drittel der unbezahlten Arbeit. Dadurch ist eine Vollzeitbeschäftigung oft nicht möglich. Zudem arbeiten Frauen häufig in prekären und atypischen Beschäftigungsverhältnissen. Der Rat der EU hat 2002 die sogenannten Barcelona-Ziele eingeführt, um die Vereinbarkeit von Job und Familie zu fördern und die Kinderbetreuung EU-weit vergleichbar zu machen. Die Ziele wurden Ende 2022 sogar erhöht, die Empfehlung lautet: 45 Prozent der Kinder unter drei Jahren sollen bis 2030 an frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung teilnehmen. Österreich hat die alten Zielsetzungen von 33 Prozent seit über 20 Jahren nicht erreicht. Bei der Überarbeitung der Ziele hat sich das österreichische Bildungsministerium außerdem dafür eingesetzt, dass für Österreich niedrigere Ziele gelten. So sollen bis 2030 lediglich 31,9 Prozent der unter Dreijährigen einen Betreuungsplatz erhalten. Dass dieses Herunterschrauben der Vorgaben ganz klar in die falsche Richtung geht, liegt auf der Hand. Stattdessen fordert der ÖGB schon seit Langem einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag des Kindes, damit Frauen echte Wahlfreiheit haben und sich nicht zwischen Kinderbetreuung und Arbeit entscheiden müssen.

Frauen erledigen im Vergleich zu Männern deutlich mehr unbezahlte Arbeit und Haushaltstätigkeiten, selbst wenn sie mehr Erwerbsarbeit leisten als Männer (mehr dazu).

Sparpolitik trifft meist Frauen und Kinder

Vor mehr als zehn Jahren sind viele Länder der Eurozone in die Rezession geschlittert. Drastische Sparmaßnahmen hätten dafür sorgen sollen, die Staatsverschuldung einzudämmen. Die Folge waren schwere Wirtschaftseinbrüche und steigende Arbeitslosigkeit. Kürzungen erfolgten insbesondere im Gesundheitsbereich, in der Pflege und in der Bildung. Davon betroffen waren vor allem Frauen. Zum einen sind sie überwiegend in diesen Bereichen beschäftigt und verloren so ihre Jobs. Zum anderen mussten sie die Folgen des Rückbaus des Sozialstaats in ihren Familien auffangen. Die sogenannte Austeritätspolitik führte zu weitreichenden Arbeitsmarktreformen, die Flexibilisierung und Liberalisierung begünstigten – vor allem zugunsten der Arbeitgeber. Das Ergebnis: ein Anstieg befristeter und atypischer Beschäftigungsverhältnisse. Nachdem die strengen Sparmaßnahmen während Pandemie und Energiekrise ausgesetzt waren, droht nun wieder eine Verschärfung und eine neuerliche Austeritätswelle. ÖGB und Europäischer Gewerkschaftsbund sind immer für einen starken Sozialstaat und öffentliche Investitionen eingetreten. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, sich auch weiterhin für ein soziales und gerechtes Europa zu engagieren.

Klimaschutz ohne Ausgrenzung

Jene, die die Klimakrise verursachen, sind nicht diejenigen, die am stärksten darunter leiden. Oder anders gesagt: Menschen, die mehr Geld im Geldbörserl haben, sorgen für größere ökologische Fußabdrücke. Aus einer Geschlechterperspektive bedeutet das: Weil Frauen im Schnitt weniger verdienen als Männer, sind sie stärker von der Klimakrise betroffen als Männer. Zudem sorgen auch biologische Faktoren dafür, dass Frauen eher gefährdet sind. Sie sind zum Beispiel körperlich weniger in der Lage, giftige Substanzen zu verarbeiten als Männer. In Deutschland wurden bis zu 300 künstlich hergestellte Chemikalien im Körperfett oder in der Muttermilch von Frauen gefunden, viele von ihnen sind gefährlich giftig und krebserregend. Auch das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, ist für Frauen aufgrund der Umweltbedingungen höher als für Männer. Um dem Klimawandel und den Konsequenzen entgegenzuwirken, hat die EU den sogenannten Green Deal auf den Weg gebracht und investiert dafür 1,8 Billionen Euro in eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft. Im Rahmen des neuen Klima-Sozialfonds werden zudem 65 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt und insgesamt mehr als 86 Milliarden Euro für die Unterstützung der finanziell schwächsten Bürger:innen bereitgestellt. So soll der Wandel durch die Bekämpfung von Ungleichheit und Energiearmut Chancen für alle bieten und dabei niemanden zurücklassen. 

  Geschlechterperspektiven sind beim Thema Klimawandel und in der Medizin gleichermaßen wichtig (mehr dazu). 

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